Archive for Mai 30th, 2011

Europäisches Journalismus-Observatorium: Journalisten mogeln im WWW


30 Mai

Das Europäische Journalisten-Observatorium (EJO) hat sich in einer international-vergleichenden Studie mit der Frage beschäftigt, wie europäische Medien ihr Publikum online an redaktionellen Prozessen teilhaben lassen. Tatsächlich haben Redaktionen mittlerweile einige Transparenz-Instrumente eingeführt:

Jedoch überwiegen Instrumente, die schnell zu installieren und ohne großen Betreuungsaufwand zu pflegen sind – Kommentarfunktionen und Links zu sozialen Netzwerken werden inzwischen von fast allen untersuchten Medien angeboten, ebenso stellen sich die Redaktionsmitglieder mit Foto vor. Instrumente, die den Redaktionen mehr Engagement und insbesondere einen echten Dialog mit dem Publikum abverlangen, sind jedoch Mangelware – nur selten leisten sich europäische Medien Ombudsleute, Leserbeiräte oder installieren gar einen „Button“, so dass Nutzer per Mausklick Fehler in journalistischen Texten markieren können. Fazit: Viele europäische Medien setzen offenbar vor allem aus Marketing-Gründen Transparenz-Instrumente ein, die dem Publikum eher die Illusion von Teilhabe an journalistischen Prozessen geben denn tatsächlich Dialog ermöglichen.

 

Den überaus beliebten “Daumen hoch” von Facebook lässt sich praktisch keine Redaktion entgehen: Das Transparenzwerkzeug wird hier, so ist zu vermuten, als Marketing-Werkzeug zur billigen crossmedialen Werbung missbraucht. Aufwändigere Maßnahmen wie einen Ombudsmann oder einen, arbeitsintensiven, Redaktionsblog leisten sich dagegen nur wenige Medienhäuser. Einen Leserbeirat haben in ganz Europa gar nur zwei Redaktionen: Der öffentlich-rechtliche Sender RTÈ aus Irland und die deutsche Bildzeitung: Deren “Leserbeirat” scheint allerdings auch eher ein wohlfeiles Werbeorgan zu sein.

Deutlich wird auch, dass insbesondere jene Transparenzinstrumente genutzt werden, die eher kostengünstig und ohne großen Betreuungsaufwand installiert werden können – aufwändigere Angebote etablieren die untersuchten Medien nur vereinzelt.

Außerdem fehlen den Forschern vom EJO Webcasts von Redaktionssitzungen, Crowdsourcing, sprich: Einbindung von Lesern bei der Recherche sowie die Publikation eines redaktionellen Ethik-Kodexes. Das Europäische Journalismus-Observatorium ist ein Medienforschungsinstitut an der Universität der italienischen Schweiz im Tessin. Das EJO beobachtet Trends im Journalismus und in der Medienbranche und vergleicht Journalismus-Kulturen in Europa und den USA.

Mogelpackung im WWW? « EJO – European Journalism Observatory

Wenn gute Nachrichten schlechte werden


30 Mai

Manchmal sind auch gute Nachrichten eben schlechte (oder: schlecht geschriebene). Zum Beispiel diese Meldung in der Süddeutschen Zeitung:

Deutsche rauchen immer weniger Zigaretten

Was das eigentlich bedeuten soll, kann auch dieser neuerliche Fall von Immermehrismus nicht sagen: Wenn die Deutschen wirklich „immer“ weniger rauchen, werden sie dann irgendwann zu Minus-Rauchern? Oder heißt „immer weniger“ soviel wie „manchmal mehr“ oder „selten alles“? Wir werden es nie erfahren.

P.S.: Ich weiß, „eigentlich“ soll man ja eigentlich auch nicht schreiben. Adorno, „Jargon der Eigentlichkeit“ und so …

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter