Archive for the ‘Zeitung’ Category

Newspaper Death Watch


11 Nov

Den Zeitungen geht es überhaupt nicht gut. Besonders in den USA, da sind selbst Traditionstitel in ihrer Existenz bedroht. Nun haben eine Reihe von Blogs sich diesem Thema gewidmet, um das Zeitungssterben teils sarkastisch, teils selbstironisch zu kommentieren. Dazu zählt insbesondere der „Newspaper Death Watch“.

In diesem Artikel aus dem „Medien/heft“ befassen sich Stefan Weichert und Leif Kramp mit dem Phänomen. Auch in Deutschland und in der Schweiz sind schließlich Tageszeitungen und Magazine durch Anzeigenflaute und Digitalisierung bedroht.

Newspaper Death Watch

Zur Revolverblättrigkeit des Kölner Stadtanzeigers


28 Okt

Wer Zweifel an der Revolverblättrigkeit des Kölner Stadtanzeigers hegte, dem wurde mit der heutigen Ausgabe wieder Mores gelehrt. Die Aufmacherseite des Kölner Lokalteils suhlte sich wieder in Raub- und Mordgeschichten wie weiland Hamann mit dem Hackebeilchen.

Senior von Räubern verletzt

Frau die Tasche entrissen

Millionenverluste für Anleger

So lauten die Überschriften einer Zeitung, die sich ständig Mühe gibt, die eigene Heimatstadt mit der Bronx verwechseln zu machen. Dann kommt dazu natürlich noch der „Archiveinsturz“ und, vielleicht die schlimmste Räuberpistole, ein Verweis auf das neue Mottolied der Karnevalssängerin Marie-Luise Nikuta.

Wie nahe Zeitungmachen und Verbrechen sich stehen, dafür bot auch der Sportteil des Kölner Stadtanzeigers wieder ein Beispiel. Oder wie anders als kriminell kann man den Umgang mit der deutschen Sprache nennen:

Der Regionalligist aus Trier war chancenloser als es das Ergebnis aussagt.

Über den Kommafehler in diesem Satz wollen wir mal hinwegsehen.

Stefan Aust wird "GQ Mann des Jahres 2009“


28 Okt

Das Herren-Witz-Blatt „GQ“ kürt den Ex-Spiegel-Chef Stefan Aust zum „GQ Mann des Jahres“. Das Magazin, das nackte Frauen gerne so darstellt, als ob sie noch etwas anhätten, prämiert damit einen Journalisten, der die Wahrheit gerne so darstellt, als ob sie schon nackt wäre. Hoffentlich muss Stefan Aust sich dafür nicht entkleiden.

Stefan Aust wird „GQ Mann des Jahres 2009“ in der Kategorie Medien – Stefan Aust, GQ, Medien – GQ.com

Fernbedienung defekt: Was dann?


23 Okt

Was tun, wenn die Fernbedienung des Fernsehgeräts defekt ist? Diese Frage bewegte die Journalisten der Zeitschrift Reader’s Digest. Sie ließ eine repräsentative Umfrage anfertigen, deren Ergebnis nun feststeht:

Das Fernsehen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen. Was aber tun, wenn die Fernbedienung plötzlich ausfällt: Wird das eingeschaltete Programm dann weitergeschaut, auch wenn es langweilig ist, oder steht man auf, um am Apparat umzuschalten? Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des Magazins Reader’s Digest (November-Ausgabe) entscheiden sich 89 Prozent fürs Aufstehen, um umzuschalten.

Schlussfolgerung: Elf Prozent der Deutschen schauen lieber eine langweilige Fernsehsendung statt sich zu erheben und umzuschalten oder gar, horribile dictu, auszuschalten. So jedenfalls verkündet es die Zeitschrift selbst in ihrer Pressemitteilung. Allerdings: Die Quintessenz des Artikels ist eine ganz andere:

Auch ein anderer Aspekt der Umfrage beweist, dass die Deutschen alles andere als  Bewegungsmuffel sind. So gaben 77 Prozent an, sie würden die Treppe und nicht den Aufzug nehmen, wenn es darum geht, die Höhe zwischen zwei Stockwerken zu überwinden.

Was also möchte Reader’s Digest uns eigentlich sagen? Sind die Deutschen nun zu faul, um selbst den größten Fernsehquatsch zu vermeiden? Oder sind sie in Wahrheit gar keine „Bewegungsmuffel“? Die Antwort kennt nur der Wind …

Presseportal: Reader’s Digest Deutschland – Fernbedienung defekt: Elf Prozent schauen lieber ein langweiliges Programm statt sich zu erheben

Gäste schützen vor Torheit nicht


21 Okt

Auch Gastbeiträge in Tageszeitungen schützen nicht vor groben sprachlichen Patzern. So in dem Beitrag des Arztes Dietrich Grönemeyer in der heutigen SZ:

Und wann wäre die Gelegenheit dazu gegebener als jetzt …

Gegebener? Liest denn kein Redakteur mehr vorher, was da veröffentlicht wird? Gerade Gäste haben ein bisschen Schutz verdient: Auch vor dem eigenen Irtum.

Süddeutsche Zeitung: Krise beschert Konzept


19 Okt

Die Wirtschafts-, Anzeigen- und Zeitungskrise hat offensichtlich auch ihr Gutes: Der Süddeutschen Zeitung, angeblich ja eine der „besten Zeitungen Deutschlands“, beschert die Krise nämlich etwas, was ihr offenbar bislang abging, nämlich ein „journalistisches Konzept“:

Die „Süddeutsche Zeitung“ muss offenbar acht bis zehn Millionen Euro einsparen. Der Betrag soll nach dem Willen des Herausgeberrats mit einem journalistischen Konzept erlöst werden.

Obwohl es doch bisher auch ohne ging …

Meedia: „SZ“ will Lokales bündeln

Medien und Wahlkampf


10 Okt

Bei einer Feierstunde zum 60-jährigen Bestehen der Bundespressekonferenz hat Bundespräsident Horst Köhler den anwesenden Journalisten die Leviten gelesen. Dabei ging es insbesondere um die Rolle der Presse im zurückliegenden Bundestagswahlkampf:

Vielen Journalisten, die "mehr Schärfe, mehr Ideologie, mehr Angriff" gefordert hätten, sei es "gar nicht um die Demokratie" gegangen, sagte Köhler bei einer Feier zum 60-jährigen Bestehen der Bundespressekonferenz.

"Bestenfalls hatten sie Langweile, und schlimmstenfalls vermissten sie etwas, womit sie ihre Quoten und Auflagen steigern wollten."

Bundespräsident kritisiert Rolle der Medien im Wahlkampf | medienhandbuch.de

Die "Zeit" und die beste aller Welten


30 Sep

Es war einmal in einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, da lasen alle Menschen die „Zeit“ und glaubten jedes Wort, das da geschrieben stand. Und die „Zeit“ wiederum glaubte auch etwas. Sie glaubte nämlich, dass eine Zeit, in der die „Zeit“ erschien, die beste aller Zeiten sein müsste. Darum war in der „Zeit“ über unsere Zeit zu lesen:

Zu welcher Zeit in der deutschen Geschichte ging es, in welchem anderen Land der Erde geht es Menschen besser als in dieser Bundesrepublik?

Und der Chefredakteur der „Zeit“ äußert in ähnlichem Ton von der „beste[n] Demokratie, die es in Deutschland je gab“. Das mag ja alles für „Zeit“-Redakteure zutreffen, die über Tarif bezahlt werden und ihren gesellschaftlichen Einfluss im Zweifel bei den Machthabern persönlich geltend machen können. Jedoch, einerseits die „schwerste Wirtschaftskrise aller Zeiten“ zu paraphrasieren und andererseits das größte Wohlergehen aller Zeiten zu konstatieren, das geht nicht recht zusammen. Und die Zeiten sind noch nicht so lange her, dass die Lebenden daran sich nicht erinnern könnten, da gab es in diesem Land Vollbeschäftigung, wurden Schulen und Hochschulen ausgebaut und neugegründet, wurde nicht jede soziale Leistung mit Lohn-Nullrunden konterkariert. Und der Zustand einer Demokratie, die sich ihre Willensbildung von Frank Plasberg und Stefan Raab besorgen lässt, kann nur als erbärmlich beschrieben werden, weswegen seriöse Wissenschaftler bereits von „Post-Demokratie“ sprechen.

Was hier waltet, ist das Ressentiment des Wohllebens, ist repressiver Wohlfühljournalismus: Wem’s nicht gut geht, der macht sich automatisch verdächtig. Voltaire beschrieb schon im 18. Jahrhundert als Satire auf die Leibniz’sche Theorie von der „besten aller Welten“ die Denkfigur, die heute die „Zeit“-Redakteure teilen. Der traurige Held dieser Geschichte hieß Candide. Es war ein Narr.

ZEIT ONLINE | Nachrichten, Hintergründe und Debatten

Immermehrismus im Schambereich


30 Sep

Immer mehr, immer öfter, immer schneller: Der Immermehrismus hat jetzt auch den Schambereich erreicht. Jedenfalls, wenn es nach dem öffentlichen Spezialisten für Schamgrenzen geht, also der Bilderzeitung:

Immer mehr Frauen lassen sich den Intimbereich chirurgisch verändern. Verengung der Vagina, G-Punkt-Vergrößerung, Schamlippenverkleinerung. In BamS erklären fünf Frauen den Schnitt unter der Gürtellinie.

Immer mehr Frauen, die sich verengen lassen, das ist ja eigentlich, nach einfacher Masserechnung, immer weniger Frau. Und wenn sie es immer häufiger tun, werden bald immer weniger Frauen in Deutschland anzutreffen sein. Das ist schlecht, vor allem für die Bildzeitung. Denn ohne weiblichen Intimbereich hat es diese Zeitung verdammt schwer.

G-Punkt-Vergrößerung, Schamlippenverkleinerung, Vagina-Verengung: Intim-Operationen versprechen mehr Lust im Bett und besseren Sex – Ratgeber – Bild.de

Die Wahrheit über den Sex


20 Sep

http___epaper.zgk Der Kölner Stadtanzeiger hat seinen Blick für das Große und Ganze entdeckt: Schon die gestrige Ausgabe irritierte mit der Ankündigung:

Alles über moderne Erziehungsirrtümer

“Alles”? Auf einer Doppelseite? Da pfeift die Sozialpädagogin, die 10 Semester darauf verwenden musste und als Mitarbeiterin des städtischen Jugendamts merkt, dass sie immer noch nicht alle Erziehungsirrtümer kennt. Und jetzt also auch noch “die Wahrheit über den Sex”. Da freut sich der Leser dieser Zeitung schon auf die nächsten Ratschläge: “Der Kosmos in 90 Sekunden” oder “Die Weltformel in einer Zeile”. Ein Hoch auf den modernen Ratgeber-Journalismus!

Die Wahrheit über den Sex – Kölner Stadt-Anzeiger

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter