Archive for the ‘Sprache’ Category

Wie man sich beim Stadtanzeiger so ausdrückt


20 Apr

Nachrichten, die keine sind: Da titelt der Kölner Stadtanzeiger in seiner heutigen Ausgabe:

Wahlkampfbeginn der SPD in Berlin

Und unter dieser Überschrift ist zu lesen:

Die Parteiführung stellt sich geschlossen hinter das Wahlprogramm ihres Kanzlerkandidaten

Nicht sonderlich überraschend. Eine Nachricht wäre es wert gewesen, wenn die Parteiführung es nicht getan hätte. Blättern wir noch ein bisschen weiter in dem Blatt:

… dem Lied von der Erde ließ das Gürzenich-Orchester unter Markus Stenz in der Kölner Philharmonie jetzt eine bewegende, eindringliche Interpretation zuteil werden, die die rechte MItte hielt …

Wo liegt die eigentlich genau, die „rechte Mitte“?

Neues von der Wortspielfront


17 Apr

Kürzlich noch konnte man hoffen, der Kölner Stadtanzeiger würde im Zuge überraschender Selbsterkenntnis aus dem schweren Gewässer der Wortspiele sich zurückziehen. Allein, der Wörtersee zieht die Blattmacher an wie die Insektenfalle die Motten. Als Bildunterschrift in der gestrigen Ausgabe war zu lesen:

Gas ist zu teuer, besagt eine Studie und gießt damit Öl ins Feuer der Preisdiskussion.

Wer mit Öl kocht, braucht natürlich keinen Gaszähler. Aber der Stadtanzeiger kocht, was die Sprachsuppe angeht, doch eher mit Wasser. Kleine Preisfrage nebenbei: Was geschieht, wenn man Öl ins Feuer kippt? Es geht aus.

Selbsterkenntnis als Weg zur Besserung


02 Apr

In der gestrigen Ausgabe des Kölner Stadtanzeigers war unter der Rubrik „Rücktritt als Wortwitz“ anlässlich des Scheidens von Bahnchef Mehdorn folgendes zu lesen:

Die Niederlage des Bahnchefs war zugleich der Triumph des Phrasenschweins. Weshalb wir folgende Überschriften in Zukunft bitte nicht mehr lesen möchten: „Die Weichen müssen neu gestellt werden“; „Bahn-Chef entgleist“; „Der Zug ist abgefahren“; „Endstation Rücktritt“; „Notbremse gezogen“; „Bahn frei“; „Auf dem Abstellgleis gelandet“; „Ende einer Dienstfahrt“; „Dieser Zug endet hier“; „Streckenweise dreist“; „Bitte aussteigen“; „Der Zugfürher geht“; „Aus der Bahn geworfen“ (huch, das waren wir ja selbst).

Wenn das Wünschen helfen würde, dann wären freilich ans Phrasenschwein einige Wunschzettel zu adressieren, auf denen der Name des Kölner Stadtanzeigers vermutlich nicht selten vorkäme. Was übrigens stand als Unterüberschrift oben über gerade zitiertem Artikel: „Jetzt fehlt am Bahnsteig das Feindbild“ …

Sprachverwirrung im „Express“


26 Mrz

Der Kölner Express, das kleine verzogene Geschwisterkind des Kölner Stadtanzeigers, ist nicht gerade bekannt dafür, die zuverlässigsten Informationen unters Volk zu bringen. In dem steten Bemühen, die eigene Unbildung mit der seiner Leser zu verwechseln, gerät der Express dabei in Unbilden, die außerhalb der enggesteckten geistigen Grenzen seiner Redaktion für einige Heiterkeit sorgen. Unter der Überschrift „Dorf zu verkaufen“ sieht man zum Beispiel im Express dieses Bild:

Dorf zu verkaufen

Die Bildunterschrift lautet folgendermaßen:

Bildunterschrift

Polnisch also soll die zweite Sprache auf dem Ortsschild sein? Dass die Gemeinde im Kreis Bautzen liegt und die Stadt Bautzen wiederum das Zentrum des Siedlungsgebiets der Sorben, also der slawischsprachigen Minderheit in Deutschland, bildet, das hat die Schulweisheit den Fotoredakteuren des Kölner Express nicht eingeflüstert. Auch dass selbst der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen Mitglied dieser Sprachgruppe ist, hat sich nicht bis zum Express herumgesprochen. Nix verstehen mit komischen Häkchen auf den Buchstaben – das kann ja wohl nur polnisch sein für jemanden, dessen Schulweg nur bis in die Kayjass führte, wo bekanntlich alle Nullen herkommen.

Und sonst …


26 Mrz

Da ist man ja schon froh bei der Lektüre des Kölner Stadtanzeigers, wenn einem kein größerer sprachlicher Lapsus unterkommt als dieser hier:

„… etablierte er sich rasch … als Dozent für Musikgeschichte, Werkanalyse und Interpretation an der Kölner Musikgeschichte“.

Kölner schreiben eben gerne Geschichte, wenn sie sie nicht gerade in Erdlöchern versenken. Geschichten dagegen schreibt der Herausgeber der Kölner Zeitung, Alfred Neven-Dumont. Da er in die Literaturgeschichtsbücher mit seinen Werken vermutlich nicht eingehen wird, lässt er sich vorsorglich in seiner eigenen Zeitung feiern („bravouröser Text“). Bravourösen Stil kann man das nicht gerade nennen, aber was will man von einem erwarten, der Eigentümerschaft regelmäßig mit Eigenwerbung verwechselt? Immerhin bringt uns dieses unfeine Stück Selbstmarketing endlich einmal wieder ein Foto des Herausgebers: Man hätte beinahe vergessen, wie er aussieht …

Rechtschreibung am Computer


20 Mrz

MS-Word-2-256x256 Cupertino-Effekt: So wird in Fachkreisen das rätselhafte Verhalten von Computern genannt, wenn sie die Rechtschreibung im Griff haben sollen.  Rechtschreibprogramme zeigen nämlich oftmals seltsame Eigenarten, auch in offiziellen und sogar amtlichen Papieren. Geschehen zum Beispiel in einem Nato-Forschugnspapier über „Interoperabilität innerhalb der Allianz und mit Koalitionspartnern“. Dort ist auf Seite 15 zu lesen, man könne die technische Vernetzung der Nato mit anderen Organisationen verbessern – zum Beispiel mit der „Organisation for Security and Cupertino in Europe“.

Cupertino? Das ist eine kleine Ortschaft in Kalifornien, die unter anderem die Firmenzentrale von Apple beherbergt. Gemeint ist aber gar nicht Apple, sondern die OSZE, und die Autoren der Nato haben auch nicht Cupertino geschrieben, sondern „cooperation“. Erst die automatische Rechtschreibkontrolle hat daraus den Ortsnamen gemacht. Ein US-Linguist hat die sprachliche Verselbständigung von Rechtschreibprogrammen näher untersucht. Ben Zimmer schreibt:

„Trotz aller Fortschritte der Softwareentwickler können die Korrekturprogramme nie perfekt sein.“

Eine EU-Übersetzerin hatte übrigens den seltsamen Cupertino-Fehler entdeckt und ihm den Namen gegeben. Bis heute finden sich in den Dokumenten der Nato und der EU reihenweise englischsprachige Texte, die automatisch ins Deutsche übersetzt wurden und bei denen die automatische Rechtschreibkontrolle aus Cooperation eben Cupertino machte. Es war wohl die in Word97 vorhandene Rechtschreibkontrolle, die den Fehler beging. Und nicht nur das:

Aus Internet wird Internat.
Aus Stinger-Rakete wird Stinker-Rakete.
Aus Nato wird Nano. etc.

Wer mehr über die Fehler lesen will, die Computerprogramme fabrizieren, die eigentlich Fehler eleminieren sollen, der kann Spiegel-Netzwelt konsultieren:

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,612714,00.html

Zur Sprache von Pressemeldungen


17 Dez

Wenn schon die Presse mit der deutschen Sprache auf einem Fuß steht, dessen ihm innewohnendes Konfliktpotential mit dem Wort Krieg noch verharmlosend dargestellt ist, so bleibt für die Pressestellen dieser Welt, all die Agenturen und Agenten, die gute und richtige Benutzung ihres vornehmsten Handwerkszeugs das, was auch sonst internationales Agententum auszeichnet, nämlich ein Geheimnis. Was muss man da von der Apple Pressestelle im Heise Newsticker lesen, man könne inzwischen

„immer mehr Menschen über immer vielfältigere Wege“ erreichen.

Schlägt der verschwurbelte Komparativ, also die Steigerung dessen, was keiner Steigerung mehr bedarf, schon in unseren Zeitungen (zumal dem Kölner Stadtanzeiger) Kapriolen, so feiert er in den Pressemitteilungen fröhliche Ursünd‘. Vielfalt nämlich, egal wie man sonst zu ihr steht, lässt sich nicht steigern! Verringern (leider) lässt sie sich, aber steigern? Nein.

Kölner Stadtanzeiger tut es immer öfter


16 Dez

Jetzt hat es der Immermehrismus sogar auf die Seite 1 des Kölner Stadtanzeigers geschafft.

Was uns die Autoren damit sagen wollen, ist wie in allen Fällen des Immermehrismus immer unklarer. Wollen sie uns immer deutlicher sagen, dass der Rechtsextremismus immer schon gewalttätig war (was allerdings das Wort Extremismus schon impliziert)? Oder wollen sie immer übertriebener äußern, dass immer schon die rechte Gewalt steigerungsfähig war? Oder wollen sie immer klarer ausdrücken, dass sie immer größere Probleme in der Verknüpfung von Inhalt und deutscher Sprache haben? Für diese Aussage den Aufmachertitel zu spendieren, ist allerdings immer verrückter.

Einsam im Chor


21 Okt

Wie soll eigentlich das gehen?

“ … nur eine Chorsängerin ist zu hören“.

So etwas gibt es nur im Kölner Stadtanzeiger (20. Oktober 2008).

Nicht zutreffende Treffer


18 Okt

Einem Revolverblatt wie dem Kölner Stadtanzeiger möchte man wenigstens eine gewisse Treffsicherhet zugestehen. Allein, die Verhältnisse, sie sind nicht so. Unter der Überschrift „Die Mutlosigkeit der TV-Macher“ steht in der Freitagsausgabe vom 17. Oktober 2008:

„Marcel Reich-Ranickis Kritik triff zwar die Richtigen, ist aber dennoch nicht ganz zutreffend“.

Wie nun? Trifft er oder trifft er nicht? Wenn sie nicht zutreffend ist, trifft sie gar keinen, weder den Richtigen noch den Falschen. Wenn sie zutreffend wäre, würde sie irgendwen treffen, ob richtig oder falsch sei dahingestellt. Doch soviel Treffsicherheit ist von den Revolverblatthelden der Kölner Tageszeitung nicht zu erwarten. Was lehrt uns das? Wer schießwütig ist, ist deswegen noch lange nicht zielsicher. Da kann der Kölner Stadtanzeiger von MRR noch einiges lernen.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter