Archive for the ‘Medien’ Category

Life of Klinsmann


14 Apr

Ist es wirklich „die schlimmste Entgleisung, die es in den deutschen Medien jemals gegeben hat“, wie der Pressesprecher des FC Bayern München, Markus Hörwick, behauptete? Die links-alternative tageszeitung hatte auf dem Titelblatt ihrer Samstagsausgabe Jürgen Klinsmann ans Kreuz genagelt, begleitet von einem Songvers aus dem Monty Python-Klassiker „Life of Brian“: „Always look on the bright side of life“. Nach den blamablen Niederlagen von Klinsmanns hochbezahlter Fußballmannschaft gegen Wolfsburg und gegen Barcelona mag der Trainer allerdings eher Kopf-, als Kreuzschmerzen gehabt haben. Entgleisungen in den Medien sehen jedoch anders aus:

Es lässt sich wohl kaum als „Ausrutscher“ rechtfertigen, wenn zum Beispiel der Volksmusikmoderator Karl Moik Italiener im laufenden ARD-Programm als „Spaghettifresser“ bezeichnen darf. Wenn der Quizmoderator Frank Elstner zum dunkelhäutigen Schlagersänger Roberto Blanco sagen darf: „Sei jetzt ruhig, sonst kommst Du zurück in den Busch“. Wenn die Boulevard-Moderatorin Birgit Schrowange einen Beitrag über Behinderte mit den Worten ansagt: „Es gibt Menschen, die sind so hässlich, dass sie froh sein können, sich selber nie auf der Straße zu begegnen. Wie ein 50-jähriger, der wohl zu den beeindruckendsten Naturkatastrophen unter den Schönheitsidealen gehört“. (aus: Abschalten. Das Anti-Medien-Buch)

Das sind schon eher veritable Entgleisungen. Dagegen ist ein taz-Titelblatt, das satirisch mit den messianischen Erwartungen spielt, die mit der Ankunft Jürgen Klinsmanns beim FC Bayern verbunden waren, doch eher harmlos. Und passend zum Osterfest sollten die Kontrahenten sich, bittschön, die Hände reichen zum Friedensgruß. Naja, wenn sie nicht vernagelt sind …

Abschalten: Das Experiment


03 Apr

Abschalten. Das Anti-MedienbuchIn meinem Buch Abschalten. Das Anti-Medienbuch hatte ich bei habituellem Medienkonsum, d.h. bei verschärfter Abhängigkeit von Glotze, Computer und Co., dazu geraten, eine „Mediendiät“ oder gar eine „Medienabstinenz“ einzulegen. Für die Zeitschrift PM Perspektiven (Ausgabe 04/2008, S.36-41) hat nun eine Familie das Experiment gewagt und eine Woche auf Medienkonsum verzichtet. Die Grundanlage dieses Experiments ist allerdings eigenwillig:

… eine Woche lang keine Medien für uns alle. Nur Bücher, CDs, DVDs und berufliche E-Mails sind erlaubt.

Nun würde ich als habitueller Medienkritiker allerdings auch Bücher, CDs und DVDs unter die Medien zählen, von deren Konsum ich all denen abraten würde, die danach so süchtig sind wie die Heroinsüchtigen nach der Spritze. Und das scheint bei der Familie von Isabel, Michael und Tochter Clara der Fall zu sein. Heimlich blättern sie dann doch in Möbelprospekten, wollen heimlich den Computer anschalten und möchten das Hochglanzcover der neuen Gala „entjungfern“. Zu allem Überfluss wird abends zwar nicht geglotzt („Erstaunlicherweise fehlt uns das Fernsehen gar nicht“), dafür aber DVD geguckt, was wohl höchstens eine Phasenverschiebung darstellt. Vielleicht war diese DVD keine Offenbarung. Aber das Suchtverhalten scheint sich gerade hier zu offenbaren, denn getreu meiner These von der Polymedialität der Gesellschaft reicht die DVD noch nicht einmal:

Leider darf ich mir dazu nicht die Filmkritik aus dem internet herunterladen. Das schmerzt.

Als nach einer Woche das Experiment beendet ist, was macht da die Familienmutter als erstes? Sie liest im Internet die Rezension zur DVD, die sie am ersten „fernsehfreien“ Abend konsumiert hat. Und siehe da:

Doch schon nach den ersten Zeilen erstarre ich: Ich kenne den Artikel. Er war es, der mich vor Monaten neugierig auf den Film machte … Ich habe mich im Kreis informiert.

Wenn Medien durchdrehen


18 Mrz

Vom journalistischen „Schnäppchenjägertum“ anläßlich des Amoklaufs von Winnenden schreibt epd-Medien unter dieser Adresse.

Vor allem boulevardesk orientierte Vertreter konnten wieder einmal ihre Leistungsfähigkeit mit vorschnellen Thesen unter Beweis stellen und traten einen absurden Wettlauf um das schlimmste Bild, den verzweifeltsten Ton und den schrägsten Beweis an.

Mal abschalten: Shutdown Day 2009


13 Feb

Zum zweiten Mal ruft eine internationale Organisation zum „Shutdown Day“ auf: Am 2. Mai 2009 sollen alle ihren Computer für einen Tag ruhen lassen. „Kannst Du 24 Stunden ohne Deinen Computer überleben?“ fragen die Organisatoren.

„Shutdown Day is a Global Internet Experiment whose purpose is to get people to think about how their lives have changed with the increasing use of the home computer, and whether or not any good things are being lost because of this.

The idea of Shutdown Day project is simple – just shutdown your computer for one whole day of the year and involve yourself in some other activities: outdoors, nature, sports, fun stuff with friends and family – whatever, just to remind yourself that there still exists a world outside your monitor screen.“

„Shutdown Day“ wurde im Jahr 2007 vom kanadischen Programmierer Denis Bystrov erfunden, nachdem er realisiert hatte, dass er zu viel Zeit am Computer verbrachte und gerne mal wieder einen ganzen Tag mit seiner Familie verbringen wollte. Von der letztjährigen Campagne gibt es auch noch einen hübschen kleinen Video.

Untergang der Gutenberg-Galaxis?


08 Feb

KindleWieder einmal prophezeit jemand den Untergang der Buchbranche: Dieses Mal sind es die elektronischen „Reader“, die in diesem Frühjahr auch in Deutschland auf den Markt kommen und Bücher künftig elektronisch verfügbar machen sollen. Was schon in den 60er Jahren der Medienphilosoph Marshall McLuhan und in den 90ern Norbert Bolz vorhersagten, nämlich das „Ende der Gutenberg-Galaxis“, ist jetzt auch in der F.A.Z. angekommen.

„Mit dem iPhone kann man eine halbe Million Bücher, einschließlich aller lizenzfreien Klassiker, unterwegs laden und lesen. So fällt mit der grenzenlosen Mobilität ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des gedruckten Buches. Natura non facit saltus? Die Medienevolution macht gerade einen Tigersprung, dem mancher nicht wird folgen können. Immer mehr Inhalte werden, legal oder illegal, verfügbar, die Geräte leichter, lichter, in naher Zukunft badewannen- und strandtauglich – es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Buchbranche mit den gleichen Problemen konfrontiert sein wird wie die praktisch schon untergegangene Musikindustrie.“

Ob nun ein Tiger springt oder ob es sich um eher zahnlose Vertreter der Fauna handelt, ist noch nicht ausgemacht. Aber „grenzenlose Mobilität“: Das war doch eigentlich genau der Anspruch des Mediums Buch. Hier müsste uns der Reporter schon Neueres als die neueste Neuigkeit verkaufen.

Unnötige Themen


15 Jan

Es gibt in der Welt des Journalismus ja wirklich vernachlässigte Themen. Die Initiative Nachrichtenaufklärung etwa stellt in jedem Jahr eine top ten-Liste mit Themen zusammen, die gesellschaftlich relevant und trotzdem von den Medien, absichtlich oder unabsichtlich, ignoriert wurden. Seit neuestem hat die Initiative übrigens auch einen eigenen Weblog, den Blinden Fleck.

Es gibt aber andererseits auch Themen, für die sich nur noch Journalisten zu interessieren scheinen und deren weitere Verbreitung in unzähligen Kanälen für Leser und Zuschauer den Tatbestand journalistischer Umweltverschmutzung erfüllt. Hier möchte ich zwei prägnante Beispiele der jüngsten Zeit anführen: ich möchte fürderhin weder über die Frage, ob der Fußballspieler Lukas Podolski nun zum 1. FC Köln zurückkehrt oder nicht, noch über etwaige Eskapaden der Souldiva Amy Whinehouse noch auch nur eine einzige Zeile lesen. Es langweilt mich so dermaßen zu Tode, dass ich noch im Grabe gähnen würde. Was nottut, ist neben der verdienstvollen Initiative Nachrichtenaufklärung auch eine Initiative Nachrichtenverhinderung. Anders gesagt: Unsere Presse berichtet über die falschen Themen zur falschen Zeit in einer völlig verqueren Intensität.

Medienpreise


02 Dez

Ein fernsehnotorischer Literaturkritiker möchte nichts mit Fernsehmenschen zu tun haben — Ein Late Night Talker bekommt einen Preis geschenkt, der nach einem Reh benannt ist, und bedankt sich dafür bei der Schauspielerin Uschi Glas — auf einmal sind Medienpreise ins Gerede geraten. Nun gut, warum ausgerechnet die ARD die „Bambi-Verleihung“ genannte Selbstbelobhudelung des Burdaverlags im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausstrahlen muss, würden die Programmverantwortllichen selbst wohl nur mit einem Stottern beantworten können. Aber immerhin wartete die diesjährige Bambi-Verleihung, wie die Netzeitung vermeldet, mit einem veritablen Rekord auf:

Auf dem 360 Meter langen roten Teppich – laut Cheforganisatorin Patricia Riekel der «längste in der Bambi-Geschichte» – schmissen sich auch RTL-Moderatorin Frauke Ludowig und Ex-Profiboxerin Regina Halmich in Pose. Die bevorzugte Gewandfarbe bei den Frauen war schwarz.

Lieber in Pose schmeissen als lang machen auf dem Teppich, der für Leute wie Patricia Riekel die Welt bedeutet. Was Medienpreise bedeuten, darüber hat freilich einer schon vor mehr als einem Jahr eine treffliche Analyse verfasst, nämlich der Verfasser auch dieser Zeilen in seinem „Anti-Medien-Buch“: (mehr …)

Medien: Rutschpartie ins Desaster


28 Nov

Der Finanzdienst Aspect.online weist daraufhin, dass Medien selbst eine aktive Rolle im derzeitigen Finanzdesaster haben.

„In diesem Fall sind laut den Untersuchungen des Forschungsinstituts Media Tenor die Medien nicht lediglich ein Spiegel des realen Geschehens, sondern sogar ein Mitspieler. Gerade die Hiobsbotschaften der Fernsehnachrichten erreichen weite Kreise der Bevölkerung und beeinflussen sie“.

Die Quintessenz, die daraus gezogen wird, lautet „Abschalten“:

„Der Herdentrieb in den Abgrund lässt Nachrichten, die dem derzeitigen Trend zuwiderlaufen, null Chance. Damit schließt sich der Kreis. Ein Rezept gegen diese Angst? Werner Hedrich, Leiter Fondsresearch bei der Rating-Agentur Morningstar Deutschland, liebt drastische Ratschläge: >Fernseher abends aus lassen!<"

Auch die Zeitschrift Geldmagazin sieht eine Mitschuld der Medien an der derzeitigen Finanzkrise.

Medien verkürzen das Leben


02 Sep

Amerikanische Jugendliche sollen es angeblich schaffen, schreibt der Berliner Tagesspiegel in seiner heutigen Ausgabe, in sieben Zeitstunden 20 Stunden Medien zu konsumieren. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 72 Jahren bedeutet das, dass das mediale Leben besagter Jugendlicher schon nach 25,2 Jahren wieder vorbei ist. Da sehen die Jugendlichen aber ziemlich alt aus!

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter