Archive for the ‘Fernsehen’ Category

RTL inszeniert Schicksale und lässt Qualität vermissen


22 Apr

Was der Branchendienst Meedia da nachrecherchiert hat, lässt einen Einblick in die Arbeitsweise eines Privatfernsehsenders zu:

Bei der Real-Life-Doku „Vermisst“ bei RTL sucht Moderatorin Julia Leischik Woche für Woche mit großem Aufwand vermisste Personen. In der jüngsten Folge fahndete sie in den USA nach der Enkelin einer deutschen Rentnerin. Nach vielen Tagen der Recherche kam es zur tränenreichen Zusammenführung. Weniger emotional, dafür bedeutend unkomplizierter aber auch weniger dramatisch hätte man die „Vermisste“ Bianca Jean Albertson im Internet finden können. Sie steht mit ihrem vollen Namen bei Facebook.

Recherche ist im Journalismus das eine, die Inszenierung der Recherche das andere. „Scripted Reality“ ist die neueste und viel kritisierte Mode bei den sog. Doku-Serien. Sie sind nur scheinbar „dokumentarisch“, in Wahrheit agieren Laiendarsteller nach einem vorgefertigten Drehbuch („Script“). Was wir bei „Vermisst!“ erleben, ist „scripted journalism“:

Der Name der verlorenen Enkeltochter von Rentnerin Gisela war von Anfang an bekannt: Bianca Jean Albertson. Während sich im TV Julia Leischik mit ihrem Team ins Flugzeug setzte und nach Omaha flog, um sich dort auf Polizeistationen und Binnenwerften umzuhören, gab Denise Rubino, Social Media Contextmanagerin beim Media-Netzwerk Vivaki, zuhause den Namen spaßeshalber bei Facebook ein. Und siehe da: Die „vermisste“ Bianca Jean steht mit ihrem vollen Namen im weltweit größten Sozialen Netzwerk. Es gibt sogar nur einen einzigen Suchtreffer mit diesem Namen. Einfacher geht’s kaum.

Also, Qualität sieht anders aus.

Meedia: „Vermisst“: Wie RTL Schicksale inszeniert

Beklopptes Fernsehen


21 Apr

Unter der schönen und irgendwie auch treffenden Überschrift „Beklopptes Fernsehen“ ist bei YouTube dieser Zusammenschnitt deutschen Fernsehschaffens zu finden, der jedem Gruselkabinett zur Ehre gereichen würde:

Ekeljobs im Fernsehen


20 Apr

Ein Programmtipp heute beim Internet-Medienportal Meedia:

Auf Vox wird’s unappetitlich: Die „Stern TV-Reportage“ (22.15 Uhr) berichtet über Ekeljobs.

Hoffentlich wird da auch über den Arbeitsplatz von Markus Lanz beim ZDF berichtet.

Meedia: Home

Eine kleine Lanz-Partie


16 Apr

Markus Lanz ist die Grinsekatze des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF). Das bestangezogene Stück Seife des Strickjackensenders hat auch mit seiner gestrigen Sendung (15.04.) eindrucksvoll zur Show gestellt, dass er den Tiefgang des Wattenmeers besitzt und noch auf der eigenen Schleimspur ins Rutschen gerät.

Ich muss gestehen, vorher noch nie eine Folge dieser „Kerner“-Ersatzsendung im ZDF gesehen zu haben. Und diese spezielle Folge sah ich nur, weil ein Bekannter von mir ein kirchenkritisches Buch veröffentlicht hat und ursprünglich als Studiogast zum Thema „5 Jahre ‚Wir sind Papst'“ eingeladen war. Jedoch, erste Überraschung: Mitnichten fängt die Sendung wie angekündigt mit dem Papst und seinen Kritikern an. Fernsehzuschauern, die zu nachtschlafender Zeit vor der Flimmerkiste noch die Eier schaukeln, ist mit Altmänner-Vereinen und Jungfräulichkeitsgetue eben nicht beizukommen. Stattdessen geht es darum erstmal um das tragische Schicksal eines britischen Fotomodells:

Katie Piper war Model und Moderatorin in England. Auf einen Schlag wurde am 31. März 2008 ihr bisheriges Leben zerstört. Da war sie 24 Jahre alt. Sie wurde das Opfer eines Säure-Anschlags. Es war die grausame Rache ihres Ex-Freundes. Heute ist sie für ihr Leben entstellt und auf einem Auge blind. Bei Markus Lanz spricht sie darüber, wie sie ihr schönes Lachen zurückgewann und neuen Lebensmut fand.

Man sieht in einem, durchaus eindrücklichen, Einspielfilm Bilder Londoner Überwachungskameras, die das Säure-Attentat minutiös festgehalten haben. Man sieht eine trotz aller Chirurgie ziemlich entstellte junge Dame und hört eine sehr selbstbewusste charismatische Lady, die zu ihrem Schicksal steht. Vor allem aber erlebt man das totale ethische Versagen eines gut frisierten Journalisten-Darstellers, der es schafft, in einem 20-minütigen Gespräch auch nicht eine sinnvolle und angemessene Frage zu stellen. Stattdessen Entgleisungen wie diese (ich zitiere aus der Erinnerung): „Wir wollen nicht weiter über die Vergewaltigung sprechen! Wie lange waren Sie übrigens in der Gewalt des Täters?“ Und fällt dem Schmierentragödianten selbst auf diesem Niveau nichts Ekelerregendes mehr ein, zeigt er erneut die Videobilder von dem Attentat. Nicht einmal, nicht zweimal, nein dreimal muss der Zuschauer sich die entsetzliche Bildfolge anschauen. Für so etwas sollte der deutsche Presserat eigentlich journalistisches Vierteilen verhängen dürfen.

Da kann ein Gespräch über die katholische Kirche natürlich nicht gegen anstinken. Aber dass die einzige Sprache, die Lanz wirklich versteht, der Dresscode ist, hat er auch hier eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dass ein so präpotenter Lackel sich erlaubt, eine kirchenkritische Theologieprofessorin mit den Worten zu verabschieden: „Ich hatte Angst um Ihren Gesundheitszustand“, durften Damen in früheren Zeiten mit einer Ohrfeige quittieren. Natürlich hat Ute Ranke-Heinemann das nicht nötig, sie konterte: „Da ist mir der Ratzinger noch lieber, der kann wenigstens besseres Latein“. Markus Lanz ist mit dem Latein am Ende, bevor er jemals damit angefangen hat.

Mein Bekannter trat übrigens zum Glück in dieser Sendung nicht auf. Oder hat er nach dem Gespräch mit dem Ex-Model einfach das Studio verlassen? Das würde ich ihm zutrauen, und diese Sendung hätte auch nichts anderes verdient gehabt.

Markus Lanz – ZDF.de

Tagesschau-Teilchen und Urknall-Simulation


31 Mrz

Bei Teilchen denken die meisten Leser, jedenfalls die aus dem Rheinland, an süßes Hefegebäck. Was Hefegebäck mit Astrophysik zu tun hat, das vermochte keiner der Journalisten aufzuklären, die in den letzten Tagen begeistert von den Experimenten am Genfer CERN berichtet haben. Beispielhaft dafür die Internetseite der Tagesschau. Da wird über einen “Teilchenbeschleuniger” berichtet, als würde geradewegs aus der Backstube reportiert, da werden “Urknallmaschinen” in Gang gesetzt und für Reparaturen Ringe “auf minus 271 Grad” abgekühlt. Und als hätte einer der gewöhnlichen Tagesschau-Gucker oder –Leser irgendetwas von der (dunklen?) Materie verstanden, heißt es dann:

Zwei Protonenstrahlen können mit beinahe Lichtgeschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung durch den Ring gejagt werden und sollen dann zusammenstoßen. "Bei diesen Kollisionen simuliert man einen winzig-kleinen Ausschnitt aus dem Universum", erklärt CERN-Physiker Rolf Landua.

Wie jetzt? Werden nun “Teilchen” beschleunigt oder “Strahlen”? Und was genau sind eigentlich diese Protonen? Ach, diese Zuschauer und Leser verstehen doch sowieso nichts von diesen komplizierten Dingern, wird sich der Redakteur gedacht haben, da fange ich doch gar nicht erst an, irgend etwas davon zu erklären. Ums Erklären ging es schließlich dem Tagesschauteam auch gar nicht. Es geht um “gefühlten Journalismus” und die einzig noch interessante, wenn auch nicht wissenschaftliche Frage, wie die Welt sich eigentlich anfühlt. Darum wird ans Ende dieses Artikels, der mehr verklärt als erklärt, eine Umfrage gerückt:

Haben Sie Angst vor einem Schwarzen Loch?

Im Teilchenbeschleuniger LHC in Genf sind Protonenstrahlen mit bislang unerreichter Energie aufeinandergeprallt. Physiker wollen mit dem Experiment einen kleinen Ausschnitt aus dem Universum simulieren. Kritiker fürchten die Entstehung winziger Schwarzer Löcher. Haben Sie davor Angst?
Ja
Nein
Ich habe dazu keine Meinung

Nicht um Wissenschaft geht es also, sondern um Ängste! Und wenn es der Urknall ist, wird es wohl um Urängste gehen. Ins Lexikon dummdreister Fragen, die so dämlich sind, dass jeder sich schämen sollte, der zu antworten versucht, sollte dieses “Haben Sie Angst vor einem Schwarzen Loch?” unbedingt aufgenommen werden. Und wer seinen Grips nicht vor dem Physikum verloren hat, der wird künftig vor allem vor einem Angst haben: Nämlich vor den Schwarzen Löchern in der Tagesschau-Redaktion.

Teilchenbeschleuniger LHC startet Urknall-Simulation | tagesschau.de

Fernsehköchin glotzt nicht gern


27 Mrz

Fernsehköchin Sarah Wiener glotzt ungern. Wie heute in der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist, hat die Köchin sich zwar gerade einen neuen Fernseher gekauft,

… aber der läuft nur, wenn Schalke spielt.

Vorabend-Fernsehen


24 Feb

Lautäußerungen beim Fernsehkonsum sind ja nicht ungewöhnlich. Der Student Lukas Domnick hat ein Vorabend vor der Flimmerkiste sogar zum Singen gebracht. Hier sein Lied:

Ein Interview mit dem Interpreten findet sich bei

http://www.dwdl.de/story/24850/youtubefundstck_die_beste_tvkritik_in_balladenform/

"IM" Brender


23 Feb

Brender Dieser Nikolaus Brender! Sein Stalin-mäßiger Schnurrbart hat ihn bei den Verkennern der politischen Szene ja immer schon verdächtig gemacht. Aber das Maß an Nestbeschmutzung, das er sich in der jüngsten Ausgabe des Spiegel geleistet hat, nur weil er auf die schnödeste und politisch zweifelhafteste Art seinen Job als Chefredakteur beim Zweiten Deutschen Fernsehen verloren hat, ist dann doch ohnegleichen. Findet jedenfalls das Hamburger Abendblatt:

Nun hat aber auch ZDF-Intendant Markus Schächter Brenders Äußerungen als „in der Sache falsch und in der Form maßlos und inakzeptabel“ bezeichnet. Die ZDF-Redaktionen seien „unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Einflüsterungen“. Wer etwas anderes behaupte, müsse dies belegen und, wenn er wie Brender zehn Jahre in der Verantwortung stehe, abstellen. „Man kann nicht gegen Diffamierungen zu Felde ziehen, indem man seine eigenen Mitstreiter diffamiert.“

Die Tageszeitung Die Welt gar versteht die Welt nicht mehr und vergibt, weil jeder gute Journalismus sich anmaßen darf, auch mal Kopfnüsse und Kopfnoten zu verteilen, Herrn Brender eine glatte „5“:

Für die Umstände seiner Entlassung war dem scheidenden ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender viel Sympathie entgegengeschlagen. Dass er die Parteien jetzt aber beschuldigt, sich in dem Sender „inoffizielle Mitarbeiter, vergleichbar mit den IM der DDR“ zu halten, das macht nur noch ratlos.

Nun wäre es natürlich ein Leichtes, Brenders Entrüstungssturm den Wind aus den Segeln zu blasen, indem einer der führenden deutschen Parteipolitiker hergeht und ihm klar und deutlich widerspricht. Hat jemand sie vernommen? Nein. Darum kann die F.A.Z. auch hinterfragen, ob nicht — horribile dictu — Nikolaus Brender mit seinen Vorwürfen womöglich recht hat:

Ohne die Zuträger aus dem Sender, auf die Brender anspielt, funktioniert das System selbstverständlich nicht. Dass es funktioniert, hat die im Laufe der Debatte unter anderem von Roland Koch vorgetragene Kritik an Brender gezeigt, an dessen vermeintlichen persönlichen Schwächen im Umgang mit Mitarbeitern wie an angeblichen Misserfolgen im Programm. Das war zwar alles sehr durchsichtig und inhaltlich dürftig, aber erkennbar mit Senderinterna unterfüttert. Etwas anderes wäre auch überraschend, schließlich müssen sich diejenigen, die auf Parteischienen nach oben gleiten, ja irgendwie revanchieren.

ZDF: Mit dem Zweiten spitzelt es sich eben besser.

Spitzelvorwürfe beim ZDF – Schächter tadelt Brender: „Falsch, maßlos, inakzeptabel“ – Kultur & Live – Hamburger Abendblatt

Drehbuchautor über öffentlich-rechtliche Gepflogenheiten


22 Feb

Felix Huby, einer der bekanntesten deutschen Fernseh-Drehbuchautoren, äußerte sich im Kölner Stadtanzeiger über den Umgang öffentlich-rechtlicher Sender mit ihren Autoren.

Als ich 1981 für die Bavaria meinen ersten Schimanski-„Tatort“ geschrieben habe, tauchte der Produzent plötzlich als Koautor auf. Die Bavaria zahlte ihren Mitarbeitern damals nicht viel, erlaubte ihnen aber, als Autoren zu arbeiten. Der Mann hat auf diese Weise sein Gehalt aufgebessert.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird aus Gebühren, sprich: öffentlichen Geldern, finanziert. Das hindert aber einige festangestellte Redakteure nicht daran, sich ausgesprochen privatwirtschaftlich zu verhalten.

Wenn es um viel Geld geht, gibt es immer große Begehrlichkeiten. Oft kann man sich nicht erklären, warum ein Buch plötzlich abgelehnt wird, obwohl es laut Redakteur „auf einem guten Weg“ war. Ich habe das beim Pilotbuch für „Rosa Roth“ erlebt. Nach diversen Fassungen hieß es, da muss ein Skript-Doktor ran, und der war dann plötzlich der Autor. Die Figuren, die Geschichte: Alles war von mir. Dennoch hieß es lediglich „Nach einer Idee von . . . “ Später verkündete Iris Berben, eigentlich sei das Ganze von ihr.

Und die Zukunft? Sieht laut Huby auch nicht rosig aus:

Durch die hervorragende Ausbildung an den Film- und Fernsehhochschulen kommen immer mehr gute Autoren nach, für die es nicht genügend Sendeplätze gibt. Und natürlich wollen sie nicht in den ausgefahrenen Gleisen arbeiten. Aber das Außergewöhnliche, das Unerwartete wird viel zu selten versucht. Im Alter neigt man ja ohnehin zu Nostalgie, aber das war früher anders. Männer wie Günther Rohrbach oder Gunther Witte waren noch Vollblutredakteure. Heute sitzt man oft coolen Beamtentypen gegenüber . . .

RTL 2: Tierische Promis


22 Feb

Die Riege der Z-Promis hat beim unnötigsten aller Fernsehsender, nämlich RTL2, ein neues Betätigungsfeld gefunden: Nach einem Bericht der Bild am Sonntag sollen Menschen mit Namen wie Ross Anthony oder Nico Schwanz, die schon onomatopoetisch dem Animalischen sehr nahe stehen, mit Wildtieren wie Bären, Elefanten oder Affen zusammenleben.

Programmdirektor Holger Andersen (40) zu BILD am SONNTAG: „Die Prominenten werden paarweise zwischen drei und vier Tage bei den Tieren leben und versuchen, sich in die Gruppe zu integrieren. Dabei werden sie auch das Futter der Tiere bekommen.“

Nach der Ankündigung einer Art Super-Sex-Nanny-Doku-Soap namens „Sextalk mit Mama & Papa“ ist dies ein weiterer Tiefschlag fürs Niveau des deutschen Fernsehens. Wie besingen es die Kölner Wise Guys so richtig: „Das Leben ist zu kurz für RTL 2“ …

RTL 2 plant Dschungel-Big-Brother: Prominente sollen mit Wildtieren zusammen leben – Unterhaltung – Bild.de

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter