Journalismus und Käuflichkeit, das ist nicht erst seit den Invektiven Kraus’scher Provenienz ein Dauerthema. Aber auch im Krisengebiet journalistischer Selbstverschleuderung sind immer wieder Überraschungen zu erleben. So überwältigt einen das Zeitmagazin, die hirnlose Anhangdrüse der auf ihre Seriosität bedachten Wochenzeitung Die Zeit, schon auf ihrem aktuellen Titelblatt mit einem Doppelausverkauf, der einem die Spucke frommer Denkungsart raubt. In einer nur mit höchster Chuzpe zu bewerkstelligenden Doppelvermarktungsstrategie wird gleichzeitig für einen Hollywood-Puppenfilm und für aktuelle Gutbetuchten-Uhrenmode Werbung gemacht.
Im besten Film des Frühjahrs für Kinder und Erwachsene, „Der fantastische Mr. Fox“, spielen Puppen die Hauptrolle – auch in diesem Uhren- und Schmuckheft.
Schon wenn Journalisten den Superlativ auspacken, ist äußerste Vorsicht geboten, denn es ist der sichere Hinweis darauf, dass hier Geld geflossen ist. Der Urheber dieser Überbewertung, Zeit-Autor Jürgen von Rutenberg, fällt sonst nicht weiter durch Filmkritiken auf, die ihn befleissigen würden, solche Urteile zu fällen: Zumal Anfang Mai, wenn das Frühjahr noch gar nicht recht begonnen hat (das mag natürlich in Los Angeles ganz anders aussehen, das Frühjahr meine ich). Dass die folgenden Bildstrecken (Puppen, die absurde Zusammenstellungen von Uhren und Schmuck zur Schau stellen) das nicht weiter verhohlene Ambiente für Anzeigenkunden vom Schlage TagHeuer, Chronoswiss oder Breitling darstellen und dass es kaum ein Zufall sein wird, wenn eine der Puppen-Uhren-Collagen exakt das Modell präsentiert, mit dem auf der Rückseite des Magazins ganzseitig die Fa. Rolex wirbt, treibt offenbar den Zeitmagazin-Redakteuren die Schamesröte nicht ins Gesicht. Und wenn doch, wird diese leidvolle Erfahrung durch das ein oder andere zeitmäßige Präsent der Uhrenindustrie vermutlich wieder ausgeglichen. Schon schade, wie sehr der sogenannte Qualitätsjournalismus vor die Hunde kommen kann.
Gespräch mit Wes Anderson: Der fantastische Mr. Anderson | Lebensart | ZEIT ONLINE