Wie darf man das Fernsehen kritisieren, Teil 2: Oliver Kalkofe

19 Aug

clip_image002 Ich gehöre nicht zu den größten Bewunderern des Oliver Kalkofe und finde nachhaltig, dass er seine beste Zeit einst beim Frühstyxxradio von Radio ffn in den frühen 90ern hatte. Manchmal gar scheint es mir, als ob gerade die über ihn und seine Medienverrisse am lautesten lachen, über die er sich gerade lustig macht. Das ist natürlich auch eine Kunst.

Neulich fiel mir sein Buch Geschafft! Wir sind blöd! Kalkofes letzte Worte in die Hände, eine Sammlung von Kolumnen, die er regelmäßig in einer Fernsehillustrierten veröffentlicht. Und ich muss sagen: Ich habe doch an einigen Stellen herzhaft gelacht. Dann wieder wurde ich aber auch nachdenklich. Im Einleitungstext nämlich schreibt Kalkofe:

Wer es sich inzwischen leisten kann, abzuschalten, der tut es. Wer genug Geld für Kino oder Videothek hat oder gar das so gern zitierte „gute Buch“ zu benutzen weiß, der hat sich längst von seinem alten Kumpel Fernsehen verabschiedet. Oder bestellt sich seeine DVDs aus dem Ausland, um erstaunt mitzuerleben, wie vor allem in Amerika und England in den letzten Jahren einige der fantastischsten TV-Produkte aller Zeiten entstanden sind.

Und dann folgt eine Liste, die wohl nach Meinung Kalkofes für das „gute Fernsehen“ stehen soll:

Die Sopranos, 24, Lost, Deadwood, Six Feet Under, Prison Break, Boston Legal, Heroes, Arrested Development, The Office, Doctor Who, Little Britain, Extras – die Liste ist endlos.

Mal davon abgesehen, dass der Großteil dieser Formate auch im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurden und man eine Videothek deswegen nicht konsultieren gemusst hätte (außer natürlich man steht auf Filme in Originalsprache, aber das ist ein anderes Thema und so eine Videothek muss man auch erstmal finden — überhaupt muss man ja heute eine Videothek erstmal finden!): Ist doch irgendwie auffällig, dass Oliver Kalkofe beim Thema „Gutes Fernsehen“ ausschließlich Unterhaltungssendungen einfallen. Nachrichten, Features, Dokumentationen, politische Sendungen kommen im Kalkofe-Kosmos offensichtlich nicht vor. Obwohl gerade hier das deutsche Fernsehen, namentlich das öffentlich-rechtliche, unter Umständen gegen die internationale Konkurrenz gar nicht abfallen müsste. Jedenfalls ist die berühmte BBC-Dokumentation auch nicht mehr das, was sie einmal war. Re-Enactment, alberne Grusel-Ausleuchtung, sich selbst inszenierende Journalistendarsteller — das sind die Neuerungen, die wir in diesem Bereich der Insel zu verdanken haben. Und an bahnbrechende Fernsehdokumentationen aus den USA kann ich mich in den vergangenen 10 Jahren gar nicht erinnern. Auffälligerweise produziert etwas Michael Moore nur noch fürs Kino. Kalkofes These sollte er also vielleicht noch einmal überdenken.

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