Archive for August, 2009

Kein Einzelfall: Vetternwirtschaft bei der ard


29 Aug

Die Fernsehfilmchefin des NDR, Doris Heinze, die u.a. den “Tatort” verantwortete, soll fristlos entlassen werden. Sie hat ihrem Ehemann, der unter verschiedenen abenteuerlichen Pseudonymen auftrat, lukrative Drehbuchaufträge zugeschanzt. Die F.A.Z. beschreibt drehbuchreif, wie dabei vorgegangen wurde:

Ein Mann legt sich ein Pseudonym zu und erfindet seine Vita. Angeblich lebt er in Übersee, hat Wohnsitze in Montreal und Amsterdam. Nie lässt er sich in Deutschland sehen, zu erreichen ist er nur über eine Anwaltskanzlei. Und doch schreibt er Bücher für das Fernsehen, die sehr genau von der Gegenwart des Landes handeln, dem er angeblich so fern bleibt. In Wahrheit aber gibt es diesen Mann gar nicht. Dass heißt, es gibt ihn schon. Er wohnt ganz in der Nähe, lebt gar zusammen mit seiner Auftraggeberin, die sich das Ganze ausgedacht hat und ihn deckt. Bis zu dem Tag, an dem die Sache auffliegt. Der Mann, der niemals lebte, bekommt eine wahre Identität, er ist in der Branche ein alter Bekannter. Er hat als Hauptmann Köpenick von Hamburg einen ganzen Sender hereingelegt, nun ist die Uniform weg. Die große Karriere seiner Frau ist passé.

Dass hier eine festangestellte Mitarbeiterin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders krass über den Leisten zog, darf nicht davon ablenken, dass Patronage fester Bestandteils des Systems der Auftragvergabe in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist. Jeder kleine Lokal-Redakteur im öffentlich-rechtlichen System darf sich als “Arbeitgeber” oder “Chef” fühlen, wenn er nach eigenem Gusto Aufträge an Freie Mitarbeiter vergibt, die, zumeist ohne viel Schutz durch Arbeitsverträge, bis zu 90 % des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms herstellen. Dass bei der Auswahl der Mitarbeiter, über die der festangestellte Redakteur zumeist autonom entscheidet, nicht nur qualitative Kriterien eine Rolle spielen, sondern häufig Gewogenheit, Angepasstheit, persönliche Bekanntschaft oder eben auch ein Verwandtschaftsverhältnis, ist kein Geheimnis. Es sollte dennoch in diesem Zusammenhang noch einmal ausgesprochen werden. Denn darunter leidet vor allem eins: Die Qualität des öffentlich-rechtlichen Programms.

NDR trennt sich von Fernsehfilmchefin Heinze | tagesschau.de

Gamescom in Köln – Spielemesse für Aliens


22 Aug

Man möchte ein Alien sein, ausgerüstet mit schrecklichen Waffen und ausgestattet mit „Pheromonwahrnehmung“, mit der wir auch „durch Wände hindurch“ die Anwesenheit von Computernerds, Spielekids und Egoshootern wahrnehmen können. Wie sonst lässt sich ein Ereignis wie die neue Computerspielemesse Gamescom in Köln auch nur annähernd verkraften, bei der leichtbekleidete Hostessen einen Energydrink namens „Kalaschnikow“ verteilen?

Zu den Weltneuheiten, auf die eine staunende Welt nicht gewartet hat, zählt die neueste Version von Aliens vs. Predator. „Vs.“ kommt übrigens aus dem Lateinischen und bedeutet „versus“, also „gegen“. Auf derlei Lernerfolge zielt das Spiel allerdings nicht. Dafür kann der Spieler neuerdings das computergenerierte Massaker auch „aus den Augen eines Alien“ erleben.  Stiftung Spieletest weiß dazu allerdings auch Kritisches zu berichten:

Helles Licht führt bei der leichten Fischaugen-Optik der Alienaugen zu einer eingeschränkten Wahrnehmung zumindest am Rande des Sichtfelds.

Der eingeschränkten Wahrnehmung des gemeinen Spielers ist nur mit besonders starken Reizen zu begegnen. Da ist „effektvolles Töten“ angesagt:

Während der Gamescom-Präsentation war nur ein kleiner Teil der unterschiedlichen Todesanimationen zu sehen. Die virtuellen Marines starben dabei aufgespießt auf dem Stachelschwanz, blutspuckend und mit aufgerissenen Augen auf den Alienspieler zu rutschend.
Alternativ wurden ihnen der Stachel oder die Zweitkiefer effektvoll in oder besser durch den Kopf gerammt. Zerteilt werden die Menschen auch schonmal, wobei durch den Nahkampf leider alles zu gut zu erkennen ist.

Irgendwie beruhigend:

Aliens vs. Predator wird es wegen der drastischen Gewaltdarstellung vermutlich schwer haben, eine Altersfreigabe durch die USK zu erhalten. Die Gewaltdarstellung ist zumindest beim Spiel des Aliens nichts für schwache Nerven.

Aliens vs. Predator – Marines leiden sehen – Golem.de

Kölner Stadt-Anzeiger ist schneller dran


21 Aug

Heute im Kölner Stadtanzeiger wird über den Auftritt des Bundesfinanzministers Steinbrück vor einem Untersuchungsausschuss raisoniert:

“Die Opposition sucht nach Anhaltspunkten, die beweisen sollen, dass im Fall der HRE-Schieflage (…) die Alarmglocken im Finanzministerium doch schon frühzeitiger hätten läuten müssen …”

“Frühzeitiger”? So früh ist nur der Kölner Stadtanzeiger dran. Alle anderen kennen so ein Wort gar nicht.

Schlagzeilen – Nachrichten – Kölner Stadt-Anzeiger

Bloggen bis die Polizei kommt


19 Aug

Hal Turner, ein notorischer Hassblogger aus New Jersey in den USA, der auf seiner Internetseite regelmäßig zum Mord an Richtern und Anwälten aufforderte, hat bei seiner Festnahme angegeben, vom amerikanischen FBI für seine Tätigkeit bezahlt worden zu sein:

A notorious New Jersey hate blogger charged in June with threatening to kill judges and lawmakers was secretly an FBI “agent provocateur” paid to disseminate right-wing rhetoric, his attorney said Wednesday.

Ein FBI-Sprecher wollte weder bestätigen noch dementieren, was Turner aussagte.

Lawyer: FBI Paid Right-Wing Blogger Charged With Threats | Threat Level | Wired.com

Was das Fernsehen mit uns macht …


18 Aug

RealitätsverlustJetzt haben wir es zumindest schon mal schriftlich: Das Fernsehen zerstört unsere Realität. In einer Kölner Ubahn-Unterführung gesehen und vermeldet vom überaus talentierten Fotojournalisten Heinz Hoppe exklusiv für den Antimedien-Blog.

Muss man denn immer auf der Tagesschau herumhacken?


18 Aug

Man wird doch mal einen Fehler machen dürfen: Bei der Berichterstattung über die Leichtathletik-WM in Berlin unterlief der ARD Tagesschau bei einem Untertitel ein unerheblicher Fehler. Aus Bundespräsident Horst Köhler machte sie „Klaus“ Köhler. Und schon muss die Tagesschau für den Spott nicht mehr sorgen:

Das „Hamburger Abendblatt“ unkte „Die Sendung mit dem Klaus“, der Mediendienst DWDL titelte: „ARD macht sich zum Horst – und Horst zum Klaus“, das ostdeutsche Jugendmagazin „Spiesser“ schob den Fauxpas auf die Hitze und meinte: „Und wieder einmal was zu lachen.“ Die „Süddeutsche Zeitung“ erinnert in ihrem Online-Auftritt an einen weiteren Fehlgriff der „Tagesthemen“, die im vergangenen Jahr auf einem Bild, die Münchner Frauenkirche versetzte. Bei Twitter liefen die belustigten Kommentare und Weiterleitungen fast im Sekundentakt ein.

Was wieder niemand schreibt: Eigentlich ist es doch peinlich für den Bundespräsidenten, oder?

 

Meedia: Wie sich Medien über die ARD lustig machen

Gewichtsverlust beim Kölner Stadtanzeiger


12 Aug

Eine Zeitung von Gewicht würde sicherlich anders schreiben. Eine Zeitung wie der Kölner Stadtanzeiger titelt in seinem „Magazin“:

Tägliches Wiegen bringt nichts

um dann nur wenige Zeilen darunter in einer Unterüberschrift festzustellen:

Tägliches Wiegen hilft

Da sage noch einer, der Stadtanzeiger habe nichts von Gewicht mitzuteilen!

Kölner Stadtanzeiger: Legal, illegal, scheißegal


12 Aug

Wer vom Schrottplatz schreibt, darf vom Kölner Stadtanzeiger nicht schweigen. Da wird einsortiert und aussortiert, wie es den journalistischen Schrotthändlern gerade so ins Müllkonzept passt: Hauptsache, man macht große Kasse mit großen Worten. Dass diese großen Worte auf den Müllplatz der eigenen Geschichte gehören, bleibt im dualen System wirklichkeitsverzerrender Sondermüllbehandlung Nebensache.

„Vom Schrottplatz nach Afrika“ war in der Ausgabe vom 11.08.2009 des Kölner Stadtanzeigers zu lesen. „Illegale Geschäfte mit der Abwrackprämie“ wurden im Stile Hamburger Fischhändler angekündigt. Auch sonst verwies der Artikel mit großen Worten wie „Dunkelziffer“, MIssbrauch“, „organisierter Krimineller“ auf einen Ausbund an Verbrechen. Wer so schweres Geschütz auffährt, der stilisiert sich natürlich auch selbst als besonders ehrbaren Journalisten, dessen „story“ regelrecht einen „scoup“, ein journalistisches Meisterstück darstellt. Manchmal fallen Meister aber auch vom Himmel und tun sich dann sehr weh, wenn sie zum Beispiel auf den Kopf gefallen sind. Und so mutiert die Meisterarbeit zum Schelmenstreich und der über unseren Gesetzen kreisende Adler wird zur Ente. Denn wie im gleichen Artikel viel weiter unten recht kleinlaut eingestanden wird, handelt es sich bei der angeprangerten Missetat gar nicht um einen Gesetzesverstoß, sondern nur um eine Ordnungswidrigkeit. Und ein „Betrug“ kann auch deswegen nicht dingfest gemacht werden, weil hier kein Gesetz, erst recht kein Strafgesetz gebrochen wurde, sondern nur von der Umsetzung einer „Richtlinie“ abgewichen wurde. Nicht mal ein „Geschädigter“ ist so recht zu finden. Die große Verbrecherstory sieht wahrlich anders aus!

Auf die Idee zu fragen, ob die ganze Abwrackprämie überhaupt sinnvoll und Umwelt und Wirtschaft überhaupt zuträglich sei oder ob nicht viel mehr ihre Umgehung als Akt zivilen Ungehorsams eine zivilgesellschaftlich lobenswerte Tat darstellte, sind die journalistischen Müllsammler vom Kölner Stadtanzeiger erst recht nicht verfallen. Tief gefallen sind sie trotzdem: In den eigenen Müll.

Google Streetview


09 Aug

Kreuzau Fotografiert zu werden ist kein Zustand, über den sich immer noch nur Prominente erregen. Viele Bundesbürger sind verstört über die schwarzen Kameraautos, mit denen die amerikanische Internet-Firma Google zurzeit durch Deutschland fährt. Für den geplanten neuen Internetdienst Google Streetview werden momentan alle Straßen und Hausfassaden Deutschlands fotografiert.  Nicht allen gefällt das. Die Dörfer Kreuzau bei Düren und Molfsee bei Kiel haben jeweils per einstimmigem Gemeinderatsbeschluss gegen die Foto-Aktion von Google gestimmt. Die Bürger fühlen sich besonders in ihrem Sicherheitsgefühl bedroht. Geholfen hat es ihnen trotzdem nicht: Das Fotografieren auf offener Straße ist in Deutschland, mit gutem Grund, nicht verboten. Dennoch können auf nicht unerhebliche Weise Persönlichkeitsrechte durch Google verletzt werden. Doch die deutschen Datenschützer haben wenig Handhabe gegen den Internet-Riesen, denn das deutsche Datenschutzrecht stammt aus den 70er Jahren, und da waren all solche Fragen reine Science-Fiction.

Wer mehr über die Kontroverse erfahren will, kann heute im ARD Ratgeber Bauen & Wohnen einen Beitrag zum Thema sehen (16:30 Uhr).

Google: Streetview-Info

 http://www.streetviewfun.com/

http://www.gstreetsightings.com/

http://www.wdr.de/tv/ardbauen/

Sterbende Medien von ihrem Anfang Aus betrachtet


08 Aug

1864_Schreibmaschine_Peter_Mitterhofer Vor 140 Jahren wurde erstmals ein Brief auf einer Schreibmaschine getippt. Am 8. August 1869 verfasste der Südtiroler Tischler  Peter Mitterhofer ein Schreiben an einen adligen Gönner auf einem selbstkonstruierten Modell – aus Holz! Die Schreibmaschine ist ja eines der hoffnungslos vom Erdboden vertilgten früheren Schreibmedien. Wer mehr über die Anfänge dieses Geräts lesen möchte, kann einen Aufsatz von mir beim Online-Dienst Telepolis studieren:

TP: Der Erfinder der Schreibmaschine

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter