Archive for Oktober, 2008

Wenn die Schwindler vom Kölner Stadtanzeiger schwindeln, bis einem schwindelig wird


13 Okt

Entgegen dem landläufigen Vorurteil lassen Äpfel und Birnen sehr wohl sich vergleichen. Auch Kreti und Pleti kann man vergleichen. Oder Hinz und Kunz. Alles, was vonnöten ist, das ist ein tertium comparationis. Rote Äpfel können zum Beispiel schöner sein als grüne Birnen. Kreti kann intelligenter sein als Pleti. Hinz kann besser Deutsch können als Kunz. Wenn allerdings Kreti und Pleti oder Hinz und Kunz beschließen, eine deutsche Tageszeitung zu machen, wiewohl sie doch mit der deutschen Sprache schon so arg auf dem Kriegsfuß sind, dann kommt vermutlich so etwas wie der Kölner Stadtanzeiger dabei heraus. Da wird verglichen und kompariert, was das Zeug hält und der Sprachrevolver hergibt, und der Sinn und der Verstand bleiben auf der Strecke:

„Die Kurse stürzen noch schwindelerregender in die Tiefe als die Absatzzahlen“. (KStA vom 11./12. Oktober 2008)

Ich möchte es hier nochmals ins grammatische Stammbuch schreiben, auch wenn ich davon ausgehen muss, dass, wer so schlecht schreibt, auch im Lesen nicht recht bewandert sein wird: Adjektive lassen sich zwar grundsätzlich komparieren, also steigern. Aber das heißt nicht, dass alle Adjektive komparierbar sind. Im Gegenteil solche, die etwa Zustände, Gefühle, Stimmungen beschreiben, sind regelmäßig nicht oder nur unter sprachlicher und intellektueller Verrenkung komparierbar. Maria kann nicht schwangerer sein als Magdalena, sondern sie ist es eben oder nicht. Mit dem Schwindel verhält es sich doch ähnlich: Entweder ist etwas schwindelerregend oder eben nicht. „Noch schwindelerregender“: Das drückt zwar den ganzen Krampf deutscher Tageszeitungs-Redakteure aus, in ihrem wirren Sensationalismus immer noch eine Steigerung und noch eine Erregung hinzuzufügen. Aber was dabei nur größer und größer wird, ist allein der Schwindel, der da mit der deutschen Sprache getrieben wird. Und das ganz ungeachtet der Frage, wer da eigentlich wem Schwindel erregen soll, ob den Kursen schwindelig wird oder der Tiefe oder den Absatzzahlen oder ob der ganze Satz vielleicht, Komparativ hin oder her, schwindelerregender Blödsinn ist. Noch eines kann man den schreibenden Kretis und Pletis vom Kölner Stadtanzeiger da ins Stammbuch schreiben: Wer in die Tiefe stürzt, ist in der Regel auf den Kopf gefallen. Na denn gute Besserung.

Der Kölner Stadtanzeiger – Ein Revolverblatt


13 Okt

Wie unter dem Deckmäntelchen einer regionalen Tageszeitung ein veritables Revolverblatt sich herausgeben lässt, dafür ist der Kölner Stadtanzeiger ein gutes Beispiel: Wenn kleine Räuberpistolen als seriöse Nachrichten daherkommen und Sex-and-Crime-Geschichten das journalistische Zentrum der Lokalberichterstattung ausmachen, ist die Revolverblättrigkeit wohl kaum noch von der Hand zu weisen. Die heutige erste Seite des Lokalteils dieser Zeitung enthält gar überhaupt nichts anderes als solche kleinen kriminellen Häppchen für zwischendurch:

„Zeuge stellt Autoknacker“
„Tankstelle überfallen“
„Mit Messer bedoht“
„Feuer in Vingst“
„Raubüberfall auf Juwelier“

Gipfel dieser journalistischen Demütigkeit, die als seriös nicht mehr kenntlich, als humorig aber zu unfreiwillig daherkommt:

„Polizeihund schnappt Wurstdiebe“

Eine Redaktion, die wirklich der Meinung ist, aus einer Stadt wie Köln, immerhin eine Millionenstadt, sei anderes nicht berichtenswert, sollte ernsthaft überlegen, ob die Herausgabe eines Lokalteils noch ins Kerngeschäft der Herausgeberschaft gehört. Für den Bettel, an den eine Journaille ökonomisch gerät, wo sie ihn journalistisch längst erreicht hat, gibt es ja vielleicht den einen oder anderen Wurstzipfel. Man ist da mit den entsprechenden Polizeihunden im Gespräch.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter