Archive for März, 2009

Biotainment


30 Mrz

Gut, dass wir noch am Leben sind. Da können wir in vollen Zügen das Angebot von sunbird.tv genießen: „Biotainment“ nämlich heißt der Verkaufsschlager dieser Medienfirma. Nach Infotainment, dem Politainment und dem Edutainment nun also das „Biotainment“. Dass dieses Wortungetüm in einer Presseerklärung zum Darwinjahr publik wird, beleuchtet die televisionären Möglichkeiten des Begriffs: Struggle of Life für die Spaßguerilla, natürliche Auslese für die Erlebnisgesellschaft, Darwinismus fürs Comedypublikum. Den Begriff hatte übrigens seinerzeit Neil Postman als Kritik an den elektronischen Medien eingeführt. Von Biotainment wäre er sicherlich begeistert gewesen.

Alt aussehen


27 Mrz

Wer regelmäßig den Kölner Stadtanzeiger liest, sieht ganz schön alt aus. Zum Beispiel wenn er folgende rätselhafte Überschrift entdeckt:

„Wer gut altern will, muss früh anfangen“

Was wollen uns die Dichter vom Stadtanzeiger damit wohl sagen?

Sprachverwirrung im „Express“


26 Mrz

Der Kölner Express, das kleine verzogene Geschwisterkind des Kölner Stadtanzeigers, ist nicht gerade bekannt dafür, die zuverlässigsten Informationen unters Volk zu bringen. In dem steten Bemühen, die eigene Unbildung mit der seiner Leser zu verwechseln, gerät der Express dabei in Unbilden, die außerhalb der enggesteckten geistigen Grenzen seiner Redaktion für einige Heiterkeit sorgen. Unter der Überschrift „Dorf zu verkaufen“ sieht man zum Beispiel im Express dieses Bild:

Dorf zu verkaufen

Die Bildunterschrift lautet folgendermaßen:

Bildunterschrift

Polnisch also soll die zweite Sprache auf dem Ortsschild sein? Dass die Gemeinde im Kreis Bautzen liegt und die Stadt Bautzen wiederum das Zentrum des Siedlungsgebiets der Sorben, also der slawischsprachigen Minderheit in Deutschland, bildet, das hat die Schulweisheit den Fotoredakteuren des Kölner Express nicht eingeflüstert. Auch dass selbst der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen Mitglied dieser Sprachgruppe ist, hat sich nicht bis zum Express herumgesprochen. Nix verstehen mit komischen Häkchen auf den Buchstaben – das kann ja wohl nur polnisch sein für jemanden, dessen Schulweg nur bis in die Kayjass führte, wo bekanntlich alle Nullen herkommen.

Phantom-Sprache


26 Mrz

Eines sollte allerdings doch ins Lexikon eigenartiger Zeitungsüberschriften aufgenommen werden, nämlich was sich der Kölner Stadtanzeiger heute erlaubt hat:

„War das Phantom nur ein Phantom?“

Wirklich sehr lustig.

Und sonst …


26 Mrz

Da ist man ja schon froh bei der Lektüre des Kölner Stadtanzeigers, wenn einem kein größerer sprachlicher Lapsus unterkommt als dieser hier:

„… etablierte er sich rasch … als Dozent für Musikgeschichte, Werkanalyse und Interpretation an der Kölner Musikgeschichte“.

Kölner schreiben eben gerne Geschichte, wenn sie sie nicht gerade in Erdlöchern versenken. Geschichten dagegen schreibt der Herausgeber der Kölner Zeitung, Alfred Neven-Dumont. Da er in die Literaturgeschichtsbücher mit seinen Werken vermutlich nicht eingehen wird, lässt er sich vorsorglich in seiner eigenen Zeitung feiern („bravouröser Text“). Bravourösen Stil kann man das nicht gerade nennen, aber was will man von einem erwarten, der Eigentümerschaft regelmäßig mit Eigenwerbung verwechselt? Immerhin bringt uns dieses unfeine Stück Selbstmarketing endlich einmal wieder ein Foto des Herausgebers: Man hätte beinahe vergessen, wie er aussieht …

Die Kluft zwischen Sprache und Wirklichkeit


24 Mrz

„Die Kluft künftig überwinden“ überschreibt der Kölner Stadtanzeiger heute einen Artikel in seinem gewohnt dürftigen „Kultur“-Teil. Darin wird eine Diskussion Kölner Kulturschaffender zur „Archiv-Katastrophe“ aufgezeichnet. Unter anderem wird gefordert, die Kluft „zwischen der Kultur in Köln und den dafür Verantwortlichen“ zu überwinden. Dem Stadtanzeiger sei allerdings geraten, vorerst die Kluft zwischen sich und der deutschen Sprache zu überwinden. Heißt es doch nur wenige Zeilen weiter:

„Ein unabhängiger Gutachter müsse das gesamte Verfahrung (sic!) der Bergung und Wieder-Zusammenführung der Archivalien überwachen“.

Andere Zeitungen leisten sich Korrektoren und Dokumentaristen, um etwas für die Kultur im eigenen Blatt zu tun, nämlich für die Sprachkultur. Der Kölner Stadtanzeiger leistet sich einen „Kultur“-Teil, der gerade mal zwei Seiten als Anhängsel an den Sportteil ausmacht. Für den Sportteil wird der Kölner Stadtanzeiger allenthalben gelobt. Die Kultur dagegen bleibt, was sie in der Stadt Köln insgesamt auch ist: Ein lästiges Anhängsel.

Nachrichten die die Welt nicht braucht


24 Mrz

Was braucht man morgens nach dem Aufstehen? Eine Tasse Kaffee. Was braucht man morgens nicht? Meldungen wie diese, die im heutigen Kölner Stadtanzeiger zu lesen ist:

„Meil Tennant von der britischen Popband Pet Shop Boys hat erst mit 54 Jahren seinen Führerschein gemacht. Er habe ein Haus auf dem Land im Norden Englands und habe es irgendwann total lächerlich gefunden, dass er nicht selbst Auto fahren könne, sagte der 54-Jährige dem Musikmagazin ‚Melodie & Rhythmus‘.“

Total lächerlich? Richtig.

Rechtschreibung am Computer


20 Mrz

MS-Word-2-256x256 Cupertino-Effekt: So wird in Fachkreisen das rätselhafte Verhalten von Computern genannt, wenn sie die Rechtschreibung im Griff haben sollen.  Rechtschreibprogramme zeigen nämlich oftmals seltsame Eigenarten, auch in offiziellen und sogar amtlichen Papieren. Geschehen zum Beispiel in einem Nato-Forschugnspapier über „Interoperabilität innerhalb der Allianz und mit Koalitionspartnern“. Dort ist auf Seite 15 zu lesen, man könne die technische Vernetzung der Nato mit anderen Organisationen verbessern – zum Beispiel mit der „Organisation for Security and Cupertino in Europe“.

Cupertino? Das ist eine kleine Ortschaft in Kalifornien, die unter anderem die Firmenzentrale von Apple beherbergt. Gemeint ist aber gar nicht Apple, sondern die OSZE, und die Autoren der Nato haben auch nicht Cupertino geschrieben, sondern „cooperation“. Erst die automatische Rechtschreibkontrolle hat daraus den Ortsnamen gemacht. Ein US-Linguist hat die sprachliche Verselbständigung von Rechtschreibprogrammen näher untersucht. Ben Zimmer schreibt:

„Trotz aller Fortschritte der Softwareentwickler können die Korrekturprogramme nie perfekt sein.“

Eine EU-Übersetzerin hatte übrigens den seltsamen Cupertino-Fehler entdeckt und ihm den Namen gegeben. Bis heute finden sich in den Dokumenten der Nato und der EU reihenweise englischsprachige Texte, die automatisch ins Deutsche übersetzt wurden und bei denen die automatische Rechtschreibkontrolle aus Cooperation eben Cupertino machte. Es war wohl die in Word97 vorhandene Rechtschreibkontrolle, die den Fehler beging. Und nicht nur das:

Aus Internet wird Internat.
Aus Stinger-Rakete wird Stinker-Rakete.
Aus Nato wird Nano. etc.

Wer mehr über die Fehler lesen will, die Computerprogramme fabrizieren, die eigentlich Fehler eleminieren sollen, der kann Spiegel-Netzwelt konsultieren:

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,612714,00.html

Wenn Medien durchdrehen


18 Mrz

Vom journalistischen „Schnäppchenjägertum“ anläßlich des Amoklaufs von Winnenden schreibt epd-Medien unter dieser Adresse.

Vor allem boulevardesk orientierte Vertreter konnten wieder einmal ihre Leistungsfähigkeit mit vorschnellen Thesen unter Beweis stellen und traten einen absurden Wettlauf um das schlimmste Bild, den verzweifeltsten Ton und den schrägsten Beweis an.

Zunehmende Abnahme


18 Mrz

Dass eine rechtsextreme Weltanschauung unter Jugendlichen Verbreitung findet, könnte ja, mit einem Bonmot Alexander Humboldts, daran liegen, dass Weltanschauungen was für Leute sind, die die Welt noch nicht angeschaut haben. Anders gesagt: Blödheit kennt keine Grenzen außer Landesgrenzen. Was aber will uns der Kölner Stadtanzeiger sagen, wenn er auf Seite 1 titelt:

„Jugendliche zunehmend rechtsextrem“

Sieht man hier einen Zusammenhang zwischen Gewicht und Ideologie? Sind dicke Kinder extremer als dünne? Und wenn unsere Jugendlichen schon zunehmen, wie sahen sie dann vorher aus?

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter