Archive for the ‘Allgemeines’ Category

Berufsprestige-Skala: Ansehen von Journalisten und TV-Moderatoren


09 Apr

BerufsprestigeSeit 1966 gibt das Institut für Demoskopie Allensbach die “Berufsprestige-Skala” heraus. Das Ergebnis ist beispielsweise für Ärzte oder auch Hochschulprofessoren schmeichelhaft, nicht aber für Journalisten oder gar Fernsehmoderatoren. Auch wenn das Ansehen von Journalisten seit der letzten Erhebung gestiegen ist, bewegen sie sich doch im Ansehen der Bevölkerung auf den hinteren Rängen, wie Meedia.de zu berichten weiß:

Journalisten sind heute deutlich beliebter als noch vor drei Jahren: Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Allensbacher Berufsprestige-Skala. Demnach werden Redakteure von 17 Prozent der Bevölkerung geschätzt, 2008 waren es lediglich 11 Prozent. TV-Moderatoren bilden das Schlusslicht des Rankings.

Übrigens ist auch das Ansehen von Priestern im Sinkflug, wie die Kyffhäuser Nachrichten vermelden: Von 49 % sind sie bis auf 28 % abgerutscht. Trotz Vertrauenskrise und Kindersexskandalen bewegen sie sich damit aber immer noch weit vor Journalisten und Moderatoren.

Meedia: Berufsprestige-Skala: Ansehen der Journalisten steigt

Facebook veröffentlicht Journalistendaten


08 Apr

Facebook hat eine eigene Seite extra für Journalisten aufgemacht, die sich über “social Journalism” informieren wollen. Wer auch zukünftig als Journalist von dem sozialen Netzwerk über Workshops etc. informiert werden wollte, sah sich aufgefordert, ein Registrierungsformular auszufüllen. Die dort eingetragenen Daten waren aber anschließend frei zugänglich im Web einsehbar. Der Webloger Daniel Fiene schreibt dazu:

Als Journalist, der etwas programmieren kann, muss ich sagen: Das ist dilletantisch! Zumindest hätte das Verzeichnis geschützt werden müssen und im zweiten Schritt hätten die Daten überhaupt nicht in einer auslesbaren Textdatei frei im Netz abgelegt werden dürfen.

Dass Facebook eigens eine Journalistenseite aufmacht, ist womöglich nicht nur der sozialen Ader dieses sozialen Netzwerks zu verdanken: Wie der mittlerweile aus dem Netz entfernten Journalistendatei zu entnehmen ist, erhält Facebook auf diese Weise eine äußerst interessante Liste mit den persönlichen Angaben professioneller Multiplikatoren, und das völlig kostenlos. Nach einer solchen einschlägigen Liste mit Journalistennamen, Email-Adressen usw. würde so mancher sich die Finger lecken. Facebook ist schon lange auf den Geschmack gekommen, was das Datensammeln angeht. Wer sich noch gefragt hat, womit man mit einem solchen Dienst Geld verdient: Voilá!

fiene & die facebook-datenpanne! — daniel fienes weblog

Zukunft der Menschheit: Der Gebetomat


04 Apr

GebetomatDie Zukunft der Menschheit wird von Maschinen und Computern bestimmt. Auch ins Jenseits hinüber und ins Metaphysische müssen darum Verbindungen geschaffen werden, die sich heute technisch realisiert finden. Ein solches technisches Gerät zur Metaphysikvermittlung ist der “Gebetomat” des Berliner Konzeptkünstlers Oliver Sturm. Er selbst beschreibt auf seiner Website, wie er auf die Idee einer Gebetmaschine kam:

Die Idee zu einem Gebet-Automaten kam mir, als ich im Jahr 1999 in New York auf einem U-Bahnsteig in einer hygienisch zweifelhaften Ecke einen Automaten an der Wand sah, der mit einer künstlichen Stimme auf einlullend monotone Weise permanent sprach. Niemand kümmerte sich um den Automaten. Ich verstand nicht genau, was er sagte, weil die akustische Qualität sehr schlecht war, aber ich nehme an, Bedienungshinweise zur Benutzung. Auf dem Bahnsteig standen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und sozialer Herkunft, eben die spezifische New Yorker Mischung, und – gerade auf dem Weg zum jüdischen Viertel in Williamsburg – stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn Gebete aus diesem Automaten kämen.

Das Bet-Gerät steht zur Zeit an drei Standorten in Stuttgart, Frankfurt und Berlin. Man stelle es sich wie einen Passbildautomaten vor. “Wenn Gott das noch erlebt hätte”, unkt Spiegel Online und unterstellt, dass das Gerät womöglich gar nicht der Erbauung der Gläubigen, sondern der Ironisierung von Glaubensrichtungen diene. Kein Betomat, sondern ein Skeptikomat mithin:

Im Gebetomat sind die Zweifel zwar nicht explizit formuliert, aber durch die profane und vollkommen wertneutrale Nebeneinanderstellung von Texten wie dem Vaterunser auf Plattdeutsch bis hin zu obskuren Glaubenstexten der Scientology-Organisation doch schon eingebaut.

Das Glaubensfragen Ewigkeitsfragen sind, zeigen auch Verlauf und Mediengeschichte der Veröffentlichungen über den Gebetomat. Denn ganz so neu ist das Gerät gar nicht, wie Spiegel Online etwa Glauben machen möchte. Der Wikipedia-Eintrag über den Gebetomat stammt ursprünglich vom Mai 2010. Der Artikel verweist als Quelle wiederum auf einen Artikel der Berliner Zeitung aus dem Jahr 2008. Auch ein Artikel aus dem deutschsprachigen Teil von Radio Vatikan zeigt überdeutlich, dass alles lange nicht so heiß gebetet wird, wie es gekocht wurde.

Gebetomat

Berliner Kurier: Wenn Zeitungen sich richtig ernst nehmen


31 Mrz

Ernstzunehmende Medien werden sich auch in ihrem öffentlichen Auftreten einer gewissen Ernsthaftigkeit befleissigen. Andere versuchen von vornherein gar nicht mehr, sich den Anschein von Seriösität zu geben. Dem Jux, den man sich tagtäglich mit den Lesern macht, kann man ja die Krone aufsetzen, indem man seinen kompletten Inhalt vergackeiert. Und das klingt dann so:

Achtung, Jux-Attacke! Die Redaktion des Berliner KURIER muss sich am Montag auf einiges gefasst machen. Der Quatsch Comedy Club hat unter der Leitung seines Ober-Piraten Thomas Hermanns Spaß-Drohungen an uns geschickt. Sie wollen unsere Redaktion entern! Anarchie am Alexanderplatz!

Und wie es immer so geht bei vollständig inszenierten Späßen, steht das Ergebnis der “Jux-Attacke” von vornherein fest:

Die Ergebnisse der unfassbar komischen Kaper-Aktion lesen Sie am Dienstag im Comedy-KURIER. Was sich während der Erstürmung unserer Redaktions-Räume tut, werden wir den kompletten Tag über auf unserer Online-Seite berichten!

quatsch_comedy_club_kapert_kurier-051 Egal, was da beim Berliner Kurier geschieht: Es wird “unfassbar komisch”. Irgendwie hat das auch seine Tragik. Die unglaublichen Geschehnisse beim Berliner Kurier ereigneten sich bereits im Oktober vergangenen Jahres. Im Zuge der “unfassbar komischen Kaper-Aktion” (bei der vermutlich viele viele Kapern gegessen wurden) wurde der Chefredakteur vom Chefcomedian gefesselt. Hoffentlich hat man ihn nie mehr losgebunden. Ich habe die Veröffentlichung indes bis jetzt aufgeschoben, um abzuwarten, ob ich doch noch darüber lachen könne. Allein, ich wartete vergeblich und lache bis heute nicht. Ich amüsiere mich einfach nur zu Tode.

Berliner Kurier – Comedy-Attacke auf den Berliner Kurier

Wenn die Rechtschreibkorrektur sich rächt …


30 Mrz

Rechtschreibkorrekturen können auch zurückschlagen. So ist es jüngst dem Kölner Stadtanzeiger geschehen. Da hat man ausnahmsweise mal alle Namen in einem Artikel richtig geschrieben, und dann rächt sich die Rächtschreibkontrolle:

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat in seiner Samstagsausgabe über neue Schwierigkeiten beim Strukturförderprogramm „Mülheim 2020“ berichtet. Ein technisches Problem bei der Rechtschreibprüfung hatte zur Folge, dass Namen „korrigiert“ wurden, deren Schreibweise im Text ursprünglich richtig waren. Die Leiterin des zuständigen Amtes für Stadtentwicklung heißt Maria Kröger. Die Bürgerinitiative, die unter anderem die schleppende Umsetzung des Programms sowie die finanzielle Beteiligung von Anwohnern kritisiert, nennt sich „Rettet Mülheim 2020 – Rettet unsere Veedel“. Wir bitten, die Fehler zu entschuldigen.

 

Schlagerwelle WDR 4 wird "modernisiert"


22 Feb

Aufbruch in die Moderne im WDR! Der altmodischste der Programmteile des Senders soll auf Vordermann gebracht werden:

Der WDR bestätigte am Montag Pressemeldungen, wonach bei der einstigen reinen Schlagerwelle Umstrukturierungen geplant sind. Das neue Programm soll am 21. März auf Sendung gehen.

Und das mit einer bemerkenswerten Begründung:

Die Hörerforschung habe herausgefunden, dass die Zielgruppe von WDR 4 keinen Ruhestand im klassischen Sinn verbringt. Vielmehr lebe sie in der Regel aktiv. Sie reist, sie besucht öffentliche Veranstaltungen, sie verbringt Zeit mit Enkeln.

Das Ergebnis:

Deshalb hat sich der WDR entschlossen bei WDR 4 den Wortanteil auszubauen. Neben Service soll es künftig mehr regionale Themen geben.

Insider des WDR wissen diese angeblichen „Modernisierungen“ allerdings einzuordnen. Und dann liest sich das Vorhaben der Senderhierarchen schon anders:

… zu den Wortbeiträgen ist zu sagen, dass dort keine Hintergrundberichterstattung, keine „schweren Sozialthemen“ und auch sonst keine kritischen Themen erwünscht sind. Das Publikum soll ausschließlich mit seichten, sehr einfach aufbereiteten und vor allem spaßigen Wortbeiträgen erfreut werden… Aber bitte nix Journalistisches…

Auch, was der öffentlich-rechtliche Sender unter „Regionalisierung“ versteht, ordnen wohl informierte Kreise ganz anders ein:

Die Regionalisierung bezeiht sich nach meinen Informationen ausschließlich aufs Wetter, dass ist ja wie wir neuerdings wissen, ohnehin das einzige, was unsere Hörer interessiert!

Wird also WDR4 wirklich modernisiert? Oder wird der Schlagersender nicht eher „entkernt“? Man wird sehen … äh .. hören.

Schlagerwelle WDR 4 wird modernisiert – DIGITALFERNSEHEN.de

Wenn Multitasking tödlich endet


28 Jan

Es gab Zeiten, da konnten Computer nur eine einzige Aufgabe gleichzeitig. Wollte man beispielsweise vom Schreibprogramm in die Tabellenkalkulation wechseln, musste man erst das eine Programm schließen, um das andere zu öffnen. Dann kam „Multitasking“, und es wurde zum Schlagwort für ein ganzes Zeitalter. Heutet müssen Arbeiten, Prozesse, Kommunikation und sogar die Freizeitgestaltung gleichzeitig ablaufen, die totale Multitaskisierung des gesellschaftlichen Lebens. Dabei sind wir für Multitasking gar nicht geschaffen, und das kann Folgen haben. Sogar tödliche:

Im Hightech-Krieg sorgt die rapide anwachsende Flut von Information und Kommunikation für Stress. Das ist kein akademisches Problem, wie aktuelle US-Untersuchungen zeigen: In einem konkreten Fall verlor eine Drohnen-Crew den Überblick – und 23 afghanische Zivilisten mussten sterben.

Bei Spiegel Online ist nachzulesen, wie es zu dem Desaster kommen konnte:

Februar 2010, eine Airforce-Base im US-Bundesstaat Nevada: Ein Drohnen-Steuermann und sein Team beobachten eine Menschenansammlung in Afghanistan. Sind es feindliche Kräfte? Oder Zivilisten? Die Mannschaft wertet die Bilder aus, der Stress nimmt zu. Der Mann und sein Team stehen unter kommunikativem Feuer: Neben der Evaluierung der Videobilder arbeiten sie eine Fülle von Instant-Messenger-Nachrichten, Funksprüchen und Anrufen ab – von Vorgesetzten, von Bodentruppen vor Ort, angeblich auch private Nachrichten, möglicherweise sogar von ihren Kindern. Gleichzeitig treffen sie ihre Entscheidung. Nach bisherigem Kenntnisstand ist es eine Fehleinschätzung, die 23 Zivilisten ihr Leben kostete. Der Fall wird noch untersucht und könnte zu einem Militärgerichtsverfahren führen.

In einem bemerkenswerten Artikel der New York Times ist nachzulesen, dass der „data overload“ gerade im militärischen Bereich überaus fatale Entwicklungen genommen hat. Allein die Datenfülle, die durch elektronische Spähtechnik in jedem Augenblick zusammengetragen wird, seei um 1600 Prozent gestiegen. Parallel dazu wachse mit der immer besseren kommunikativen Vernetzung auch das Kommunikationsaufkommen. Problematisch daran: Ausgewertet wird diese Datenfülle am Ende von Menschen, die darauf basierend Entscheidungen zu treffen haben, die Menschenleben kosten können. Und dabei, berichtet die Times, könne es zu fatalen Fehleinschätzungen kommen.

Dass der Mensch und sein Gehirn für Multitasking gar nicht geschaffen sind, darüber ist sich die psychologische Forschung einig. Experimente an der RWTH Aachen haben ergeben, dass Gleichzeitigkeit für das Gehirn ein Fremdwort ist. Der zuständige Wissenschaftler, Prof. Iring Koch sagt dazu in einem Interview der Deutschen Welle:

„Es ist tatsächlich so, dass man eigentlich die Dinge nicht gleichzeitig macht. Wir reden hier über zeitliche Abschnitte von hundert Millisekunden oder noch weniger, so dass man eigentlich immer zwischen den einzelnen Aufgaben, zwischen den kognitiven Prozessen, den Denkprozessen hin und her wechselt. Man kann eigentlich nicht zwei Reaktionen oder zwei Entscheidungen gleichzeitig fällen, sondern erst die eine und dann die andere, nacheinander.“

Auch mit dem Vorurteil, dass Frauen eher zu Multitasking befähigt seien als Männer, muss aufgeräumt werden. Auf Geschlechterstudien.de ist dazu zu lesen:

Die Neurobiologin Kirsten Jordan hat sich mit diesem Thema auseinander gesetzt und festgestellt, dass es für die Behauptung, Frauen seien Multitaskingbegabter, absolut keine Beweise gibt. Entgegen vieler Behauptungen gibt es nämlich tatsächlich keine Studien aus denen eine solche Aussage hervorgeht.

Untersuchungen zeigen, dass wir bei der Ausübung einer vielschichtigen Tätigkeit Routine entwickeln können, so dass uns auch bei Multitasking-Tätigkeiten die Dinge schneller von der Hand gehen.

Bei neuen Aufgaben stehen Männer wie Frauen jedoch gleichermaßen unbeholfen da. Sie müssen erst mit den Abläufen vertraut werden, bevor sie zwischen verschiedenen Tätigkeiten zügig hin und her springen können.

US-Militär: Tod durch Multitasking – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Netzwelt

Restaurantkritik aktuell: Trinken oder Schreiben?


11 Nov

Dass man angeschmiert sein kann, wenn man Journalisten zu viel auftischt, dafür gibt es nun ein bizarres Beispiel mehr.  Ein Gastronom fühlt sich von der Zeitschrift „Feinschmecker“ falsch dargestellt — und zieht dagegen vor Gericht. Der Branchendienst Meedia stellt den Streitfall so dar:

Nachdem das Restaurant „Brogsitter’s Sanct Peter“ vom Feinschmecker in die Pfanne gehauen wurde, klagte Hans-Joachim Brogsitter – und verlor. Jetzt legt der Gastronom nach und schenkt der Kritikerin richtig ein: „Von den sechs bestellten Gängen probierte sie nur drei.“ Den Alkohol dagegen „verzehrte sie gern, vollständig und reichlich“. Feinschmecker-Chefredakteurin Madeleine Jakits widerspricht.

Dass Journalisten bei ihrer Tätigkeit gerne mal einen trinken, ist nicht völlig unbekannt. Zu alten Bonner Regierungszeiten kannte ich Journalisten und Kameraleute, die ihren gesamten Tagesablauf danach ausrichteten, in welcher Landesvertretung oder Botschaft gerade Empfänge, Buffets oder andere Gelage geboten wurden. Und die Donnerstags-Pressekonferenz von Bayer 04 Leverkusen ist auch deswegen bei Journalisten so beliebt, weil anschließend ins Stadionrestaurant eingeladen wird. Dass man anschließend darüber schreibt, ist allerdings eher unüblich in der Branche. Man kann andererseits der Feinschmeckerin nicht vorwerfen, hier dem geschenkten Gaul ins Maul geschaut zu haben. Denn sie hat, wie Meedia dokumentiert, ihre Rechnung selbst beglichen: Stattliche 135,75 Euro.

Meedia: Wie viel trank die Feinschmecker-Testerin?

"Geo" fälscht Artikel


09 Nov

Was der freie Autor Christian Jungblut mit der Redaktion der Zeitschrift „Geo“ erlebt hat, ist an und für sich schon ein Skandal. Die Redaktion hatte einen Artikel Jungbluts über den Deichbau in Holland so stark geändert, dass der Autor sich selbst und seine „Schreibe“ darin nicht mehr wiedererkannt und darum die Veröffentlichung untersagt hat. Doch „Geo“ und Chefredakteur Peter-Matthias Gaede interessierte das offenbar wenig, und man veröffentlichte den Beitrag unter dem Namen des Autors trotzdem. Der Autor klagte daraufhin vor dem Landgericht Hamburg und — bekam Recht.

Schon die Begründung für die Textänderungen ist haarsträubend, und Blogger Stefan Niggemeier fasst sie sarkastisch so zusammen:

Christian Jungblut hätte dankbar sein sollen, dass sein Text von der „Geo”-Redaktion überarbeitet und in so vielen Details geändert wurde, dass von seinem Schreibstil nichts übrig geblieben war. Der Anwalt von Gruner + Jahr teilte dem freien Journalisten mit, dass sein Manuskript von niemand geringerem als „einer Preisträgerin des 1. Preises beim Henri-Nannen-Preis 2008 — bekanntlich dem Nachfolger des Kisch-Preises — redigiert wurde”. Auch Peter-Matthias Gaede, der Chefredakteur von „Geo”, sei „als ein Preisträger des 1. Preises beim Kisch-Preis 1984 (…) sicherlich über jeden Zweifel erhaben”. Jungblut selbst hingegen hat nur einen 3. Platz beim Kisch-Preis 1986 vorzuweisen.

Doch was mit der Begründung der Hamburger Richter aktenkundig geworden ist, das ist noch ein anderer Umstand. Die Geo-Redaktion hat nämlich offensichtlich nicht nur den Artikel Jungbluts auf entstellende Weise umgedichtet, nein, man hat auch „Zitate geändert“:

Das Landgericht urteilte, dass der Verlag sein Bearbeitungsrecht überschritten hat. In der Begründung listet es akribisch die Veränderungen auf, die die Redaktion vorgenommen hat: „Kaum ein Satz des Klägers wurde wortwörtlich übernommen.” Auch Zitate von Personen und kleinste sprachliche Besonderheiten seien verändert worden. Ohne Zustimmung des Autoren hätte „Geo” diese Bearbeitung nicht veröffentlichen dürfen.

Das bedeutet doch wohl, dass in der betreffenden „Geo“-Ausgabe Menschen mit Worten zitiert wurden, die sie so nie gesagt haben. Und das bedeutet doch wohl, dass „Geo“ die Zitate gefälscht hat. Und das bedeutet doch wiederum, dass „Geo“ nicht nur ein Fall fürs Gericht, sondern auch für den Presserat ist. Und schließlich bedeutet das doch wohl, dass die Leser selbst darüber abstimmen sollten, wie sie das journalistische Verhalten von „Geo“ finden: Indem sie es nicht mehr kaufen und lesen.

Stefan Niggemeier

Sterbende Medien: Der Walkman


25 Okt

Zu den unangenehmen Geräuschen, die einen im Alltag belästigen konnten, zählten neben Schlagbohrmaschinen, Pressluftgeräten, Nachtfluglärm, dem Motorendröhnen von Autos, Motorrädern, Mofas und elektrischen Mixgeräten, dem Herumbrüllen von Chefs, Feldwebeln, Lehrern und Fußballtrainern sowie dem Geräusch des Fallens von Pferdeäpfeln seit den 1980er Jahren auch das Wummern aus den Kopfhörern des Walkman-Besitzers auf dem Nebenplatz in der U-Bahn.

Firstwalkman

Es gibt heute andere und weitaus schlimmere Umweltbelästigungen, doch mit dieser einen ist nun definitiv Schluss: Der Walkman gibt den Geist auf. Wie der japanische Hersteller Sony mitteilt, wird die Produktion des tragbaren Kassettenspielers eingestellt. Die letzte Charge wurde bereits im Frühjahr an japanische Händler ausgeliefert. Damit sieht dieses Jahr schon zum zweiten Mal einen Inbegriff des Medienzeitalters verscheiden: Im April hatte der gleiche Hersteller Sony bereits das Aus für die Floppy-Disk verkündet. Ob jene Krokodilstränen berechtigt sind, die etwa ein Kommentator der Süddeutschen Zeitung dem Walkman nachheult, das , um in der Sprache der Presse zu bleiben, bleibt abzuwarten:

Nach 30 Jahren stellt Sony den Kassetten-Walkman ein. Das Ende der Kultmarke bedeutet nicht nur eine Verarmung des Musikkonsums – sondern ist auch ein Zeichen für einen Kulturverfall.

Andere waren, was die Beerdigungszeremonien für mediale Urviecher angeht, schneller: Der Duden hat das Wort “Bandsalat” schon vor längerem aus seinen Wörterlisten verbannt.

Sony Retires the Cassette Walkman After 30 Years

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter