Archive for Juni, 2009

Im WDR ist Streit entbrannt


30 Jun

In der Süddeutschen Zeitung war zu lesen:

„Am Mittwoch startet im WDR Das Schlagzeilenquiz. Mitarbeiter des Senders haben das Ratespiel intensiv vorbereitet, produzieren darf es aber die Hamburger Firma White Balance, deren Geschäftsführer Jörg Pilawa ist. Das erbost den WDR-Personalrat sehr, in seinem Infoblatt titelt er: „Hilfe für armen Moderator: WDR subventioniert Pilawa“. Das Angebot des Produzenten sei um etwa 40 000 Euro teurer; zudem werde in privaten Studios aufgezeichnet. Eine Begründung habe es senderintern nicht gegeben. Es kursiere das Gerücht, man tue im WDR derzeit alles, um den Moderator zu halten, der mit ARD und ZDF um die Zukunft pokere…“

Artikel in der SZ

Mehr Informationen über den angesprochenen Hintergrund unter:

Meedia.de-Artikel

Nochmal: Nebeneinkünfte bei ARD und ZDF


28 Jun

Kaum ist irgendwo ein Skandal, schon muss irgendwer reagieren: In unserem Fall ist es der ZDF Intendant Markus Schächter. Er möchte ein „ohnehin mehrstufiges Genehmigungsverfahren“ weiter verschärfen“, um die Interessen des ZDF“ zu schützen. Im gleichen Atemzug erwähnt der ZDF-Mann, dass öffentliche Auftritte seiner Moderatoren oder Journalisten ja auch das Profil des Senders schärfen würden. Also wie nun? Und was er ganz unerwähnt lässt, ist die Tatsache, dass er freien Mitarbeitern, die die Mehrzahl seiner Moderatoren und Journalisten ausmachen wird, überhaupt nichts verbieten kann. Also müssen die sich auch nichts genehmigen lassen. Der SWR-Sportchef Michael Antwerpes, der u.a. wegen hoher Nebeneinkünfte durch öffentliche PR-Auftritte aufgefallen war, erklärte derweil, er sei trotzdem „nicht käuflich“, und er möchte gerne eine „Ehrenerklärung“ abgeben. Es könnte sich dabei allerdings um jene Art von „Ehrenwort“ handeln, die einer kritischen Öffentlichkeit nur zu bekannt ist. Besser sein lassen …

Nebenverdienste: ZDF will Regeln verschärfen
SWR Sportchef: Bin nicht käuflich

Michael Jackson Medienopfer


26 Jun

Die heutigen „Topmeldungen“ von Spiegel Online, gleichzeitig und untereinander:

Popstar: Michael Jackson liegt im Koma
Poplegende: Michael Jackson ist tot
Michael Jackson: Eine tragische Karriere
Reaktionen zum Tod Michael Jacksons
Tod eines Weltstars
Michael Jackson ist tot

So bleibt einer ein Medienopfer, und das nicht nur „sein Leben lang“.

Michael Jackson tot: Das monströse Genie – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Panorama

Spickmich toppt Krieg


24 Jun

Wenn das mal kein Kollateralschaden ist: Der Internetdienst Spickmich.de toppt den Krieg in Afghanistan, bei dem gestern drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen sind. Zumindest auf den Seiten des Kölner Stadtanzeigers. Da ist ein spick-freundliches Urteil des Bundesgerichtshofs heute als Aufmacher auf die Titelseite gekommen und hat weniger weltgeschichtliche Ereignisse wie Kriege, Tote und Politik des Feldes verwiesen.

Kölner Stadt-Anzeiger

Sterbende Medien: Kodak beerdigt Kodachrome


23 Jun

kodakextColor_210   Das Ende des Medienzeitalters deutet sich auch dadurch an, dass mehr und mehr Medien sterben. Nun trifft es eines der bekanntesten Filmprodukte überhaupt: Die US-Firma Kodak stellt die Produktion des ersten kommerziell vertriebenen Farbfilms der Welt ein. Wie Kodak in einer Pressemitteilung schreibt, seien "modernere Kodakfilme" und Digitalfotografie heute bei Fotografen beliebter. Kodakchrome war 1935 zum ersten Mal auf den Markt gekommen und hat heute nur noch einen Marktanteil von 1 Prozent.

Kodaks Pressemitteilung
Wikipedia über Kodachrome

Schlechte Zeiten für das gedruckte Wort


22 Jun

In der Zeit von dieser Woche ist ein langes Dossier über das Sichtum der einst herrlichen New York Times, der mutmaßlich “besten Tageszeitung der Welt”, zu lesen. Eine kleine Chronik der sogenannten Zeitungskrise ist unter diesem Link ebenfalls von den Kollegen der Zeit zu finden:

Medien – Schlechte Zeiten für das gedruckte Wort | ZEIT ONLINE

Wie gierig sind Fernseh-Journalisten?


20 Jun

zapp Was wären Medien ohne Skandal, auch wenn man ihn vielleicht selbst anzetteln muss? Nun hat die Medienwelt wieder einen: Nebenverdienste von öffentlich-rechtlichen Journalisten. “Abgreifen, abkassieren, Gier” – das sind die Vokabeln, mit denen ARD-Moderatoren wie Tom Buhrow oder Anja Kohl oder ZDF-Leute wie Petra Gerster oder Claus Kleber sich abkanzeln lassen müssen. Angefacht hat die Diskussion ausgerechnet ein öffentlich-rechtliches Fernsehmagazin, nämlich die Sendung “zapp” vom NDR. Mutet schon das eigentümlich an, sind auch inhaltlich einige Einschränkungen vorzunehmen, liegt hier doch direkt ein mehrfaches Mißverständnis vor:

1. In einer Medienwelt, in der Sender (auch und gerade öffentlich-rechtliche) sich Moderatoren und “Anchormen und -women” abluchsen, abkaufen und verscherbeln wie sonst nur Fußballsklaven in der Bundesliga, (mehr …)

Wie man Fernsehen kritisieren kann – und wie nicht


16 Jun

Am letzten Samstag war es wieder so weit: das Fernsehgroßereignis, dass man so gerne vermissen würde, ging im Zweiten Deutschen Fernsehen wieder über die (Mallorca-) Bühne: “Wetten dass”.  Wie unterschiedlich man ein solches Format bewerten kann, zeigen am Montag die bundesdeutschen Printmedien. Für die Fernsehkritiker von dpa, abgedruckt in dutzenden von Tageszeitungen, deren Redakteure nicht mal mehr selbst fernsehen können, ist alles in Butter:

Für südländische Gefühle war auf der Urlaubsinsel jedenfalls gesorgt. Die Schweizer Entertainerin Michelle Hunziker ließ – obwohl sie ihre Wette gewonnen hatte – nach einiger Gegenwehr ihre Hüllen fallen und sprang im Schweizerkreuz-Badeanzug fidel in einen Pool.

Dass man eine Sendung, deren dummderbe Späße auf Pennälerniveau einen nicht vom Einpennen abhalten können, auch anders sehen kann, zeigen die Autoren zweier Zeitungen, die sonst für einen pubertären Spaß selbst gerne zu haben sind. Die eine ist der, sonst gerne gescholtene, Kölner Stadtanzeiger, der es ausnahmsweise folgendermaßen auf den Punkt bringt:

Inmitten öder Wetten (…) und öder Musikacts (…) zeigte Gottschalk ein weiteres Mal, welch begnadeter Zotenreißer er doch in Sachen Altherrenwitz ist, und als Wettkandidat Dominik mit Essstäbchen die BHs von 25 Frauen öffnete, kam dabei echtes Ballermann-Feeling auf.
Was von dieser „Wetten, dass . . ?“-Ausgabe bleibt, ist eine traurige Erkenntnis: „Fernsehgarten“-Niveau geht auch abends, auf Mallorca und ohne Andrea Kiewel.

Und die Süddeutsche Zeitung kümmert sich kritisch um die Talkgäste-Auswahl des ZDF-Formats, das sich als Katalysator verwelkender TV-Starlets geriert und im nachhinein jenes Harald Schmidt’sche Bonmot bestätigt, wonach jede trübe Tasse im Fernsehen noch die Rente durchbringen kann:

Die Sendung ist so etwas wie öffentlich-rechtliches Samariterfernsehen geworden. Während sich die Privaten in Casting-Shows als Geburtshelfer neuer Sternchen versuchen , kümmert sich das ZDF um anscheinend unverwelkliche, immer satte und jungbrunnigere Stars. Gottschalk lädt sie ein und gibt ihnen Bühne samt Publikum.

Fraglich bleibt nur eins: Warum die deutschen Gazetten sich nach jeder Ausstrahlung mit schnöder Regelmäßigkeit an einem TV-Format abarbeiten, dessen Existenzberichtigung auf einem von intelligenten Wesen bewohnten Planeten nachhaltig in Frage gestellt würde.

TV-Kritik: “Wetten, dass..?“ – Planschen mit Hunziker – TV-Kritiken – sueddeutsche.de

Verdeckte PR


14 Jun

Wir kennen verdeckte Ermittler, aber was ist verdeckte PR? Darüber gibt Heidi Klein von der Organisation Lobbycontrol dem Medienhandbuch ein Interview. Vor allem durch das Verhalten der Deutschen Bahn ist diese Methode der Öffentlichkeitsarbeit jetzt in den Focus geraten. Die Bahn hat Millionensummen ausgegeben, um während des Eisenbahnerstreiks bessere Presse zu erhalten. Aber es geht nicht nur um die Deutsche Bahn:

In dem Kaliber wie jetzt der Skandal bei der Deutschen Bahn werden sehr wenige Fälle öffentlich, aber die Dunkelziffer ist mit Sicherheit hoch. Wir haben ähnliche Fälle auf unserer Webseite dokumentiert, etwa die Schleichwerbung der Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in der Vorabendsendung Marienhof, die scheinbare Graswurzelinitiative "Campaign4Creativity" (C4C), die u.a. finanziert von Microsoft und SAP für starke Softwarepatente in der EU auftrat oder die "Bürger für Technik", die sich gegen Vorurteile gegen neue Technik einsetzen und eng mit der Atomlobby verstrickt sind.

Lobby Control ist eine Organisation, die sich für eine transparente Demokratie und klare Grenzen von Lobbyismus einsetzt.

Der Auftrag der Bahn für die verdeckte PR-Kampagne hatte ein Volumen von 1,3 Millionen Euro (exklusiv) | medienhandbuch.de

Samstagmorgen mit dem Kölner Stadtanzeiger


06 Jun

Das nicht zu steigernde steigern: Das ist Wesensmerkmal der Pressesprache, wie sie beispielhaft der Kölner Stadtanzeiger vorführt. Heute morgen ist zu lesen:

Kinder in der Europäischen Union sollen bald noch wirksamer vor sexuellem Missbrauch geschützt werden.

Es gibt nunmal nur “wirksam” oder “nicht wirksam”. Wer “wirksamer” geschützt werden soll, der wurde es bislang eben gar nicht. Die armen Kinder der Europäischen Union!

Bei so viel falscher Steigerung freut einen doch mal eine veritable Untertreibung wie diese:

Bruno Labbadia wird von Bayer 04 Leverkusen zum Hamburger SV wechseln und dort einen Vertrag bis 2002 unterschreiben.

Bis 2002? Das heißt doch, er hört schon wieder auf, bevor er angefangen hat. Das ist wohl nur im Fußball möglich. Und im Kölner Stadtanzeiger.

ksta.de

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter