Die angesehene amerikanische Fachzeitschrift Columbia Journalism Review hat den „schlechtesten Journalismus des Jahres 2014“ gekürt. Die Autoren der CJR weisen darauf hin, dass 2014 ein gutes Jahr für den Journalismus war, in dem viele weittragende Geschichten mit erheblichen politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen veröffentlicht worden sind. Aber daneben gab es auch schwere Ausfälle. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass es sich nur um Beispiele handelt, die die Funktionsweise eines Journalismus darstellen sollen, der in die Hose geht. Darum ist es auch zu verschmerzen, dass es sich ausschließlich um US-amerikanische Exempel handelt. Die entsprechenden heimischen Fälle fallen einem da schnell ein.
Einen Preis für schlechtesten Journalismus hat sich die Zeitschrift Rolling Stone verdient. Sie berichtete über eine Gruppenvergewaltigung an der University of Virginia – eine Story, die sich nach einem Fact-Checking der Washington Post als nicht stichhaltig erwies. Den Preis verdient Rolling Stone laut CJR aber nicht nur, weil grundlegende journalistische Tugenden vernachlässigt wurden, sondern auch, weil die Redaktion in einer Stellungnahme die Schuld allein auf die Autorin zu schieben versuchte und ihre eigenen redaktionellen Pflichten außen vor ließ.
Einen Preis für schlechtesten Journalismus hat sich auch die Redaktion des angesehenen TV-Politmagazins 60minutes des Senders CBS verdient. Sie brachte es fertig, Auslandskorrespondenten nach Liberia zu schicken, um über die Ebolaseuche zu berichten, und diese interviewten ausschließlich andere US-Ausländer und keinen einzigen Einheimischen.
Den Hauptpreis verdiente sich aber CNN-Moderator Don Lemon. Live-Moderationen seien zugegebenermaßen eine hohe Kunst, so die Kritiker, aber Lemons Aufsager seien ein herausragendes Beispiel dafür, wie man seine Worte weise wählen könne – oder eben auch nicht. So fragte er Interviewpartner, ob Malaysia Airlines Flug 370 von einem Schwarzen Loch geschluckt worden sein könnte: „Es klingt absurd, aber ist es absurd?“ Ein anderes Mal verglich er das Prügeln von Kindern mit dem Training von Hunden. Die Rassenunruhen in Ferguson kommentierte er mit dem Satz: „Offenbar liegt der Geruch von Marihuana in der Luft“. Und ein mutmaßliches Vergewaltigungsopfer des Schauspielers Bill Cosby belehrte er: „Es gibt doch Möglichkeiten, Oralsex zu vermeiden, wenn Sie ihn nicht ausüben wollten .. ich meine, Sie hätten doch Ihre Zähne einsetzen können, oder?“
Leider gibt es im deutschsprachigen Raum, wo immerhin an die 2.000 Journalistenpreise existieren, keine vergleichbare Auszeichnung für schlechten Journalismus. Nur das Netzwerk Recherche vergibt die „Verschlossene Auster“ für Informationsverhinderer.