Die Süddeutsche Zeitung ist auf eine fiktive Shitstormagentur hereingefallen. Im Feuilleton der Freitagsausgabe wurde ein Oliver Bienkowski interviewt, der vorgeblich eine Agentur betreibe, bei der sich sogenannte Shitstorms in Auftrag geben ließen. Shitstorms heißen die neuartigen Empörungswellen im Internet, bei denen Schauspielerinnen, Politiker und PiratenfunktionärInnen massenhaft mit Mails und Postings oft beleidigenden Inhalts überzogen werden.
Das Problem: Herr Bienkowski, der sogar auf der Titelseite der SZ angekündigt worden war, ist alles andere als professioneller Shitstorm-Vermittler. In einer ausführlichen Berichtigung erklärt Vize-Feuilletonchef Adrian Kreye, hereingefallen zu sein:
Das Projekt gibt es nicht, auch wenn Bienkowski das auf Nachfrage mehrmals behauptete. Auf der Caveman-Webseite wurde nun enthüllt, dass es sich um eine Medienmanipulation handelte, um auf das Schicksal von Obdachlosen aufmerksam zu machen.
Bei gekauften Facebook-Likes ist das Phänomen allerdings bekannt. Tatsächlich werden dabei arbeitslose Menschen vor allem in Osteuropa verdungen, um Marken- und Politikerprofile in der neuen Währung der „gefällt mir“-Klicks in dem sozialen Netzwerk aufzuwerten. Die Tageszeitung „Die Welt“ findet nicht so sehr die Satire, als den Umgang der SZ damit in nachhinein für problematisch:
Eine „Guerilla-Marketingorganisation“ macht auf einer halben Zeitungsseite mit einem erfundenen Geschäftsmodell auf sich aufmerksam, um anschließend die leere Behauptung aufzustellen, sie verfolge einen guten Zweck, was ihr die spürbar erleichterte Zeitung ebenso willenlos abkauft wie das Geschäftsmodell: Wenn ein Shitstorm die Kunst ist, alles noch schlimmer zu machen, indem man darüber redet, dann sind wir hier leider in einen solchen hineingeraten.
Vielleicht wäre hier mal ein, naja: Shitstorm fällig.