Crowdfunding: Das ist die Finanzierung von Projekten, beispielsweise journalistischer Art, durch Spenden oder durch eien moderne Art von Subskriptionslisten. Sehr wohltätig geht es dabei aber nicht zu, denn jede Seite will natürlich auch einen Gegenwert. Warum Verlage und Rundfunkanstalten nicht mehr die Mittel haben, journalistische Arbeit selbst zu finanzieren, ist eine Frage, der ein lesenswerter Artikel in „M — Menschen Machen Medien“ nachgeht:
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ARD: Illusion eines Massenmediums
Medienwissenschaftler und Filmemacher Lutz Hachmeister hat in der Wochenzeitung “Die Zeit” eine kritische Bewertung des neuen Talkshow-Zeitalters in der ARD vorgenommen. Der Artikel ist selbst nicht immer konzise, trifft aber in einigen Analyseeinheiten den Nagel auf den Kopf. Zum Beispiel hier:
Kein ARD-Verantwortlicher wird einem ernstzunehmenden Gesprächspartner weismachen, fünf Talkshows im Ersten dienten in irgendeiner Form der Aufklärung oder einem rationalen Erkenntnisgewinn. Es geht vielmehr um Flurbegradigung, sicherheitsorientierte Gleichförmigkeit, »Stripping« der Programmlinien. Und natürlich darum, bekannte Namen der Konkurrenz wegzukaufen, um so lange wie möglich in der Illusion des Massenmediums zu leben.
“Illlusion eines Massenmediums”: Das hat mir sehr gut gefallen. Nun stimmt es zwar, dass nach allen geläufigen Definitionen der Kommunikationswissenschaft das Fernsehen nach wie vor Massenmedium Nummer Eins ist. Dennoch ist die Formulierung irgendwie treffend: Immer noch machen Fernsehverantwortliche sich vor, sie würden die Maßstäbe setzen, was gesellschaftliche Diskussionen oder ästhetische Standards angeht. Doch die Definitionsmacht ist längst auf andere übergegangen. Aus den Maßstäben wurden buchstäblich Mass-Stäbe. So kann’s auch abwärts gehen mit einem Medium.
ARD: Wann bekommt Waldemar Hartmann endlich eine neue Talkshow? | Kultur | ZEIT ONLINE
Noch nie online: In Deutschland jeder Sechste
Onlinehype? Jeder sechste Deutsche, nämlich 17 % der Bevölkerung, waren nach Angaben des Wiesbadener Statistischen Bundesamts noch nie im Internet. Die Datenautobahn ist für viele Menschen ein kleiner Flurbereinigungsweg.
In Deutschland haben 17 % der Bevölkerung zwischen 16 und 74 Jahren noch nie das Internet genutzt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden mitteilt, haben vor allem ältere Menschen keine Interneterfahrung. In der Altersklasse von 55 bis 74 Jahren galt das für 42 %. In den jüngeren Altersklassen lag der Anteil hingegen jeweils unter 10 %.
Im europaweiten Vergleich liegt die Bundesrepublik damit immer noch in der oberen Hälfte, was die Internetnutzung angeht. In drei europäischen Ländern war mehr als die Hälfte der Bevölkerung noch nie online: Rumänien, Griechenland und Bulgarien. Aber auch in der Kulturnation Italien ist über 40 Prozent der Bevölkerung das Internet fremd. Obwohl, vielleicht ist es ja deswegen eine Kulturnation …
Urlaub: Erholung von Medien?
Wer glaubt, auch die Sprachschnitzer des deutschen Journalismus würden einmal Urlaub machen und uns wenigstens in der Ferienzeit ein bisschen Erholung gönnen, der irrt. Ein paar kleine Kostproben:
Sportreporter Edgar Endres auf Bayern 5 aktuell:
„Das 2:0 hätte noch wesentlich höher ausfallen müssen“.
Sportreporter sind ja schon legendär für ihren Quatsch mit Soße. Und hier quarkt es wieder besonders: Ein 2:0 wird auf immer und ewig ein 2:0 bleiben. Denn wenn es höher ausfiele, wäre es definitiv kein 2:0 mehr. Irgendwie logisch. Aber damit haben es Sportreporter ja nicht immer.
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Aus der TV-Kritik über eine Adelsschmonzette aus dem Hause Habsburg in der Süddeutschen Zeitung:
„Franz ist ein dynastisch denkender, frustrierter Taktiker, der sich erwehren muss gegen allerlei sozialreformerische und frühdemokratische Ideen seiner Untertanen“.
Es ist schon ein Elend mit der erlesenen Ausdrucksweise. Da wählt man mal, weil es trés chic klingt, ein nicht völlig allgemein gebräuchliches Verb wie „sich erwehren“, und dann patzt man doch wieder. Denn „sich erwehren“ regiert einfach den Genitiv: „… er musste sich allerlei frühdemokratischer Ideen erwehren …“. Das Adverb „allerlei“ jagt einen hier natürlich ein bisschen ins Bockshorn (nicht: „Boxhorn“!), da es nicht mitflektiert wird und darum den korrekten Gebrauch des Genitivs etwas vernebelt.
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Gut, dass Journalisten auch in der Ferienzeit zwischen Bericht und Kommentar klar zu unterscheiden wissen. Obwohl, einige, wie zum Beispiel Gustav Seibt in der SZ, lassen auch da an heißen Tagen mal fünfe gerade sein. In einem Bericht über die Autobrandstiftungen in Berlin schreibt er:
„Natürlich sind verbürgerlichte Alternative gegen brennende Autos, aber ein paar Blockwartdienste zum Wohl der Volksgemeinschaft im Kiez dürfen schon sein“.
Dafür muss man diesen wohlfrisierten Autoren von Qualitätszeitungen schon dankbar sein: Wer sonst, wenn nicht die Süddeutsche, würde den passenden Kamm finden, um die neu erstarkten Grünen mit Nazis über einen ebensolchen zu scheren.
Vermischtes aus den Medien
Was ist in der neuesten Ausgabe von „Zeit Wissen“ zu lesen:
Noch immer sterben die meisten Menschen in Deutschland an einem Herzinfarkt – doch es werden weniger.
Korrekterweise müsste es doch wohl heißen: „… deswegen werden sie weniger“. Denn wenn sie sterben, können sie sich wohl kaum noch vermehren, oder?
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Merkwürdig, da will man laut eigenem Verständnis und Redaktionsstatut „nach sozialen und liberalen Grundsätzen“ arbeiten, nämlich die Süddeutsche Zeitung, Deutschlands große „gemäßigt linke Tageszeitung“, und dann gibt man eine Buchreihe unter dem Motto „Entdecken Sie den Snob in sich“ heraus.
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Jetzt wurde der Katastrophen-Fernsehsender „9live“ vollends eingestellt. Das wurde aber auch Zeit.
Medien in Deutschland nicht jugendfrei
Nach einer Meldung des Branchendienstes Meedia hat die Kommission für Jugendschutz (KJM) die deutschen Medien stark gerüffelt:
Eine ganze Reihe an Verstößen in Rundfunk und Internet hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) im zweiten Quartal 2011 festgestellt. Allein auf das RTL II-Format „X Diaries“ entfielen 31 der insgesamt 47 Fälle. Die Scripted-Reality-Produktion sei wegen ihrer aufdringlichen Darstellung von Sex und Alkohol und der derb-zotigen Sprachwahl für Jugendliche unter 16 Jahren als entwicklungsbeeinträchtigend zu bewerten. Zudem rüffelte die KJM die Live-Berichterstattung von N24 über das Geiseldrama in Manila.
Den ganzen Bericht der KJM kann man hier lesen.
Attentate in Norwegen: Wo bleiben die Islamisten?
Was ist nur mit den islamistischen Terroristen los? Jetzt überlassen sie das Feld schon nordischen Rechtsextremisten. Dabei hätten sie doch nur auf die deutsche Presse und das deutsche Fernsehen hören müssen, dann hätten sie gewusst, was zu tun ist. Der Branchendienst Meedia kommentiert:
Da können Journalisten noch so häufig über die Notwendigkeit der sorgfältigen Recherche sprechen – wenn es schnell gehen muss oder soll, brechen oft alle Dämme. Am vergangenen Freitagabend war es wieder so weit. In den ersten Stunden nach den Anschlägen in Oslo dominierten Experten und Kommentatoren die mediale Öffentlichkeit, die Panik vor einem islamistischen Anschlag schürten. Vorn mit dabei war auch die Nachrichtenagentur dapd.
Medienjournalist Stefan Niggemeier in seinem Beitrag „Wer solche Experten kennt, braucht keine Laien“ für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung spricht von „offensivem Nichtwissertum“ und fügt an:
Eine Explosion und ihre Interpreten: Die Fernsehberichterstattung
erwies sich einmal mehr als verheerende Kombination aus dem Zwang,
Inhalte zu produzieren, und dem Wunsch des Publikums nach unmittelbaren
Antworten.
Die Fuldaer Zeitung schrieb gar in einem Kommentar über „feiges Terrorpack“ und stellte den Beitrag später offline. Die Entschuldigung, die das Blatt dann nachschob, machte es allerdings nicht besser, sondern noch schlimmer:
Lange Zeit hat am Freitagabend Vieles darauf hingedeutet, dass die
beiden Anschläge in Norwegen von islamistischen Terrorristen begangen
worden sein könnten.
Nein, nichts hat auf „Anschläge in Norwegen von islamistischen Terrorristen“ (sic!) hingewiesen. Außer man meint, dass jede Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen automatisch auf islamistische Terroristen hinweist. Dann möchte man aber wissen, was die Fuldaer Zeitung nach der kommenden Sylvesternacht schreiben wird.
Umfrage: Was ist schlechter Journalismus?
Benutzerin Nephilia81 hat vor einiger Zeit auf der Online-Umfrageseite woobby.de eine Umfrage lanciert, was unter schlechtem Journalismus zu verstehen sei. Das Umfragedesign folgt sicherlich nicht den Maßgaben der Medienforschung, die Antworten folgen nicht etwaigen Leitfragenvorgaben, sondern können frei formuliert werden. Gerade dadurch hat das Ergebnis, an dem sich 335 Leute beteiligt haben, etwas Erfrischendes:
1.
31,7% Wenn man man überall die
Pressemeldung liest anstelle eines selbst recherchierten Artikels2.
16,6% Wenn nicht richtig recherchiert
wurde3.
10,9% Wenn Journalisten unethisch
handeln wie damals bei der Geiselnahme von Gladbeck4.
10,6% Wenn der Artikel in einer Zeitung mit rotem Logo erscheint.5.
7,5% Wenn die eigene Meinung des Journalisten glasklar durchscheint6.
6,8% Seriositätsheuchler,die Kaiserschmarrn zusammenschmieren.7.
4,1% Wenn die Artikel sich eher wie Werbung lesen8.
3,1% Wenn die Zitate falsch sind9.
3,0% Dem Zeitgeist folgende Artikel.10.
2,9% Wenn der Schreiberling offensichtlich noch blöder ist als seine Leser es
je werden können.
Münchner „tz“ fehlt ein Zacken in der Krone
Für die Monarchisten unter uns (und davon soll es ja insbesondere in Bayern noch eine erkleckliche Anzahl geben) war es ein trauriges Ereignis, viele andere haben es vielleicht eher emotionslos zur Kenntnis genommen: Otto von Habsburg, der Sohn des letzten österreichischen Kaisers, verstarb vor einigen Tagen und wird nun in einer sehr zweigeteilten Form beigesetzt — in der berühmten Kapuzinergruft in Wien, sein Herz allerdings, von einem Spezialisten fachgerecht entnommen (übrigens nach dem Dahinscheiden) in Ungarn. Was aber macht die Münchner Boulevardzeitung tz daraus?
Otto v. Habsburg war alles Mögliche, er war CSU-Politiker und Europaabgeordneter, er hat auch gewisse Verdienste um die europäische Einigung, aber eins war er mit Sicherheit nicht: „gekrönt“. Und darum kann auch keine „gekrönte Liebe“ wieder vereint werden, wie die tz mutmaßt. Dazu fehlte dem letzten Kaisersohn der Habsburger schlicht der ein oder andere Zacken in der Krone …