Archive for Dezember, 2009

Antisemitismus im Kölner Stadtanzeiger


18 Dez

Dass der Kölner Stadtanzeiger und in Sonderheit sein Lokalteil ein Revolverblatt ist, dass jemand sein (lokales) Pressemonopol schamlos zum eigenen Vorteil und zur Selbstdarstellung ausnutzt und dass die wirschaftlichen Interessen der verlegenden Familie allemal vor denen der Leser kommen, all das sei dahingestellt. Nicht hinnehmbar aber ist, was am vergangenen Dienstag im „Magazin“ des Kölner Stadtanzeigers in einer lumpigen Fernsehbesprechung gelesen werden musste:

Auf das Alte Testament möchte man wirklich keinen Glauben gründen.

Das „Magazin“ ist in dem Fall wohl das jenes Revolvers, den jedes Revolverblatt sein eigen nennt. Und das lumpige an dem Beitrag ist, dass ihn ein Lump geschrieben hat, und ein antisemitischer dazu. Denn die einzige Religion, die ausschließlich auf dem Alten Testament fußt, ist die jüdische. Und ein Satz wie der zitierte hätte auch (ohne dass ich Vergleiche dieser Art überstrapazieren möchte) dem Völkischen Beobachter zur Unehre gereicht. Was die Vertreter der anderen monotheistischen Religionen dazu sagen, die allesamt ebenfalls auf dem Alten Testament gründen, sei ihnen überlassen. Vom Verleger des Kölner Stadtanzeigers aber wäre eine Entschuldigung und entsprechende personelle Konsequenzen das mindeste. Nicht nur zur Weihnachtszeit.

Wie gefährlich ist Powerpoint?


03 Dez

18411_WI_Coy_Powerpoint_B  “Bullshit Bingo” ist noch eine der höflicheren Formulierungen für das, was Redner, Unidozenten und vor allem Unternehmensberater mit dem Präsentationsprogramm Powerpoint anstellen. Nun haben zwei Wissenschaftler in einem beim Fischer Taschenbuch Verlag veröffentlichten Sammelband zusammengetragen, was dieses Microsoft-Programm mit der Kultur des freien Vortrags angerichtet hat.

Was das sein könnte, hat eine lesenwerte Rezension in der Süddeutschen Zeitung zusammengetragen. Und das ist allerhand:

Es ist ein paar Jahre her, dass sich am Computerprogramm "Powerpoint" aus dem Hause Microsoft eine weltweite kulturkritische Debatte entzündete, die sich bis hin zu Verschwörungstheorien steigerte. Aus Logo, Überschrift und Untertitel, aus meistens in Form von Listen angelegten Halbsätzen, aus Torten- und Stapeldiagrammen, aus "Pros" und "Contras" schien nicht nur eine Präsentationstechnik, sondern eine Bewusstseinsform zu entstehen, die ihre Benutzer dazu zwingt, grob und übertrieben einfach zu denken. "It’s not your presentation. It’s your presentation of a PowerPoint presentation", schrieb der Computerjournalist Doc Searls 1998. Fünf Jahre später, auf dem Höhepunkt der Debatte, schrieb Edward Tufte den Essay "The Cognitive Style of PowerPoint", in dem der Absturz der Raumfähre Columbia im Jahr 2003 wenigstens zum Teil auf eine mangelhafte Powerpoint-Präsentation zurückgeführt wurde …

Wer mehr über die entstandene Differenz von Vortragen und Verweisen, von Reden und Präsentieren erfahren will, kann hier das erwähnte Buch finden:

fischerverlage.de – Fischer Verlage – Powerpoint

Gott schütze uns vor Weihnachtsbüchern


02 Dez

Wenn Gott nur deswegen damals in Betlehem auf die Welt gekommen ist, um uns arme Leser Jahr für Jahr in der Vorweihnachtszeit mit Weihnachtsbüchern zu belästigen, dann hätte er sich dieses Zur-Welt-Kommen ruhig sparen können. Wo sonst die Neuerscheinungen sich stapeln, Klassiker präsentiert werden oder wenigstens schmissige Unterhaltung feilgeboten wird, werden zu Weihnachten auf den Präsentiertischen aller Buchläden debile Titel angeboten wie: “Ach, du lieber Weihnachtsmann”, “Die Simpsons – Wahnwitzige Weihnachten”, “Es ist ein Elch entsprungen”, “Eiskalte Weihnachten” und und und.

Für die ganz Komischen unter den Lesern gibt es dann noch “Das Weihnachtshasserbuch” oder “Der kleine wissenschaftliche Weihnachtsberater” von Hartmut Schickert:

In vierundzwanzig mehr und auch weniger ernsten Kapiteln gibt Hartmut Schickert Einblick in alles Wissens- und Erwähnenswerte aus der Weihnachtszeit. Zum Staunen, Lachen, Wundern, Schmunzeln – um alle Jahre wieder darin zu schmökern.

Oh je! Und dann gibt es auch noch von Axel Hacke das Werk “Alle Jahre schon wieder”. Der Verlag beschreibt es so:

Weihnachten ist einmal im Jahr und kehrt stets im Dezember pünktlich wieder. Man weiß, was auf einen zukommt. Man könnte sich darauf einstellen. Und doch stehen die meisten von uns unverhofft immer wieder vor den gleichen großen Fragen: Soll ich den Christbaum frühzeitig kaufen oder lieber in letzter Sekunde? Welche Folgen kann es haben, ein Weihnachtsgeschenk schon im September zu erwerben? Wo wird Kurti, das Meerschwein, die Zeit nach den Festtagen verbringen, wenn wir verreisen?

Hat sich irgendwer jemals auch nur eine dieser völlig unnötigen, zeitverschwenderischen, dummdreisten Fragen gestellt? Ich nicht. Und keine Antwort auf auch nur eine dieser Fragen erregt mein mindestes Interesse. Möge der Weihnachtsmann seinen Sack zulassen, ehe er mich mit solchen Weihnachtsbüchern belästigt!

Axel Hacke beim Kunstmann-Verlag

Zeitungskrise


01 Dez

Ohje, schon wieder so eine schlechte Nachricht aus dem Blätterwald:

Die Zeitungskrise, die auf dem Kontinent und in Großbritannien immer mehr zu spüren ist, hat eine der ältesten englischen Wirtschaftszeitschriften erfaßt. Das Blatt — „The Statist" — mußte auf Wunsch seines Eigentümers, Cecil King, sein Erscheinen einstellen. Mit einer Auflage von wöchentlich 20 000 Exemplaren konnte diese Zeitschrift mit dem „Economist", der eine viermal so hohe Auflage hat, nicht mehr konkurrieren. Rentabilitätsschwierigkeiten haben auch die Börsenzeitschriften „Stock Exchange Gazette" und „Investors‘ Chronicle" gezwungen, Fusionsverhandlungen zu eröffnen.

Ah ja, ich sollte vielleicht noch anmerken: Diese Meldung stammt aus dem Jahr 1967. Ein Sprichwort sagt: Des Kaufmanns Gruß ist die Klage. Das gilt wohl auch für Zeitungsleute.

Wirtschaftspresse: Amerikaner in Paris | Wirtschaft | ZEIT ONLINE

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter