Eine Frage passend zur Jahreszeit: Wer guckt eigentlich Karneval im Fernsehen? Auf jeden Fall nicht die, die Karneval feiern. Nach einer Auswertung des Medienmagazins DWDL haben etwa die Übertragung der Aachner Ordensverleihung „Wider den tierischen Ernst“ unter den 14- bis 49-jährigen nur 1,9 % eingeschaltet. Und von den insgesamt 3,6 Mio. Zuschauern, die die ZDF-Sendung „Da wackelt der Dom“ sehen wollten, waren knapp 2,5 Mio. über 65 Jahre alt.
Archive for Februar, 2009
Nazis „sorgen“ sich um verbrannte Bücher
Georg Salzmann hat in dreißigjähriger Arbeit eine 10.000 Bände umfassende Bibliothek zusammengestellt, die Werke der sog. „verbrannten Schriftsteller“ enthält, also derjenigen Intellektuellen und Dichter, die vor dem Naziterror ins Exil geflohen sind. Unter den Werken sind viele seltene Erstausgaben und Privatdrucke. Wer sich über Georg Salzmanns Arbeit näher informieren will, dem sei dieser lesenwerte Artikel der Zeit empfohlen.
Wer allerdings nach dem Büchersammler auf google. de sucht, der bekommt auf Platz 2 der Trefferliste ausgerechnet eine Internetseite zweifelhaften Rufs und Inhalts, die ihren braunen und tendenziös rechtsextremen Anstrich nicht verbergen kann. „Altermedia“ nennen sich diese intellektuell verrotteten Pamphletisten, deren Denkanstöße lediglich in Anstößigkeiten bestehen wie den folgenden:
„Vielleicht findet Salzmann ja in Israel Abnehmer für seine gesammelten Werke. Wir könnten uns gut vorstellen, daß sie eine Zierde für Yad Vashem wären – und vielleicht sogar von praktischem Nutzen, falls dort mal das Gas für die Ewige Flamme alle wird.“
Dass ausgerechnet bei den Deutschesten aller Deutschen die Deutschkenntnisse nur kümmerlich vorhanden sind, ist eine alte Klage. Auch nicht neu, aber sehr angebracht wäre, hier auf Volksverhetzung zu erkennen. Vor allem sollte der Fa. Google geraten werden, solche „Links“, die leider sehr weit rechts sind, aus ihren Trefferlisten zu verbannen, wenn man auf der Internetsuche nach sehr ehrbaren Leuten ist.
Mal abschalten: Shutdown Day 2009
Zum zweiten Mal ruft eine internationale Organisation zum „Shutdown Day“ auf: Am 2. Mai 2009 sollen alle ihren Computer für einen Tag ruhen lassen. „Kannst Du 24 Stunden ohne Deinen Computer überleben?“ fragen die Organisatoren.
„Shutdown Day is a Global Internet Experiment whose purpose is to get people to think about how their lives have changed with the increasing use of the home computer, and whether or not any good things are being lost because of this.
The idea of Shutdown Day project is simple – just shutdown your computer for one whole day of the year and involve yourself in some other activities: outdoors, nature, sports, fun stuff with friends and family – whatever, just to remind yourself that there still exists a world outside your monitor screen.“
„Shutdown Day“ wurde im Jahr 2007 vom kanadischen Programmierer Denis Bystrov erfunden, nachdem er realisiert hatte, dass er zu viel Zeit am Computer verbrachte und gerne mal wieder einen ganzen Tag mit seiner Familie verbringen wollte. Von der letztjährigen Campagne gibt es auch noch einen hübschen kleinen Video.
ZeitMagazin: Die Farce nach der Tragödie
Geschichte ereignet sich immer zweimal, das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. So hat es mal ein recht bekannter Deutscher ausgedrückt. Auch das ZeitMagazin hat Mut zur Wiederholung. Aber was herauskommt, ist eine Farce.
Vor dreißig Jahren titelte der Stern „Wir haben abgetrieben“ und zeigte auf seinem Titelblatt die bekennenden Frauen. Das ZeitMagazin dieser Woche zeigt nun die Portraits (älterer) Männer, die ebenfalls bekennen: „Wir haben abgetrieben“. Doch wie sich herausstellt, waren nicht sie es, sondern ihre Frauen, Freundinnen oder Lebensgefährtinnen. Zugegeben, Männer machen bedrückende Erfahrungen in diesem Bereich und sie sollen auch öffentlich darüber sprechen können. Was das ZeitMagazin allerdings daraus macht, ist vor allem in der reißerischern Aufmachung eher das Gegenteil eines bedächtigen diskursiven Umgangs mit der schwierigen Thematik. Eine Farce eben.
Tagesschau online: Angriff der Killer-Viren
Da veranstaltet tagesschau.de einen Chat mit der Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, und dann wundert man sich, dass besagter Chat zum Ziel von Hackerangriffen wurde.
„Kurz vor Ende haben Unbekannte den Chat mit maschinellen Massenanfragen gestört. Der Chat, den tagesschau.de gemeinsam mit politik-digital.de veranstaltete, war für einige Minuten aus dem Internet nicht erreichbar“.
Und nicht nur das: die Angreifer legten auch noch antisemitische und antiisraelische Züge an den Tag, was tagesschau.de offenbar überraschte:
„Bereits vor Beginn gingen bei den Moderatoren zahlreiche antisemitische und antiisraelische Beiträge ein. Insbesondere am Abend und in der Nacht vor dem Chat mussten die Moderatoren bereits zahlreiche Beiträge mit antisemitischem und antiisraelischem Inhalt filtern. Die Moderatoren überprüfen die Beiträge vor der Veröffentlichung grundsätzlich auf Hasspropaganda, Unterstellungen und nicht belegbare Tatsachenbehauptungen.“
Was hatte tagesschau.de denn erwartet? Mehr Sachverstand und auch mehr Coolness legte da die Zentralrätin, Charlotte Knobloch, an den Tag:
„Knobloch reagierte auf die Chat-Störung gelassen. Das überrasche sie nicht, sagte sie im Gespräch mit tagesschau.de. Sie habe damit eher bereits gerechnet.“
Man möchte Frau Knobloch danken. Sie versteht offensichtlich mehr vom Internet und von politischen Diskussionen als die Medienprofis der Tagesschau.
Cross-Promotion in deutschen Medien
Cross-Promotion, das bedeutet: Die Benutzung verschiedener Medien, um denselben Inhalt zu bewerben, und das unter einem und demselben Mediendach. Also, wenn zum Beispiel im redaktionellen Teil des Kölner Stadtanzeigers für KStA-TV Werbung gemacht wird. Über dieses Verfahren, das so weit um sich gegriffen hat, das es als die conditio sine qua non der deutschen Medienbranche inkl. ihrer öffentlich-rechtlichen Erscheinungsformen gelten kann, hat nun der Evangelische Pressedienst einen interessanten Artikel veröffentlicht:
„Natürlich sollten Journalisten besser wissen, dass ein solches Gebaren nicht in Ordnung ist. Tun sie vielleicht auch. Macht aber nichts, denn Eigenwerbung – die freilich nicht als solche gekennzeichnet wird – findet trotzdem statt, sie ist sogar schon so allgegenwärtig, dass man sie gerne übersieht. Man will schließlich lieber nicht so genau hingucken, wenn sich ein Berufsstand gerade selbst ins Aus befördert. Wenn etwa die „Süddeutsche Zeitung“ ihre Redakteure dazu bringt, Verlagswerbung zu dichten und diese im redaktionellen Teil zu platzieren; wenn in öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen und Magazinen eigene Produktionen besonders ausführlich und intensiv begleitet werden; wenn Anne Will mit ihren Gästen nach dem „Tatort“ über die Arbeitsbedingungen bei Billig-Discountern diskutiert, die gerade Thema des Krimis waren oder wenn die TV-Magazine der Privaten ohnehin aus fast nichts anderem bestehen als der Berichterstattung über „Popstars“, „DSDS“ und Dschungelcamp.“
Der Beispiele fielen einem ja noch mehr ein: dass die Tagesschau über solche Boxkämpfe berichtet, die im eigenen (ARD-) Programm stattfinden (über die anderen aber nicht!); dass das Verlesen der Lottozahlen in Nachrichtensendungen mit der Übertragung ihrer Ziehung korrespondiert; oder dass das eigene Personal quer durch die eigenen Programme gereicht wird, egal wie qualifiziert man dafür ist. Haarsträubend war schon, dass kürzlich in einer Maischberger-Sendung ein Quizmoderator nur wegen dieser seiner Tätigkeit als „Bildungsexperte“ verkauft wurde, wiewohl er unumwunden zugab, in der Schule nur mit schlechten Leistungen geglänzt zu haben.
Daneben gibt es aber auch ein Phänomen, das ich „negative Cross-Promotion“ nennen möchte, die absichtsvolle Auslassung von Inhalt, wenn die Verbreitung dem eigenen Programm und Unternehmensziel schaden würde. Dazu zählt insbesondere, dass in der Tagesschau-Ausabe samstags abends in der Unterbrechung der ARD-Sportschau keine Fußballergebnisse genannt werden, wiewohl dies in einer samstäglichen nachrichtensendung doch eigentlich ein Muss wäre. Aber man will sich ja sein schönes eigenes und teueres Programm nicht demolieren.
Auf ein weiteres neues Phänomen geht der epd-Artikel ein: Wie neuerdings nämlich Weblogs genutzt werden, um sein eigenes Medium in Szene zu setzen:
„Die schönen Zeiten, als man Blogs noch las, um zu anderen Blogs oder Texten anderer Autoren ge- und verleitet zu werden, scheinen zu Ende zu gehen. Auch in den einstigen „Online-Tagebüchern“, die sich teilweise zu ordentlichen Aufmerksamkeitsumverteilern gemausert hatten und eben deswegen den ordentlichen Medien gefährlich zu werden drohten, greift die Unsitte des Schottendichtmachens um sich.
Nun empfehlen also nicht mehr nur „Welt Online“ und „Sueddeutsche.de“ vor allem die Welt-Online- respektive Sueddeutsche.de-Artikel, sondern pflegen auch immer mehr Blogs, um zuallererst die eigenen Inhalte zu verlinken. „Ähnliche Artikel“ nennt sich die zugehörige Funktion. Eine glatte Lüge, denn „ähnliche Artikel“ meint eigene Artikel. Die Professionalisierung der Blogs bringt es offenbar mit sich, dass auch hier die thematische Selbstreferenzialität zur systematischen mutiert.“
„Lüge“ ist hier noch ein höflicher Ausdruck. Es handelt sich um Betrug.
Abschreiben braucht seine Zeit
Manche Geschichten im Kölner Stadtanzeiger werden auch dadurch nicht besser, dass sie Jahre alt sind. Auf der Internetseite der Kölner Zeitung ist eine Geschichte über das amerikanische Model Tyra Banks, Moderatorin von „Next Top Model“, zu lesen.
Spitzname Top Moppel
Das Ex-Model und Erfinderin der Castingshow „America’s Next Top Model“ provoziert und polarisiert: Mit 1,77 Metern Körpergröße und 73 Kilo Lebendgewicht definiert sie in den USA Schönheit neu. Nachdem einst unvorteilhafte Fotos von ihr auftauchten, ging sie in die Offensive – mit Erfolg.
Nur komisch: dieselbe Geschichte stand schon vor zwei Jahren in der Süddeutschen Zeitung. Für den Kölner Stadtanzeiger immer noch aktuell genug?
Untergang der Gutenberg-Galaxis?
Wieder einmal prophezeit jemand den Untergang der Buchbranche: Dieses Mal sind es die elektronischen „Reader“, die in diesem Frühjahr auch in Deutschland auf den Markt kommen und Bücher künftig elektronisch verfügbar machen sollen. Was schon in den 60er Jahren der Medienphilosoph Marshall McLuhan und in den 90ern Norbert Bolz vorhersagten, nämlich das „Ende der Gutenberg-Galaxis“, ist jetzt auch in der F.A.Z. angekommen.
„Mit dem iPhone kann man eine halbe Million Bücher, einschließlich aller lizenzfreien Klassiker, unterwegs laden und lesen. So fällt mit der grenzenlosen Mobilität ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des gedruckten Buches. Natura non facit saltus? Die Medienevolution macht gerade einen Tigersprung, dem mancher nicht wird folgen können. Immer mehr Inhalte werden, legal oder illegal, verfügbar, die Geräte leichter, lichter, in naher Zukunft badewannen- und strandtauglich – es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Buchbranche mit den gleichen Problemen konfrontiert sein wird wie die praktisch schon untergegangene Musikindustrie.“
Ob nun ein Tiger springt oder ob es sich um eher zahnlose Vertreter der Fauna handelt, ist noch nicht ausgemacht. Aber „grenzenlose Mobilität“: Das war doch eigentlich genau der Anspruch des Mediums Buch. Hier müsste uns der Reporter schon Neueres als die neueste Neuigkeit verkaufen.
Medien verlieren massiv an Wert
Aktien aus der Medien-, IT- und Telekom-Branche haben im vergangenen Jahr massiv an Wert verloren. Laut der Studie „CMT – State of the Industry 2009“ des Beratungsunternehmens Oliver Wyman sank der Marktwert der Medien-, Telekom- und Technologieunternehmen im vergangenen Jahr um rund 42 Prozent.
Die Medienbranche erlitt 2008 mit rund 47 Prozent den herbsten Wertverlust auf den Kapitalmärkten. Das ist ein stärkerer Rückgang als in den meisten anderen Branchen. Der Marktwert der Festnetz- und Mobilfunkunternehmen sank – international gesehen – um 39 Prozent. Das Technologiesegment ist ebenfalls betroffen: Vor allem dem Unterhaltungselektroniksektor hat die wirtschaftliche Krise mit einem Rückgang um 49 Prozent schwer zugesetzt.
Es gibt allerdings auch Gewinner, dazu zählen Apple oder Nintendo.
Neuer Computervirus: Nur eine Zeitungsente
So können die kleinen pussierlichen Tierchen sich verändern: Da wird unversehens aus einem gemeingefährlichen Computerwurm eine harmlose Ente, in unserem Fall eine Zeitungsente. Die Rede ist von dem Computervirus „ConFicker“, auch bekannt als „Downadup“. Als neue globale Bedrohung geisterte er durch die Gazetten. Sogar eine „Wurmsprechstunde“ wurde eingerichtet. Und dann war es doch nur ein Medienhype: Schon seit Oktober 2008 ist der „Wurm“ keine Gefahr mehr. Statt der 9 Millionen infizierter PCs, wie sie nicht ganz uneigennützig der Virenschutzsoftware-Hersteller F-Secure meldete, waren es nur 500.000 betroffene Rechner, die meisten davon Firmenrechner in den USA. Über Zeitungen verbreitete sich der Computerwurm deutlich schneller als über infizierte Computer.