Archive for November, 2011

Aus für "Super Nanny":Katharina Saalfrank macht Schluss mit RTL


26 Nov

Die Protagonistin der umstrittenen RTL-Sendung “Super-Nanny” will nicht mehr. Wie Spiegel Online berichtet, wirft Katharina Saalfrank dem Privatsender vor, in ihre pädagogische Arbeit eingegriffen und das Format in Richtung “scripted reality” entwickelt zu haben:

"In meine Arbeit als Fachkraft in diesem Format wurde extrem … und teilweise sogar gegen pädagogische Interessen eingegriffen." Dies sei sicher der "Entwicklung des medialen Markts" hin zu "gescripteter", also inszenierter Realität geschuldet. Das komme für sie nicht mehr in Frage.

RTL: "Super Nanny" Katharina Saalfrank wirft hin – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Kultur

Fränkischer Tag: Zeigt her Eure Namen


23 Nov

Manche Kommentare sind so beschämend, da möchte man seinen guten Namen vielleicht wirklich nicht drunter stehen haben. Der Fränkische Tag kommt offenbar dem Wunsch seiner Kommentatoren neuerdings entgegen und verzichtet auf weitere Namensnennung:

Ausschnitt FT vom 23.11.2011

Vielleicht ein Vorbild auch für andere Rubriken und Darstellungsformen, vielleicht auch ein Beispiel für den Titel der Zeitung selbst!?

Fränkischer Tag: CSU gleicht Islamisten


22 Nov

Wie soll man auch Weltpolitik beurteilen, wenn man selbst aus einem Landstrich stammt, der sich als okkupiert und unterdrückt ansehen darf? Die Franken sind ja ihrem Selbstverständnis nach die Palästinenser Bayerns. Also interpretiert man auch die Ereignisse in rund um die Arabellion auf eine unorthodoxe Weise, gerade wenn es um die Orthodoxie hierzulande und anderswo geht. So schreibt eine Redakteurin mit dem bezeichnenden Namen Natalie Schalk im Leitorgan oberfränkischer Unabhängigkeit, dem Fränkischen Tag:

Die Tunesier haben zum Missfallen vieler westlicher Demokraten islamische Kräfte gewählt. Aber so ist’s halt in der Demokratie: Die Stimme des Volkes zählt, und schließlich missfällt’s auch vielen Atheisten, dass die Mehrheit der Bayern immer christlich-sozial wählt.

Der Vergleich hinkt so sehr, dass selbst eine doppelseitige Amputation das Bild nicht mehr geraderücken kann. Aber von allen rätselhaften Aspekten dieses Kommentars abgesehen — zum Beispiel der Frage, warum es nur Atheisten missfallen soll, wenn die CSU Mehrheiten erringt, oder der Frage, warum die CSU als Ausdruck katholischer oder gar allgemein christlicher Meinungsbildung missverstanden wird — ist auch der sachliche Gehalt zweifelhaft: Denn bei den letzten Landtagswahlen in Bayern hat die CSU nur noch 43,4% der Stimmen errungen und hat auch im bayerischen Landtag keine eigene Mehrheit mehr. Aber vielleicht sind diese Feinheiten der Wahlstatistik nicht mehr von München bis in den äußersten Norden des Freistaats, nach Bamberg, gelangt. Natalie Schalk jedenfalls ist wie keine Zweite prädestiniert für Meinungsbildungsfragen im agrikulturell geprägten Bundesland: Sie schreibt sonst Fachbücher zur Gartenpflege …

Neonazis: Süddeutsche ohne Phantasie


17 Nov

Der Neonazi-Terror und die Mordserie an türkischen Imbissbudenbesitzern erschüttert das Land und auch die Medienlandschaft. Die Süddeutsche Zeitung hat in ihrer gestrigen Ausgabe (16.11.2011) eine ganze Seite dem rechten Terror und seinen Hintergründen gewidmet. In einem FAQ-Artikel über Wissen und Spekulationen der Ermittlungsbehörden schreibt Hans Leyendecker:

Dass ein braunes Killerkommando unterwegs war und Menschen aus purem Fremdenhass tötete, überstieg auch die Phantasie der ausgekochtesten Spezialisten.

Warum eigentlich? Mindestens neuen in der Regel türkisch-stämmige Menschen werden ermordet, und die Phantasie reicht nicht aus, auf die Überlegung zu kommen, ob es sich um fremdenfeindliche Motive handeln könnte? Wozu braucht es dazu überhaupt Phantasie? Im Gegenteil, der Schluss auf mögliche Verstrickungen der Neonazi-Szene liegt doch so nahe, dass man schon fast bösen Willen annehmen muss, um diese Möglichkeit von vornherein auszublenden. Darauf deuten auch die „Ermittlungspannen“ hin, deren Pannencharakter (sprich: Unabsichtlickeit) sich nun erst noch erweisen muss. Wie z.B. der Umstand, dass die Redaktion des Kölner Stadtanzeigers bereits im Jahr 2005 darauf hingewiesen hat, dass die Phantombilder der Täter von Köln-Mülheim und Nürnberg sich auffällig ähnlich sehen. Man braucht schon Phantasie, um nicht an neonazistische Verstrickungen zu glauben — womöglich auch in den Reihen der Ermittlungsbehörden.

Nachtrag 17.11.2011, 17:15 Uhr:
In der Süddeutschen Zeitung des heutigen Tages geht es in der Reportage auf Seite 3 um eben jene Keupstraße im Kölner Stadtteil Mülheim, die Schauplatz des Anschlags von 2004 war. Autor Bernd Dörries berichtet darin u.a. vom Besuch des Istanbuler Bürgermeisters Kadir Topbas in der Straße, die auch „Klein-Istanbul“ genannt wird. sein Besuch galt eigentlich dem 50. Jahrestag des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens, das gefeiert werden sollte:

So war das geplant. Dann wurde klar, dass es in diesem Land rechte Mörder gibt.

Die Süddeutsche Zeitung gibt sich ersichtlich Mühe, Licht in diese verworrene Geschichte des rechten Terrors zu bringen. Und doch wird auch in der Süddeutschen deutlich, wie schnell in diesem Zusammenhang so katastrophal missverständliche Sätze fallen. Es ist nun wirklich nicht seit letzter Woche klar, dass es „in diesem Land rechte Mörder gibt“: Deutschland ist das Land der rechten Mörder und wird ihretwegen unwiederbringlich in die Geschichte des Bösen eingehen. Klar wird etwas ganz anderes: Die rechten Mörder waren nie weg. Und das ist noch viel bedenklicher.

Deutsche Sprache scheitert an Berlusconi


14 Nov

Der italienische Ministerpräsident ist am Wochenende vom Amt zurückgetreten. Der Kölner Stadtanzeiger berichtet über die Freudenfeiern in der römischen Innenstadt. Da heißt es:

Dann bricht der Römer Studentin die Stimme.

Vielleicht der „römischen Studentin“, vielleicht der „Studentin aus Rom“, womöglich sogar der „Rom-Studentin“: Aber bestimmt nicht der „Römer Studentin“. Und es bleibt zu hoffen, dass sie sich bei ihrer Brechung nichts gebrochen hat.

Karneval im Fernsehen nicht mehr ganz echt


11 Nov

Eröffnung der Karnevals-Session am 11.11.2011 auf dem Kölner Altermarkt. Und das Fernsehen des WDR ist live dabei. Doch wie live ist eigentlich live? Wie echt ist Karneval im Fernsehen und auf den Bühnen? Um kurz vor Elf spielt die Erfolgsband „Höhner“. Aber ob sie wirklich spielen, ist fraglich, wenn man sich das Fernsehbild genau ansieht:

Die Bühne steht so voll mit Musikern und anderem Volk, dass man auf den ersten Blick gar nicht sieht, wer da alles zur Band gehört. Aber bei genauerem Hinsehen stellt man doch fest, dass einige Musikerpositionen doppelt besetzt sind, insbesondere das Schlagzeug:

Eine Live-Übertragung im Fernsehen sagt eben noch lange nichts darüber aus, ob alles wirklich „live“ ist. Gerade die „Höhner“ sind in Kölner Musikerkreisen bekannt dafür, bei ihren zahlreichen Sitzungsauftritten gerne mal Playback bzw. Halbplayback einzusetzen statt wirklich live zu musizieren, wie gut unterrichtete Kreise zu berichten wissen. Dass einzelne Instrumente gedoppelt werden, ist nur eine Möglichkeit, Musiker als Frontleute in Szene zu setzen, während andere die Kernerarbeit machen müssen (die von mir verehrten „Tower of Power“ haben es ebenso gemacht): Höhner-Schlagzeuger Janus Fröhlich hatte ein gesundheitlich äußerst schwieriges Jahr hinter sich, da sei es ihm gegönnt. Dass die so perfekt abgemischte Musik, die da aus dem Fernsehlautsprecher kommt, aber wirklich von den Erst- und Zweitmusikern auf der Kölner gemacht wird, ist nicht ausgemacht. Vielleicht wird auch nur großer Aufwand betrieben, um eine besonders große Illusion zu verbreiten. Denn davon lebt das Fernsehen.

 

 

Zeitungen: Weglassen als Qualitätskriterium


09 Nov

Manchmal zeigt sich die Qualität einer Zeitung – oder eben auch die fehlende – darin, worüber sie nicht berichtet. So ist heute in der Kölnischen Rundschau folgender Artikel zu lesen:

KRundschau 11_2011

Die neue Haltestelle in der Kölner Südstadt kostet also 447.000 Euro mehr. Das ist sicherlich eine Menge Geld und deswegen von öffentlichem Interesse. Noch interessanter ist allerdings, worüber die Kölnische Rundschau nicht berichtet. Im Kölner Stadtanzeiger ist nämlich am gleichen Tag zu lesen:

Nächste Kostenexplosion im Zusammenhang mit der Nord-Süd-Stadtbahn: Der Fahrstuhl am Alter Markt soll nach der Umplanung 2,2 Millionen Euro mehr kosten. Im Gegenzug wird der in ein Gebäude integrierte Lift auch den Rathausplatz bedienen.

Dass also eine Haltestelle 2,2 Mio. Euro mehr kosten soll, hält die Kölnische Rundschau für nicht so berichtenswert wie die Tatsache, dass eine andere Haltestelle 447 Tsd. Euro mehr kosten wird. Schon eigenartig, was für Qualitätskriterien Zeitungen haben können.

Kosten-Explosion bei U-Bahn-Aufzug – Kölner Stadt-Anzeiger

IPhone-App: Für zum Vergessen


09 Nov

Im Bahnhofskiosk türmen sich ja die Zeitschriften, die sich mit IPhones, IPads und den dazugehörigen Apps beschäftigen. Offensichtlich lässt sich mit dem Thema kräftig Werbung verkaufen, sonst würden all diese Magazine, Sondermagazine und Extrahefte zu Sondermagazinen nicht wie pilzförmige Smartphones aus dem Bahnhofsbuchhandlungsboden schießen. Dass es sich bei solcherlei publizistischen Hervorbringungen nur schwerlich um journalistische handelt, fällt vor allem dann auf, wenn die Macher nicht plane Pressemitteilungen nachdrucken, sondern selbst, auf deutsch (!), formulieren müssen. Dies scheint dann doch eine Zumutung zu sein, wenn man sich folgenden Ausschnitt aus einer dieser „Mac/Iphone/IPad-Ich sag dir alles XL“ ansieht:

Ausschnitt aus Iphone-Zeitschrift

„Für zum einfügen“? Wer programmiert nur endlich eine Iphone-App, die uns solche Schnitzer erspart? Das ist doch wirklich für zum Abgewöhnen — mit großem „A“.

Dem Sonntagabends-Talk fehlt die Talktik


07 Nov

Was soll man dem noch hinzufügen?

Er packt es einfach nicht. Politische Themen sind nicht die Sache des Günther Jauch. Schon gar nicht, wenn auch noch Sachwissen und vertiefendes Nachhaken gefragt ist. Doch da auf seinem Sendeplatz am Sonntagabend nun einmal das große politische Rad gedreht werden soll, tappt der Moderator seit acht Wochen mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder in die Themenfalle. So auch am gestrigen Sonntag, als sich der Mann für die leichten und menschelnden Themen mit seiner Runde den "Chaos-Tagen in Athen" widmen wollte: "Wer will die Griechen jetzt noch retten?", lautete die unheilvolle Frage – nun, diese Talkshow ganz sicher nicht.

Die Krise auf dem Talkshow-Königsplatz: Haircut für Jauch – Kultur | STERN.DE

Sterbende Medien: Deutsche Welle beerdigt deutschsprachiges Programm


06 Nov
Bonn_Deutsche_Welle_Studio

Studio der Deutschen Welle/Bonn

Manche Medien beerdigen sich direkt selbst. So ist in einer schlichten Pressemitteilung der Deutschen Welle, des Auslandsrundfunks der Bundesrepublik Deutschland, lapidar zu lesen:

Die Deutsche Welle beendet nach fast 60 Jahren die Ausstrahlung des deutschsprachigen Programms in der bisherigen Form am 30. Oktober 2011 …

Nach Meinung der Wellenleitung ist eine Übertragung des deutschsprachigen Programms über Kurzwelle in alle Welt nicht mehr zur Aufrechterhaltung des Programmauftrags nötig. Dieser Auftrag lautet, wieder gemäß der erwähnten Pressemitteilung:

Vorrangige Aufgabe des deutschen Angebots ist es, Menschen im Ausland mit Interesse an Deutschland und an der deutschen Sprache ein umfassendes Bild des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens im heutigen Deutschland zu vermitteln.

Dies könne multimedial über das Internet und das weiterhin ausgestrahlte deutschsprachige Fernsehprogramm besser erreicht werden als über das “altmodische” Radio. Informationssuchende im Ausland würden sowieso “vorzugsweise Angebote in der jeweiligen Landessprache oder Englisch als Lingua franca” wahrnehmen. Für die Wochenzeitung “Die Zeit” ist dies eine Bankrotterklärung und geradewegs die Aufgabe der deutschen Sprache als Kultursprache:

Rund 6.000 Sprachen werden heutzutage auf der Welt gesprochen. Wenn die Vorhersagen der Linguisten zutreffen, sind in hundert Jahren nur noch 200 bis 600 übrig. Deutsch werde zwar dazugehören, prophezeit der Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant, aber nicht mehr als Kultur- und Hochsprache, sondern als Vernakularsprache. Als Eingeborenenidiom also, das noch von ein paar Millionen Leitkulturdeutschen praktiziert wird. Das liege nicht nur an der demografischen Schrumpfung, sondern an der »kulturellen Mutlosigkeit« der Sprecher, an der »verschwundenen Liebe« zu ihrer Sprache, an der verzagten Schul- und Bildungspolitik. Und an der nahezu unbemerkten, aber folgenschweren Entscheidung, die nun auch der öffentlich-rechtliche Sender Deutsche Welle getroffen hat: German is out.

Man darf allerdings nicht verkennen, dass das Programm der Deutschen Welle in vielen Krisenregionen gerade in den Landessprachen eine wichtige Funktion für die Demokratisierung und im Kampf gegen politische oder ethnische Unterdrückung hat. Das Stichwort hier war “Kriseninterventionsradio”. Und dieses Programm soll auch weiterhin über Kurzwelle ausgestrahlt werden:

Weiterhin auf Kurzwelle zu empfangen ist die DW in Afrika und Teilen Asiens. Zu hören sind hier die Sendungen auf Amharisch, Haussa, Kisuaheli, Englisch, Portugiesisch und Französisch für Afrika, Chinesisch, Dari, Paschtu und Urdu.

Das sind allerdings nur 10 Sprachen, während die Deutsche Welle vor nicht allzu langer Zeit noch über 30 verschiedene landessprachliche Programme ausgestrahlt hat. Hier hat sich schon vor geraumer Zeit der finanzpolitische gegenüber dem medienpolitischen Interesse durchgesetzt. Die Deutsche Welle, die aus Bundesmitteln finanziert wird, wird offensichtlich totgespart.

DW auf Deutsch: Multimedial in die Zukunft | PRESSE | Deutsche Welle | 26.10.2011

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter