Na, geht doch:
(mit Dank an den Bildblog)
Das Schweizer Blatt “Weltwoche” stellt in der aktuellen Ausgabe einen Zusammenhang her zwischen organisierten Raubzügen und der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma. Das Ganze garniert mit einem Foto, auf dem ein kleiner südlich aussehender Junge den Lauf einer Pistole ins Kameraobjektiv hält. Der Zentralrat der deutschen Roma und Sinti hat nun Anzeige gegen die “Weltwoche” erstattet. Die Straftatbestände Volksverhetzung und Beleidigung sieht der Zentralrat hier als gegeben an.
Es sei in diesem Zusammenhang an ein ziemlich genau 10 Jahre zurückliegendes Publikationsereignis in der bundesdeutschen Presse erinnert. Das Kölner Boulevardblatt “Express” hatte damals im Steckbrief-Stil Fotos von Roma-Kindern veröffentlicht und vor diesen angeblichen “Klau-Kids” gewarnt. Die Fotos hatte das Blatt illegalerweise dem internen “Bundeskriminalblatt” des Bundeskriminalamts entnommen. Der Express-Chefredakteur zeigte sich damals uneinsichtig ("wenn durch den Bericht auch nur ein Dutzend Menschen weniger überfallen, ausgeraubt und verletzt worden sind, dann hat sich der Aufwand schon gelohnt”).
Kehrtwende ergab sich damals erst, als Express-Herausgeber Alfred Neven-Dumont einschritt. Pikanterweise engagierte sich seine Ehefrau Hedwig nämlich in gemeinnütziger Weise insbesondere auch für Roma-Kinder. Er wolle "auch im Namen seiner Frau und seines Hauses bei dem Volk der Roma, das wundervolle Menschen hervorgebracht hat, und allen, die sich von der Art der Veröffentlichung getroffen gefühlt haben, sein Bedauern zum Ausdruck bringen", schrieb Neven DuMont damals.
Wie im Kölner Fall ist auch bei der Weltwoche der Abdruck von Fotos von Kindern und Jugendlichen presserechtlich höchst problematisch. Minderjährige stehen nämlich unter dem besonderen Schutz des Gesetzes. Selbst bei berechtigten Vorwürfen oder öffentlichem Interesse dürfen Bilder von Jugendlichen und Kindern in aller Regel nicht veröffentlicht werden, da dies ihrer Resozialisierung im Wege stünde.
Der Zentralrat der Sinti und Roma hebt allerdings mehr auf den politischen Hintergrund der Publikation ab. Wie zu Zeiten des Nationalsozialismus werde der Eindruck von einer "abstammungsbedingten Kriminalität" erweckt. Sinti und Roma wurden von den Nazis als "Zigeuner" diskriminiert, verfolgt und ermordet.
Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter