Archive for the ‘Allgemeines’ Category

Wenn Medien durchdrehen


18 Mrz

Vom journalistischen „Schnäppchenjägertum“ anläßlich des Amoklaufs von Winnenden schreibt epd-Medien unter dieser Adresse.

Vor allem boulevardesk orientierte Vertreter konnten wieder einmal ihre Leistungsfähigkeit mit vorschnellen Thesen unter Beweis stellen und traten einen absurden Wettlauf um das schlimmste Bild, den verzweifeltsten Ton und den schrägsten Beweis an.

Wo steht die katholische Kirche?


04 Mrz

Die katholische Kirche, wenigstens das hat sie wieder einmal geschafft, ist allerorten in der Presse, man könnte auch sagen: im Gerede. Während aber die augenfälligen Vorkommnisse wie ein volksverhetzender Bischof Mixta oder ein holocaustleugnender Bischof Williamson entsprechend in der Öffentlichkeit kritisiert werden, wird nach dem Hintergrund dieser justitiablen Äußerungen in den Medien nicht gefragt. Die ungenannte Frage, die im Raum steht, lautet: Wie nationalsozialistisch ist die katholische Kirche heute noch?

Deutsche katholische Bischöfe segneten in der Nazizeit Waffen und gratulierten Hitler zum Geburtstag. Wehrmachtssoldaten trugen Gürtelkoppeln mit der Aufschrift „Gott mit uns“. Papst Pius XII. weigerte sich, das NS-Regime und die Judenmorde zu verurteilen. Nach dem 2. Weltkrieg war die katholische Kirche auch nach Ansicht des US-amerikanischen Geheimdienstes die größte NS-Fluchthilfeorganisation für Nazi-Größen, die sich mit kirchlicher Unterstützung der Strafverfolgung entzogen und ins, katholische, Südamerika flohen. Die gesamte Verfassung der katholischen Kirche und des wahlmonarchistischen Kirchenstaates trägt faschistisches Gepräge: Frauenverachtung, Männerbündelei, Führerprinzip, totalitäre Ideologie mit stark antidemokratischer Tendenz. Noch im Jahr 2007 kam es im Vatikan zur größten Seligsprechung aller Zeiten: 498 sog. Märtyrer des spanischen Bürgerkriegs wurden selig gesprochen. Keiner von diesen „Märtyrern“ zählte zur demokratisch gewählten Volksfornt-Regierung. Alle „Seligen“ standen auf Seiten der faschistischen Putschisten unter General Franco. Und dann dürfen Glaubensvertreter immer noch ungestraft in der Öffentlichkeit behaupten, der Nationalsozialismus sei eine Erscheinung des Atheismus und die katholische Kirche im Grunde eine Widerstandsorganisation gewesen? Bischof Williamson und Bischof Mixta, sie beide erscheinen nicht als Ausreißer aus dem System, sondern sie sind das System.

Gerne hätte ich darüber kritische Auseinandersetzungen in der Zeitung gelesen. Doch da stand nichts.

Karneval im Fernsehen


18 Feb

Eine Frage passend zur Jahreszeit: Wer guckt eigentlich Karneval im Fernsehen? Auf jeden Fall nicht die, die Karneval feiern. Nach einer Auswertung des Medienmagazins DWDL haben etwa die Übertragung der Aachner Ordensverleihung „Wider den tierischen Ernst“ unter den 14- bis 49-jährigen nur 1,9 % eingeschaltet. Und von den insgesamt 3,6 Mio. Zuschauern, die die ZDF-Sendung „Da wackelt der Dom“ sehen wollten, waren knapp 2,5 Mio. über 65 Jahre alt.

Nazis „sorgen“ sich um verbrannte Bücher


14 Feb

Georg Salzmann hat in dreißigjähriger Arbeit eine 10.000 Bände umfassende Bibliothek zusammengestellt, die Werke der sog. „verbrannten Schriftsteller“ enthält, also derjenigen Intellektuellen und Dichter, die vor dem Naziterror ins Exil geflohen sind. Unter den Werken sind viele seltene Erstausgaben und Privatdrucke. Wer sich über Georg Salzmanns Arbeit näher informieren will, dem sei dieser lesenwerte Artikel der Zeit empfohlen.

Wer allerdings nach dem Büchersammler auf google. de sucht, der bekommt auf Platz 2 der Trefferliste ausgerechnet eine Internetseite zweifelhaften Rufs und Inhalts, die ihren braunen und tendenziös rechtsextremen Anstrich nicht verbergen kann. „Altermedia“ nennen sich diese intellektuell verrotteten Pamphletisten, deren Denkanstöße lediglich in Anstößigkeiten bestehen wie den folgenden:

„Vielleicht findet Salzmann ja in Israel Abnehmer für seine gesammelten Werke. Wir könnten uns gut vorstellen, daß sie eine Zierde für Yad Vashem wären – und vielleicht sogar von praktischem Nutzen, falls dort mal das Gas für die Ewige Flamme alle wird.“

Dass ausgerechnet bei den Deutschesten aller Deutschen die Deutschkenntnisse nur kümmerlich vorhanden sind, ist eine alte Klage. Auch nicht neu, aber sehr angebracht wäre, hier auf Volksverhetzung zu erkennen. Vor allem sollte der Fa. Google geraten werden, solche „Links“, die leider sehr weit rechts sind, aus ihren Trefferlisten zu verbannen, wenn man auf der Internetsuche nach sehr ehrbaren Leuten ist.

Cross-Promotion in deutschen Medien


11 Feb

Cross-Promotion, das bedeutet: Die Benutzung verschiedener Medien, um denselben Inhalt zu bewerben, und das unter einem und demselben Mediendach. Also, wenn zum Beispiel im redaktionellen Teil des Kölner Stadtanzeigers für KStA-TV Werbung gemacht wird. Über dieses Verfahren, das so weit um sich gegriffen hat, das es als die conditio sine qua non der deutschen Medienbranche inkl. ihrer öffentlich-rechtlichen Erscheinungsformen gelten kann, hat nun der Evangelische Pressedienst einen interessanten Artikel veröffentlicht:

„Natürlich sollten Journalisten besser wissen, dass ein solches Gebaren nicht in Ordnung ist. Tun sie vielleicht auch. Macht aber nichts, denn Eigenwerbung – die freilich nicht als solche gekennzeichnet wird – findet trotzdem statt, sie ist sogar schon so allgegenwärtig, dass man sie gerne übersieht. Man will schließlich lieber nicht so genau hingucken, wenn sich ein Berufsstand gerade selbst ins Aus befördert. Wenn etwa die „Süddeutsche Zeitung“ ihre Redakteure dazu bringt, Verlagswerbung zu dichten und diese im redaktionellen Teil zu platzieren; wenn in öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen und Magazinen eigene Produktionen besonders ausführlich und intensiv begleitet werden; wenn Anne Will mit ihren Gästen nach dem „Tatort“ über die Arbeitsbedingungen bei Billig-Discountern diskutiert, die gerade Thema des Krimis waren oder wenn die TV-Magazine der Privaten ohnehin aus fast nichts anderem bestehen als der Berichterstattung über „Popstars“, „DSDS“ und Dschungelcamp.“

Der Beispiele fielen einem ja noch mehr ein: dass die Tagesschau über solche Boxkämpfe berichtet, die im eigenen (ARD-) Programm stattfinden (über die anderen aber nicht!); dass das Verlesen der Lottozahlen in Nachrichtensendungen mit der Übertragung ihrer Ziehung korrespondiert; oder dass das eigene Personal quer durch die eigenen Programme gereicht wird, egal wie qualifiziert man dafür ist. Haarsträubend war schon, dass kürzlich in einer Maischberger-Sendung ein Quizmoderator nur wegen dieser seiner Tätigkeit als „Bildungsexperte“ verkauft wurde, wiewohl er unumwunden zugab, in der Schule nur mit schlechten Leistungen geglänzt zu haben.

Daneben gibt es aber auch ein Phänomen, das ich „negative Cross-Promotion“ nennen möchte, die absichtsvolle Auslassung von Inhalt, wenn die Verbreitung dem eigenen Programm und Unternehmensziel schaden würde. Dazu zählt insbesondere, dass in der Tagesschau-Ausabe samstags abends in der Unterbrechung der ARD-Sportschau keine Fußballergebnisse genannt werden, wiewohl dies in einer samstäglichen nachrichtensendung doch eigentlich ein Muss wäre. Aber man will sich ja sein schönes eigenes und teueres Programm nicht demolieren.

Auf ein weiteres neues Phänomen geht der epd-Artikel ein: Wie neuerdings nämlich Weblogs genutzt werden, um sein eigenes Medium in Szene zu setzen:

Die schönen Zeiten, als man Blogs noch las, um zu anderen Blogs oder Texten anderer Autoren ge- und verleitet zu werden, scheinen zu Ende zu gehen. Auch in den einstigen „Online-Tagebüchern“, die sich teilweise zu ordentlichen Aufmerksamkeitsumverteilern gemausert hatten und eben deswegen den ordentlichen Medien gefährlich zu werden drohten, greift die Unsitte des Schottendichtmachens um sich.

Nun empfehlen also nicht mehr nur „Welt Online“ und „Sueddeutsche.de“ vor allem die Welt-Online- respektive Sueddeutsche.de-Artikel, sondern pflegen auch immer mehr Blogs, um zuallererst die eigenen Inhalte zu verlinken. „Ähnliche Artikel“ nennt sich die zugehörige Funktion. Eine glatte Lüge, denn „ähnliche Artikel“ meint eigene Artikel. Die Professionalisierung der Blogs bringt es offenbar mit sich, dass auch hier die thematische Selbstreferenzialität zur systematischen mutiert.“

„Lüge“ ist hier noch ein höflicher Ausdruck. Es handelt sich um Betrug.

Untergang der Gutenberg-Galaxis?


08 Feb

KindleWieder einmal prophezeit jemand den Untergang der Buchbranche: Dieses Mal sind es die elektronischen „Reader“, die in diesem Frühjahr auch in Deutschland auf den Markt kommen und Bücher künftig elektronisch verfügbar machen sollen. Was schon in den 60er Jahren der Medienphilosoph Marshall McLuhan und in den 90ern Norbert Bolz vorhersagten, nämlich das „Ende der Gutenberg-Galaxis“, ist jetzt auch in der F.A.Z. angekommen.

„Mit dem iPhone kann man eine halbe Million Bücher, einschließlich aller lizenzfreien Klassiker, unterwegs laden und lesen. So fällt mit der grenzenlosen Mobilität ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des gedruckten Buches. Natura non facit saltus? Die Medienevolution macht gerade einen Tigersprung, dem mancher nicht wird folgen können. Immer mehr Inhalte werden, legal oder illegal, verfügbar, die Geräte leichter, lichter, in naher Zukunft badewannen- und strandtauglich – es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Buchbranche mit den gleichen Problemen konfrontiert sein wird wie die praktisch schon untergegangene Musikindustrie.“

Ob nun ein Tiger springt oder ob es sich um eher zahnlose Vertreter der Fauna handelt, ist noch nicht ausgemacht. Aber „grenzenlose Mobilität“: Das war doch eigentlich genau der Anspruch des Mediums Buch. Hier müsste uns der Reporter schon Neueres als die neueste Neuigkeit verkaufen.

Medien verlieren massiv an Wert


04 Feb

Aktien aus der Medien-, IT- und Telekom-Branche haben im vergangenen Jahr massiv an Wert verloren. Laut der Studie „CMT – State of the Industry 2009“ des Beratungsunternehmens Oliver Wyman sank der Marktwert der Medien-, Telekom- und Technologieunternehmen im vergangenen Jahr um rund 42 Prozent.

Die Medienbranche erlitt 2008 mit rund 47 Prozent den herbsten Wertverlust auf den Kapitalmärkten. Das ist ein stärkerer Rückgang als in den meisten anderen Branchen. Der Marktwert der Festnetz- und Mobilfunkunternehmen sank – international gesehen – um 39 Prozent. Das Technologiesegment ist ebenfalls betroffen: Vor allem dem Unterhaltungselektroniksektor hat die wirtschaftliche Krise mit einem Rückgang um 49 Prozent schwer zugesetzt.

Es gibt allerdings auch Gewinner, dazu zählen Apple oder Nintendo.

Neuer Computervirus: Nur eine Zeitungsente


04 Feb

So können die kleinen pussierlichen Tierchen sich verändern: Da wird unversehens aus einem gemeingefährlichen Computerwurm eine harmlose Ente, in unserem Fall eine Zeitungsente. Die Rede ist von dem Computervirus „ConFicker“, auch bekannt als „Downadup“. Als neue globale Bedrohung geisterte er durch die Gazetten. Sogar eine „Wurmsprechstunde“ wurde eingerichtet. Und dann war es doch nur ein Medienhype: Schon seit Oktober 2008 ist der „Wurm“ keine Gefahr mehr. Statt der 9 Millionen infizierter PCs, wie sie nicht ganz uneigennützig der Virenschutzsoftware-Hersteller F-Secure meldete, waren es nur 500.000 betroffene Rechner, die meisten davon Firmenrechner in den USA. Über Zeitungen verbreitete sich der Computerwurm deutlich schneller als über infizierte Computer.

ZDF: Jetzt wieder Demokratie


03 Feb

Das ZDF will sich und die deutsche Jugend jetzt „wieder intensiver an die Demokratie“ binden, wie einer Agenturmeldung zu entnehmen ist. Interessant ist nicht nur, dass das ZDF verschweigt, wo seiner Meinung nach die deutsche Jugend in der jüngeren Vergangenheit stand. Bemerkenswert ist auch, womit das ZDF meint, die Jugend für die Demokratie begeistern zu können: „Ich kann Kanzler“ soll das neue Format heißen. Ob allerdings die Begeisterung für die Demokratie nur durch völligen Verzicht auf einen vernünftigen Gebrauch der deutschen Sprache zu erreichen ist, darüber schweigt sich das ZDF aus.

Papst auf Youtube


26 Jan

Oh je, auch das noch: Der Papst will einen eigenen Videokanal auf Youtube einrichten.

„Vatikan – Die katholische Kirche setzt zunehmend auch auf moderne Kommunikations technologien, um ihre Glaubensbotschaft in der Bevölkerung zu verbreiten. US-amerikanischen Medienberichten zufolge soll Papst Benedikt XVI. demnächst sogar seinen eigenen Kanal auf der Internet-Videoplattform YouTube http://de.youtube.com erhalten. In Zusammenarbeit mit Google sollen das Vatikan TV Center und Radio Vatikan Interessierten dort künftig Texte und Videos von Papstreden und nützliche Zusatzinformationen rund um das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche zur Verfügung stellen“.

Was das wohl für „nützliche Zusatzinformationen“ sein mögen? Updates des Neuen Testaments? Servicepacks für den Katechismus? Oder sind die päpstlichen Grußdateien vielleicht eher Computerviren oder -würmer, die nun auch noch die heimischen Rechner verseuchen wollen?

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter