Die Naturwissenschaften gelten gemeinhin als Bereich, der der experimentellen Erkenntnis vor der rein buchbezogenen hermeneutischen den Vorzug gibt. Ein Grund, warum zum Beispiel Doktorarbeiten in naturwissenschaftlichen Fächern regelmäßig viel kürzer sind als in Geisteswissenschaften: „Bücher bilden Gelehrte, Broschüren bilden Menschen“, wie man schon im 18. Jahrhundert sagte. Eine auffällige Kontraindikation ist allerdings der Umstand, dass ausgerechnet in den Naturwissenschaften das Problem der wissenschaftlichen Fälschung virulent ist. Die Obsession der Veröffentlichung ist dann eben auch in den Naturwissenschaften so groß, dass selbst ohne greifbares Ergebnis eine Publikation hergestellt werden muss: Die wissenschaftliche Erkenntnis wird fiktionalisiert. Dass damit das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Aktivität, die sich vorgeblich gegen reine Hermeneutik richtete, sich selbst zum Objekt hermeneutischer statt naturwissenschaftlicher Analyse macht, hat bei allem Degout auch eine gewisse feine Ironie. In der Zeitschrift Universitas findet sich ein Aufsatz zu diesem Thema (pdf).