Lügenbaron Münchhausen hat die Kunst entwickelt, sich selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Dieses Kunststück haben noch nicht viele zu wiederholen verstanden. Nur Journalisten haben einen Weg gefunden, das Husarenstück des Lügenbarons zu wiederholen: Sie interviewen sich selbst. Neuestes Beispiel ist das vorgebliche Mutterschiff aller Nachrichtenorgane, die ARD Tagesschau. Auf deren Internetseite ist ein Interview mit „Wahlexperte Jörg Schönenborn“ über den Ausgang der hessischen Landtagswahl zu lesen. Allerdings ist Schönenborn nicht irgend ein neutraler Beobachter, sondern Chefredakteur des größten ARD-Senders, nämlich des WDR, und als solcher führt er sonst selbst in der Tagesschau die Interviews. Eines unterscheidet diesen kleinen Zaubertrick, also die Verwandlung des Interviewers in den Interviewten, dann doch von der erwähnten Münchhausiade: Wer sich selbst interviewt, der gerät nur immer tiefer in den Sumpf.
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Fernsehen stört bei Sex
Das neue Jahr fängt ja direkt gut an, nämlich mit schlechten Nachrichten: Fernsehen ist, wie die Zeitschrift Reader’s Digest feststellt, ein Sextöter.
Eines sollten Paare aber unbedingt vermeiden: Einen Fernseher ins Schlafzimmer stellen. Die italienische Sexualforscherin Serenella Salomoni fand in einer Studie über 523 italienische Paare heraus, dass sie im Schnitt zwei Mal in der Woche Sex hatten, mit einem Fernseher im Schlafzimmer sich die Leidenschaft aber halbierte.
Mit Fernsehen halbiert sich die Leidenschaft: Ein Schlag ins Kontor für alle, die Emotionalität für die hervorragende Eigenschaft unseres Fernsehprogramms halten.
Gute Vorsätze fürs Fernsehen
Nach einer Online-Umfrage der Website Beauty24 ist geringerer Fernsehkonsum kein guter Vorsatz fürs neue Jahr. Danach
steht dieses Jahr vor allem mehr Zeit auf der Vorsatzliste: mehr Zeit für sich, die eigene Gesundheit, Familie und Freunde. Erstaunlich, dass trotzdem nur etwa fünf Prozent angaben, auf die Zeit vor dem Fernseher zu verzichten.
Wie das allerdings praktisch vereinbar sein soll, mehr Zeit für Freunde zu haben und trotzdem nicht weniger fernzusehen, darüber schweigt Beauty24 sich aus.
Wieviel Gewalt braucht das Fernsehen?
„Gewalt in den Medien“, zu diesem Thema hat die Süddeutsche Zeitung im Rahmen ihres Gesundheitsforums eine Veranstaltung durchgeführt.
„Es könnte alles so schön sein in Deutschland. Seit Jahrzehnten schon nimmt die Zahl der Morde und der schweren Gewalttaten ab, bloß: Niemand weiß es. „In allen Umfragen geht eine große Mehrheit der Befragten davon aus, dass die Kriminalitätsrate steigt“, sagte Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, am Dienstag in München. Die Deutschen fühlen sich bedroht. Schuld daran seien, da ist Pfeiffer sicher, die Medien.
Sein Beispiel: Über ein Sexualverbrechen werde im privaten Fernsehen heute sechsmal so lange berichtet wie noch vor zehn Jahren, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dreimal so lange.“
Die Folgen, die diese Form von Gewalteinwirkung auf Zuschauer hat, sind drastisch. Darüber habe ich schon vor anderthalb Jahren im Anti-Medien-Buch einen längeren Abschnitt verfasst: Fernsehen macht gewalttätig. (mehr …)
Öffentlich-rechtlicher Sender steht vor der Pleite
Dem österreichischen Rundfunk ORF droht die Pleite. Allein in diesem Jahr fehlen dem Sender 100 Millionen Euro. Schon muss man ans Eingemachte, das Eigenkapital, und selbst das droht bis zum Jahr 2012 auszugehen, wie die Kleine Zeitung aus Kärnten meldet. In der Geschichte des öffentlichen Rundfunks in Europa wäre das ein einmaliger und historischer Fall. Die Pleite fand ihr Sinnbild übrigens in einer peinlichen Panne bei einer Fußballübertragung: Das Länderspiel Österreich gegen die Faröer Inseln konnten die ORF-Zuschauer nicht sehen, weil der ORF das nötige Equipment für eine Live-Übertragung nicht dabei hatte …
Oberster ARD-Journalist ein Stasi-IM?
Nach Informationen von Welt online soll der ehemalige Chef von ARD aktuell, Bernhard Wabnitz, unter dem Pseudonym „Junior“ als Inoffizieller Mitarbeiter für die Stasi spioniert haben. Wabnitz, der von 1999 bis 2005 Chef von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ in der ARD war, arbeitet seitdem als Studioleiter für die ARD in Rom. Er bestreitet die Vorwürfe. Welt online dagegen zitiert aus dem Dossier, das die Birtler-Behörde zusammengestellt hat, und aus dem hervorgeht, dass Wabnitz nicht nur als Kontaktperson „abgeschöpft“ wurde, sondern tatsächlich als Agent für den DDR-Geheimdienst spioniert hat. Die Welt folgert:
„In der ARD gilt Wabnitz als einer, der selbst bei einer explodierenden Nachrichten- und Bilderflut den Überblick behält. Womöglich hat von dieser Tugend nicht allein sein Arbeitgeber profitiert“.
Fernsehen kann schwanger machen
Nach einer Studie der gemeinnützigen Organisation RAND Corporation kann Fernsehen schwanger machen. In TV-Serien wie Desperate Housewifes oder Sex in the City spielt Sex keine unbeträchtliche Rolle. Und dies soll ein Faktor sein, warum Jugendliche in den USA schwanger werden, noch bevor sie einen Schulabschluss haben.
„Jugendliche beziehen einen großen Teil ihrer Information über Sex aus dem Fernsehen“, sagt Studienleiterin Anita Chandra. „Aber die wenigsten Sendungen machen die Risiken oder die Verantwortung, die Sex mit sich bringen, zum Thema.“
Medien in der Wüste
Wie verhalten sich eigentlich Medien, wenn sie in die Wüste geschickt werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich heute in der taz deren Nahost-Korrespondent Karim El-Gawhary. In dem Artikel „Entführte Medien“ greift er die Berichterstattung über die elf entführten Touristen in der ägyptischen Wüste an. Insbesondere beleuchtet er, wie Information durch Spekulation ersetzt wird und wie dies die Entführten selbst gefährdet.
„Direkt in die Verhandlungen greifen die Medien dann durch ihre Spekulationen über die Höhe des geforderten Lösegeldes ein. Für die Unterhändler ein wahrer Alptraum. Denn die in den deutschen Medien kolportierten Summen, finden sich am nächsten Tag auch in der arabischen Presse wieder und können ganz schnell für die Entführer zur Verhandlungsbasis werden. Nach dem Motto: die deutschen Medien schreiben fünf Millionen, also verlangen wir sieben.“
Was schreiben, wenn es nichts zu berichten gibt? Das ist das Grunddilemma der Medien. Auf der Suche nach „gefühlter Nähe“ zum Objekt der Begierde und der Berichterstattung treiben die Medien mitten im Wüstensand die seltsamsten Blüten. Die aktuelle Berichterstattung fand Gilf-El-Kebir statt. Dies ist aber einer der entlegenen Wüstensandstriche, buchstäblich: das Ende der Welt. Was also tun die westlichen Fernsehstationen?
„Aus unerfindlichen Gründen haben sich die Fernsehstationen in der südägyptischen Stadt Assuan aufgebaut. Sozusagen beim nächsten Wasserhahn des Geschehens. Mehr Informationen als in Kairo werden sie dort nicht bekommen. Die Stadt Assuan hat nichts mit der Geschichte der Entführung zu tun. Die Reisenden waren ganz woanders, in der Oase Dakhla zu ihrer Wüstentour aufgebrochen und selbst die verantwortliche Provinzverwaltung findet sich ganz woanders. Und die meisten Informationen zur Entführung gibt der Tourismusminister und der sitzt in Kairo. Aber es sieht einfach zu gut aus, wenn der Reporter mit dem Nil im Rücken für die Zuschauer im arabischen Kaffeesatz liest.“
Gefahren des Fernsehens
Was Film und Fernsehen bei den jungen Dingern anrichten können, die in der Bildzeitung immer die Mädchen von nebenan heißen, dafür gibt die Süddeutsche Zeitung heute ein gutes Beispiel:
„Nach dem Anschauen des Films „Das Parfüm“ fürchteten sich zwei Schülerinnen so sehr, dass eine aus dem Fenster stürzte.
Ein 13-jähriges Mädchen, das sich aus Angst vor Einbrechern mit einem Bettlaken aus dem elterlichen Haus in Oberhaching abseilen wollte, ist beim Sturz aus fünf Metern Höhe schwer verletzt worden und liegt nun mit gebrochenem Becken im Krankenhaus.
Am Donnerstagabend waren die Eltern des Mädchens nicht zu Hause. Dafür hatte die 13-Jährige jedoch Besuch von einer gleichaltrigen Freundin und über Nacht blieb eine Tante, die auf die beiden aufpasste. Die zwei Mädchen schauten sich den Film „Das Parfüm“ an und steigerten sich dabei offenbar in eine Angst hinein, die auch das Ende der Nacht überdauerte“.
Thema verfehlt?
Wie man ein Thema nicht nur haarscharf, sondern vollständig verfehlen kann, dafür gibt die Website von tagesschau.de heute ein beunruhigend gutes Beispiel. Unter der Überschrift „Tritt SPD-Parteichef Beck zurück?“ wird dort von „Oliver Günther (HR), ARD-Hauptstadtstudio Berlin,“ viele, viele Zeilen lang über die SPD-Klausurtagung in einem Örtchen namens Schwielowsee gehandelt. Doch auf die in der Überschrift aufgeworfene Frage über das weitere Schicksal des SPD-Parteichefs wird mit keiner einzigen Zeile eingegangen.
Nachschlag: Nach einem halben Tag hat man es auch bei tagesschau.de gemerkt. Der Artikel wurde ausgetauscht und durch einen etwas sinnvolleren ersetzt. Wer die ursprüngliche Version kennenlernen möchte, kann sich im folgenden kundig machen: (mehr …)