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Libyen: Wer nicht auf Krieg setzt, kann keinen Frieden machen?


14 Jun

Wer nicht auf Krieg setze, der könne auch keinen Frieden machen. Der Eindruck drängt sich auf, wenn man die Kommentare der deutschen Presse zum Besuch des deutschen Außenministers Guido Westerwelle in Libyen liest. die Nordwest-Zeitung schreibt:

„Nur zu gut ist in Erinnerung, dass es der deutsche Außenminister war, der sich durch Enthaltung im Weltsicherheitsrat ins Abseits stellte und damit Gaddafis Position stärkte. Was weder in der Heimat, noch in Nordafrika sein Ansehen mehrte. Nach Libyen fährt die deutsche Politik derzeit nur auf dem Trittbrett mit.“

Si vis pacem, para bellum? Wenn Du den Frieden willst, rüste zum Krieg? Wer Kriegseinsätzen vorm Völkertribunal nicht zustimmt, unterstützt automatisch Diktatoren? Eine verquere Logik. Und so verquer wie die Logik ist auch der Satzbau: Wessen Ansehen wurde denn nun in Nordafrika geschmälert: Das von Gaddafi oder das von Westerwelle? Oder sind die beiden für die Nordwest-Presse schon eins? Qui vis pacem, prepara linguam – Wenn Du Frieden willst, kümmere Dich erstmal um Deine Sprache!

Auch die Neue Osnabrücker Zeitung bläst ins gleiche Horn:

„Was für ein Pathos, was für ein Hohn. ‚Wir sind nicht neutral, sondern wir stehen an der Seite der Demokratie und der Freiheit‘, tönt Außenminister Westerwelle in Libyens Widerstandshochburg Bengasi. Das klingt so, als hätte Westerwelle persönlich die Stadt vor Wochen vor den Truppen von Diktator Gaddafi gerettet (…). Richtig ist aber, dass seine Gesprächspartner heute tot oder in einem Foltergefängnis sitzen würden, hätte die Welt vor dem Morden weggeschaut, wie es die Bundesregierung getan hat.“

Eine Politik, der nichts anderes einfällt, als Diplomatie durch Militärschläge zu ersetzen, bringt also direktemang Gesprächspartner ins Foltergefängnis! Und wer nicht prompt bombt, der ist sofort ein „Wegschauer“! Da schlägt man doch direkt die Hacken zusammen, wenn die deutsche Presse salutiert. Auch die Saarbrücker Zeitung

In der Stippvisite wird auch das Berliner Bestreben deutlich, wieder politischen Anschluss zu finden nach dem Desaster bei der Libyen-Abstimmung im Weltsicherheitsrat. Immerhin. Aus dem Schneider ist der Minister des Äußeren aber noch lange nicht. Westerwelle hat keinen Plan, er wird nirgendwo so recht ernst genommen.

Dass der deutsche Außenminister nirgendwo so recht ernst genommen würde, mag seine Richtigkeit haben. Aber es hat womöglich andere Gründe. Einem Kriegseinsatz nicht sofort zuzustimmen, muss dagegen kein Desaster sein. Andere Länder mit Bombenteppichen zu überziehen und in sie einzumarschieren, kann allerdings zum Desaster werden. Und nicht nur zum militärischen, sondern auch zum politischen und vor allem zum moralischen. Diese Lehre kann aus dem Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten in den Irak gezogen werden. Ob Bundesaußenminister Westerwelle tatsächlich gerade diese Lehre verstanden hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber dass die Kommentatoren der deutschen Tagespresse etwas nicht richtig kapiert haben, scheint mir auf der Hand zu liegen.

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter