Archive for Februar, 2010

Internet: das Ende der Rechtschreibung?


26 Feb

Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten, heißt es. Das Word Wide Web enthält nicht Rechtschreibfehler, sondern es ist ein einziger großer Rechtschreibfehler. Erst denken, dann schreiben – das ist offenkundig keine Tugend, die für die Blogger, Onlineschreiber und Web-2.0-Enthusiasten gilt. Das Internetportal bildungsklick.de hatte schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen,  dass der Wissenspool par excellence nach stichprobenhafter Untersuchung so viele Rechtschreibfehler enthalte, dass hochgerechnet mehr als eine Million Fehler sich finden lassen müssten. In einem Forum fand sich diese kuriose Sammlung von Vertippern:

– dänisches Hefegepäck
– "ahnend für sich" (statt an und für sich)
– Lohpudelei
– Flüge soooo günstig??? Wo ist der Hacken…?
– Pondon statt Pendant
– "Sie ziehen Kinder groß, pflegen teilweise sogar den Menschen, der sie einst gequellt hat."
– Der uneinsichtige Garten ist wunderbar!
– Hauchdünn geeiste pasteurisierte Pastae an Pastis-Spiegel
– "ich dachte mir anstatt das Schweinefilet nehme ich das Hirsch "(Man sollte nicht nur dem Dativ, sondern auch das Akkusativ retten …. )
– "Kann Jemand ein Typ geben,ob man …"
– Kann ich aus einen Tafepitzrest etwas lechers Thai zubern ???

www.myjmk.com :: View topic – Zeitung kaputt – Internet das Ende der Rechtschreibung?

Der FOCUS von Milo


26 Feb

focusMilo Ein Bild sagt mehr als tausend Worte? Das merkt gerade das Magazin Focus auf ganz eigene Weise. Die Worte, die ihm aufgrund seines dieswöchigen Titelbilds zurückschallen, sind allerdings auch nicht auf 1000 Worte limitiert und darüberhinaus auf griechisch und nicht sehr freundlich gestimmt, wie die taz zu berichten weiß:

In Griechenland hat ein Einzelhandelsverband am Freitag zu einem Boykott deutscher Waren aufgerufen. Der Protest richtet sich gegen ein Titelbild des Magazins "Focus", das die Venus von Milo mit einem ausgestreckten Mittelfinger neben dem Schriftzug "Betrüger in der Euro-Familie" zeigt. "Wir fordern die deutsche Regierung auf, diese äußerst unangebrachte Publikation zu verurteilen", sagte der Präsident des griechischen Verbraucherinstituts, Giorgos Lakouritis. "Die Griechen sind keine Betrüger."

FOCUS Online – Nachrichten

Bunte: Investitionen statt Investigativem


26 Feb

Bunte Was ist die Bunte überhaupt für ein Blatt: Tittenblatt ohne Titten? Dreckschleuder im Hochglanzbereich? Nullnummer mit Low Fidelity? Schon bislang hat ein anständiger Leser (d.h. ein Leser mit Anstand) dieses Blatt geflissentlich ignoriert. Jetzt aber hat dieser Tiefstapler im journalistischen Niveaugebiet auch die eigenen Standards Bambi-verdächtig unterboten. Was der Verleger Hubert Burda für investigativen Journalismus hält, hat jüngst der Stern aufgedeckt:

Die Methoden, die CMK einsetzte, gleichen denen von Privatermittlern: Bei der Aktion wurde etwa der Briefkasten von Michelle Schumann manipuliert. Nach Angaben der CMK-Insider sollte außerdem die Fußmatte von SPD-Politiker Müntefering mit einem Melder präpariert werden. Insider-Aussagen legen den Verdacht nahe, dass auf der gegenüberliegenden Seite der Wilhelmstraße zudem eine Observationswohnung angemietet wurde. Einmal wurde Michelle Schumann sogar auf der stundenlangen Zugfahrt von Berlin nach Bochum verfolgt: „Im Zug saß ich eine Reihe hinter ihr“, gibt ein CMK-Aussteiger an.

Was ist das eigentlich für ein Verständnis von „investigativem Journalismus“, das die Fa. Burda hier an den Tag legt? Dass die Ermittlung von Bikinistreifen im Intimbereich zur Wahrnehmung des journalistischen Wächteramts dringlich dazugehört, glaubt wohl außer der Bunte-Redaktion niemand. Sich dabei auf den „Ehrenkodex“ des Deutschen Presserats zu berufen, setzt der Ehrlosigkeit nur die Krone auf:

Die „Bunte“ reagierte mit einer schriftlichen Stellungnahme auf Münteferings Kritik: „Es gibt bereits seit vielen Jahren einen Ehrenkodex, der vom Deutschen Presserat erarbeitet wurde.“ Selbstverständlich halte man sich daran. Spitzenpolitiker hätten aber Vorbildfunktion, ihr Privatleben sei daher für die Öffentlichkeit von Bedeutung. „Investigativer Journalismus ist selbstverständlicher Bestandteil der Pressefreiheit.“

Artikel 1 des erwähnten Ehrenkodex verpflichtet Journalisten zur Wahrung der Menschenwürde. Davon scheint die Bunte weit entfernt. Im übrigen haben Spitzenpolitiker auch keine „Vorbildfunktion“ , sondern einen Job. Den sollen sie gut machen und sich dabei vom Journalismus auf die Finger gucken lassen. Von den Geschlechtsteilen kann dabei keine Rede sein, das ist die fatalste Verwechslung, der das Haus Burda unterliegt. Und wenn man sich tatsächlich, wie eine Stellungnahme auf der Website nahelegt, nichts vorzuwerfen hat, warum mussten dann zwei Mitarbeiter den Hut nehmen?

BUNTE hat den Inhaber der Berliner Presse- und Fotoagentur, Stefan Kießling, zu den im Stern erhobenen Vorwürfen um Auskunft gebeten. Stefan Kießling hat der BUNTE-Chefredaktion versichert, dass seine Agentur die im Stern gemutmaßten unlauteren Recherchemethoden nicht angewendet hat. Ferner erklärte er, dass er sich von zwei ehemaligen Mitarbeitern, auf die sich der Stern als Informanten beruft, im April 2009 im Streit getrennt habe.

Soviel Selbstwiderspruch gelingt wohl nur einer Redaktion, die sich vom gesunden Menschenverstand so weit entfernt hat, wie die Bunte. Uns anderen bleibt der Widerspruch und auch künftig die Maxime, die Bunte geflissentlich zu ignorieren.

stern-Enthüllung: Müntefering und Lafontaine – verfolgt und ausgespäht – Politik | STERN.DE

Vorabend-Fernsehen


24 Feb

Lautäußerungen beim Fernsehkonsum sind ja nicht ungewöhnlich. Der Student Lukas Domnick hat ein Vorabend vor der Flimmerkiste sogar zum Singen gebracht. Hier sein Lied:

Ein Interview mit dem Interpreten findet sich bei

http://www.dwdl.de/story/24850/youtubefundstck_die_beste_tvkritik_in_balladenform/

"IM" Brender


23 Feb

Brender Dieser Nikolaus Brender! Sein Stalin-mäßiger Schnurrbart hat ihn bei den Verkennern der politischen Szene ja immer schon verdächtig gemacht. Aber das Maß an Nestbeschmutzung, das er sich in der jüngsten Ausgabe des Spiegel geleistet hat, nur weil er auf die schnödeste und politisch zweifelhafteste Art seinen Job als Chefredakteur beim Zweiten Deutschen Fernsehen verloren hat, ist dann doch ohnegleichen. Findet jedenfalls das Hamburger Abendblatt:

Nun hat aber auch ZDF-Intendant Markus Schächter Brenders Äußerungen als „in der Sache falsch und in der Form maßlos und inakzeptabel“ bezeichnet. Die ZDF-Redaktionen seien „unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Einflüsterungen“. Wer etwas anderes behaupte, müsse dies belegen und, wenn er wie Brender zehn Jahre in der Verantwortung stehe, abstellen. „Man kann nicht gegen Diffamierungen zu Felde ziehen, indem man seine eigenen Mitstreiter diffamiert.“

Die Tageszeitung Die Welt gar versteht die Welt nicht mehr und vergibt, weil jeder gute Journalismus sich anmaßen darf, auch mal Kopfnüsse und Kopfnoten zu verteilen, Herrn Brender eine glatte „5“:

Für die Umstände seiner Entlassung war dem scheidenden ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender viel Sympathie entgegengeschlagen. Dass er die Parteien jetzt aber beschuldigt, sich in dem Sender „inoffizielle Mitarbeiter, vergleichbar mit den IM der DDR“ zu halten, das macht nur noch ratlos.

Nun wäre es natürlich ein Leichtes, Brenders Entrüstungssturm den Wind aus den Segeln zu blasen, indem einer der führenden deutschen Parteipolitiker hergeht und ihm klar und deutlich widerspricht. Hat jemand sie vernommen? Nein. Darum kann die F.A.Z. auch hinterfragen, ob nicht — horribile dictu — Nikolaus Brender mit seinen Vorwürfen womöglich recht hat:

Ohne die Zuträger aus dem Sender, auf die Brender anspielt, funktioniert das System selbstverständlich nicht. Dass es funktioniert, hat die im Laufe der Debatte unter anderem von Roland Koch vorgetragene Kritik an Brender gezeigt, an dessen vermeintlichen persönlichen Schwächen im Umgang mit Mitarbeitern wie an angeblichen Misserfolgen im Programm. Das war zwar alles sehr durchsichtig und inhaltlich dürftig, aber erkennbar mit Senderinterna unterfüttert. Etwas anderes wäre auch überraschend, schließlich müssen sich diejenigen, die auf Parteischienen nach oben gleiten, ja irgendwie revanchieren.

ZDF: Mit dem Zweiten spitzelt es sich eben besser.

Spitzelvorwürfe beim ZDF – Schächter tadelt Brender: „Falsch, maßlos, inakzeptabel“ – Kultur & Live – Hamburger Abendblatt

Drehbuchautor über öffentlich-rechtliche Gepflogenheiten


22 Feb

Felix Huby, einer der bekanntesten deutschen Fernseh-Drehbuchautoren, äußerte sich im Kölner Stadtanzeiger über den Umgang öffentlich-rechtlicher Sender mit ihren Autoren.

Als ich 1981 für die Bavaria meinen ersten Schimanski-„Tatort“ geschrieben habe, tauchte der Produzent plötzlich als Koautor auf. Die Bavaria zahlte ihren Mitarbeitern damals nicht viel, erlaubte ihnen aber, als Autoren zu arbeiten. Der Mann hat auf diese Weise sein Gehalt aufgebessert.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird aus Gebühren, sprich: öffentlichen Geldern, finanziert. Das hindert aber einige festangestellte Redakteure nicht daran, sich ausgesprochen privatwirtschaftlich zu verhalten.

Wenn es um viel Geld geht, gibt es immer große Begehrlichkeiten. Oft kann man sich nicht erklären, warum ein Buch plötzlich abgelehnt wird, obwohl es laut Redakteur „auf einem guten Weg“ war. Ich habe das beim Pilotbuch für „Rosa Roth“ erlebt. Nach diversen Fassungen hieß es, da muss ein Skript-Doktor ran, und der war dann plötzlich der Autor. Die Figuren, die Geschichte: Alles war von mir. Dennoch hieß es lediglich „Nach einer Idee von . . . “ Später verkündete Iris Berben, eigentlich sei das Ganze von ihr.

Und die Zukunft? Sieht laut Huby auch nicht rosig aus:

Durch die hervorragende Ausbildung an den Film- und Fernsehhochschulen kommen immer mehr gute Autoren nach, für die es nicht genügend Sendeplätze gibt. Und natürlich wollen sie nicht in den ausgefahrenen Gleisen arbeiten. Aber das Außergewöhnliche, das Unerwartete wird viel zu selten versucht. Im Alter neigt man ja ohnehin zu Nostalgie, aber das war früher anders. Männer wie Günther Rohrbach oder Gunther Witte waren noch Vollblutredakteure. Heute sitzt man oft coolen Beamtentypen gegenüber . . .

Höhere Mathematik im Kölner Stadt-Anzeiger


22 Feb

Beim Kölner Stadtanzeiger ist es schon höhere Mathematik, wenn eine Rechnung sich in luftiger Höhe aufmachen lässt. Oder wie ist folgende Meldung zu verstehen?

Mindestens sieben Menschen sind am Wochenende in den Alpen von Lawinen verschüttet und getötet worden – darunter auch zwei Deutsche. Die beiden Deutschen waren mit sieben anderen Skitourenfahrern am Tomülpass im Schweizer Kanton Graubünden unterwegs. Die Gruppe löste auf einer Höhe von 2400 Metern ein rund 100 Meter breites Schneebrett aus. Alle neun wurden verschüttet. Sechs konnten sich selbst befreien und Alarm auslösen.

Also: Sieben Menschen sind „verschüttet und getötet“ worden. Und zwar aus einer Gruppe von neun Alpinisten (darunter zwei Deutsche), von denen sich sechs selbst befreien konnten. Alles klar?

Schlagzeilen – Nachrichten – Kölner Stadt-Anzeiger

RTL 2: Tierische Promis


22 Feb

Die Riege der Z-Promis hat beim unnötigsten aller Fernsehsender, nämlich RTL2, ein neues Betätigungsfeld gefunden: Nach einem Bericht der Bild am Sonntag sollen Menschen mit Namen wie Ross Anthony oder Nico Schwanz, die schon onomatopoetisch dem Animalischen sehr nahe stehen, mit Wildtieren wie Bären, Elefanten oder Affen zusammenleben.

Programmdirektor Holger Andersen (40) zu BILD am SONNTAG: „Die Prominenten werden paarweise zwischen drei und vier Tage bei den Tieren leben und versuchen, sich in die Gruppe zu integrieren. Dabei werden sie auch das Futter der Tiere bekommen.“

Nach der Ankündigung einer Art Super-Sex-Nanny-Doku-Soap namens „Sextalk mit Mama & Papa“ ist dies ein weiterer Tiefschlag fürs Niveau des deutschen Fernsehens. Wie besingen es die Kölner Wise Guys so richtig: „Das Leben ist zu kurz für RTL 2“ …

RTL 2 plant Dschungel-Big-Brother: Prominente sollen mit Wildtieren zusammen leben – Unterhaltung – Bild.de

Amok wirklich wegen schlechter Noten?


19 Feb

Ach, was muss man oft in schlechten Zeitungen hören oder lesen! Zum Beispiel das hier:

Lehrer wegen schlechter Noten erstochen (Stuttgarter Zeitung)

Ex-Schüler ersticht Lehrer wegen schlechter Noten (Spiegel Online)

Ex-Schüler (23) ersticht Lehrer (58) wegen schlechter Noten (Bild.de)

Wegen schlechten Noten: Ex-Schüler ersticht Lehrer (Tages-Anzeiger Online)

Wirklich? Ist es eine plausible Annahme, dass schlechte Noten ein Grund dafür sind, seine Lehrer zu erstechen? Wäre dem so, dann müssten die Straßen der Republik gepflastert sein mit den Grabsteinen unserer Lehrer. Auch ich habe mich vielleicht in meiner Schullaufbahn das ein oder andere Mal über Notengebungen geärgert. Aber ich habe (und das beschwöre ich) niemals einen meiner Lehrer deswegen erstochen oder sonstwie um die Ecke gebracht. Ist es nicht vielmehr so, dass eine zunehmende Brutalisierung des Alltags, dass Killerspiele am Computer und Kriegs- und Gewaltfilme in Kino und Fernsehen die Hemmschwelle von psychisch labilen Zeitgenossen, insbesondere Jugendlichen, so weit herab gesetzt haben, dass die Tötung eines anderen Menschen zu den jederzeit denkbaren Handlungsoptionen gehört? Das wären, wenn man denn Ursachenforschung betreiben wollte, echte Kausalitäten. Aber darüber schreiben Medien natürlich nicht so gern. Denn das hat mit ihnen selbst zu tun.

Stuttgarter Zeitung: Lehrer wegen schlechter Noten erstochen

Chef der Berlinale besitzt keinen PC


19 Feb

Die Eintrittskarten für die Berlinale, das deutsche Filmfestival von Weltrang, verkaufen sich wie warme Semmeln. Und das in einer Zeit, in der die Musikindustrie vor dem Ruin steht, der DVD-Verkauf stagniert und die Fernsehveranstalter sich immer neue Maschen einfallen lassen müssen, um überhaupt noch Zuschauer vor die Flimmerkiste zu bekommen. Auch das Medienhandbuch findet das bemerkenswert, liefert aber eine interessante Theorie:

All das ist erstaunlich, und es verlangt nach einer Erklärung. Bitte sehr: Dieter Kosslick, seit 2002 Chef der Berlinale, besitzt keinen PC. Das soll eine Erklärung sein? Sie ist es. »In dem großen Informationsüberflutungswahnsinn sind Festivals dazu da zu sortieren. Wir setzen dem Datenmüll etwas entgegen.« MyFace kann DeinSpace bleiben. Während du dir ein Weltbild via Google zusammenflickst, schau ich mir das pralle Leben an. Im Kino.

Gastkommentar: Der Chef der Berlinale besitzt keinen PC | medienhandbuch.de

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter