Archive for the ‘Zeitung’ Category

Fiktive Shitstormagentur leimt Süddeutsche


08 Apr

Die Süddeutsche Zeitung ist auf eine fiktive Shitstormagentur hereingefallen. Im Feuilleton der Freitagsausgabe wurde ein Oliver Bienkowski interviewt, der vorgeblich eine Agentur betreibe, bei der sich sogenannte Shitstorms in Auftrag geben ließen. Shitstorms heißen die neuartigen Empörungswellen im Internet, bei denen Schauspielerinnen, Politiker und PiratenfunktionärInnen massenhaft mit Mails und Postings oft beleidigenden Inhalts überzogen werden.

Das Problem: Herr Bienkowski, der sogar auf der Titelseite der SZ angekündigt worden war, ist alles andere als professioneller Shitstorm-Vermittler. In einer ausführlichen Berichtigung erklärt Vize-Feuilletonchef Adrian Kreye, hereingefallen zu sein:

Das Projekt gibt es nicht, auch wenn Bienkowski das auf Nachfrage mehrmals behauptete. Auf der Caveman-Webseite wurde nun enthüllt, dass es sich um eine Medienmanipulation handelte, um auf das Schicksal von Obdachlosen aufmerksam zu machen.

Bei gekauften Facebook-Likes ist das Phänomen allerdings bekannt. Tatsächlich werden dabei arbeitslose Menschen vor allem in Osteuropa verdungen, um Marken- und Politikerprofile in der neuen Währung der „gefällt mir“-Klicks in dem sozialen Netzwerk aufzuwerten. Die Tageszeitung „Die Welt“ findet nicht so sehr die Satire, als den Umgang der SZ damit in nachhinein für problematisch:

Eine „Guerilla-Marketingorganisation“ macht auf einer halben Zeitungsseite mit einem erfundenen Geschäftsmodell auf sich aufmerksam, um anschließend die leere Behauptung aufzustellen, sie verfolge einen guten Zweck, was ihr die spürbar erleichterte Zeitung ebenso willenlos abkauft wie das Geschäftsmodell: Wenn ein Shitstorm die Kunst ist, alles noch schlimmer zu machen, indem man darüber redet, dann sind wir hier leider in einen solchen hineingeraten.

Vielleicht wäre hier mal ein, naja: Shitstorm fällig.

WAZ-Chef: Lieber lokal als Qualitätsjournalismus


02 Apr

Bemerkenswerte Ansichten hat der WAZ-Chef Manfred Braun kürzlich in der Fachzeitschrift “Medienwirtschaft” geäußert. Die WAZ-Mediengruppe (heute: Funke-Mediengruppe) hatte im vergangenen Jahr die “Westfälische Rundschau” dicht gemacht, jetzt Ende März kam heraus, dass weitere 200 Stellen in Nordrhein-Westfalen wegfallen sollen. Braun zog eine interessante Trennlinie und erklärte nun, ihm gehe Lesernähe vor journalistischer Qualität. Viele Zeitungsredakteure würden "immer noch Zeitungen für sich und die Journalistenkollegen" produzieren, dabei aber die Leser vollkommen vergessen, zitiert die "MedienWirtschaft" Braun. Das von allen Journalisten gelebte Denken in Geschichten würde von den Lesern nicht in der Wertigkeit wahrgenommen, wie der KressReport aus dem Interview zitiert, das der Dortmunder Journalistikprofessor Frank Lobigs geführt hatte.

Funke-Chef Braun zum Stellenabbau in NRW: Lesernah und lokal statt journalistisch hochwertig: kress.de

Spiegel, Kampagnenjournalismus und die Militarisierung der Außenpolitik


29 Mrz

Den großen medialen Erfolg des Anti-Kriegs-Dreiteilers „Unsere Mütter, unsere Väter“ im Zweiten Deutschen Fernsehen hat das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zu einer Titelgeschichte veranlasst, die sich mit der Remilitarisierung der bundesdeutschen Außenpolitik befasst und paradoxerweise Pro-Kriegs-Positionen einnimmt. Darin heißt es:

Ob aus Überzeugung oder aus Angst vor dem Wähler — unter Führung von Angela Merkel und Guido Westerwelle ist die deutsche Außenpolitik zur alten, unmündigen Unsicherheit zurückgekehrt. Die Enthaltung in Libyen, das Minimalprogramm in Mali, die Passivität in Syrien — um jeden Preis geht es darum, ein militärisches Engagement zu vermeiden.

Um Berichterstattung und die wertneutrale Vermittlung der Realität, wie es einem „Nachrichtenmagazin“ ziemen würde, handelt es sich bei diesem Absatz (und dem ganzen Artikel) nicht. Was vorliegt, ist stattdessen eine Aneinanderreihung von wertenden und normatiefen Sätzen. Auch wertende Sätze enthalten natürlich beschreibende und damit empirisch nachprüfbare Bestandteile. Mit dieser Überprüfung allerdings hält der „Spiegel“ sich nicht lange auf. Sonst wäre schließlich zu fragen, wie die militärischen Kampagnen in Afghanistan, in Somalia oder im Kosovo zu Demokratie und Wohlfahrt der dortigen Bevölkerungen beigetragen hätten. Und in praktisch jedem Fall wäre die Antwort wohl negativ. Was übrig bleibt, ist Kampagnenjournalismus der plumperen Sorte. Das bemerken auch die „Nachdenkseiten“ und bemerken:

Der Spiegel macht sich zum Sprachrohr derjenigen, die das im Grundgesetz verankerte Prinzip einer Verteidigungsarmee umdefinieren möchte und die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee machen will. Deutschland müsse seine wirtschaftliche Machtstellung auch militärisch wahrnehmen. Deutschland soll, wie schon einmal in den unheilvollen Kapiteln seiner Geschichte, wieder seinen „Platz an der Sonne“ anstreben und die Machtpolitik, die es wirtschaftspolitisch derzeit in Europa mit der Durchsetzung der Agenda-Politik ausübt auch militärisch einsetzen. Der Spiegel propagiert das alte Weltmachtstreben, das Deutschland schon einmal zum Verhängnis wurde.

Es liegt noch keine kommunikationswissenschaftliche Definition des Begriffs Kampagnenjournalismus vor. Es gibt zu dem intrikaten Begriff aber einige kluge, auch: journalistische Stellungnahmen. Zum Beispiel diese:

Und längst kosten auch andere als das „Drecksblatt“ („SZ“-Preisverächter Hans Leyendecker über „Bild“) die süße Frucht der Bedeutung und das bittere Gift der Anmaßung, die im Kampagnenjournalismus liegen.

Und wer hat es geschrieben? Es war Jakob Augstein in seiner Kolumne für Spiegel Online.

Bild: Bettler böse – Aufruf zum Klassenhass?


12 Dez

Aufruf zum Rassenhass ist in Deutschland strafbewehrt. Wie aber steht es eigentlich mit Aufwiegelung zum Klassenhass? Darunter versteht der „Duden“ den „Hass verschiedener sozialer Klassen gegeneinander“. Und irgendwie so etwas scheint die Münchener Redaktion der Bildzeitung im Sinne zu haben. Anders ist kaum zu erklären, wie prominent auf Seite 3 der gestrigen Ausgabe der Artikel unter der Uberschrift „Die miesen Maschen der Bettler in München“ mit nichtbelegten Behauptungen, haltlosen Verdächtigungen und unverhohlenem Ressentiment auf die Ärmsten der Armen eindrischt. Da heißt es zum Beispiel:

„So unverschämt versuchen organisierte Banden, den Münchnern das Geld aus der Tasche zu ziehen!“

Zu sehen ist auf den großformatigen Fotos der Bildzeitung aber nur das altbekannte Bild von einsam daknieenden und -sitzenden Leuten mit Pappbechern in Händen — ein mehr als schwacher Beleg für die gewagte Formulierung „aus der Tasche zu ziehen“, die einen sehr viel aktiveren Vorgang beschreibt und einen unwillkürlich an so etwas wie „Taschendiebstahl“ denken lässt. Ähnlich tendenziös geht der Beitrag weiter: 

„Vorsicht vor den kriminellen Hausierern“: Was an den Bettlern „kriminell“ sein soll, dafür bleibt die Bildzeitung ebenfalls jeden Beleg schuldig. Zumal noch zu klären, ob die im Bild-Text erwähnten „Hausierer“ die gleichen Personen sein sollen wie die Bettler, denn Hausierer und Bettler sind schon zwei sehr unterschiedliche Dinge. Andere Menschen um Geld zu bitten verwehrt sich zwar einer kapitalistischen Verwertungslogik,derzufolge es nur Geld nur gegen Arbeit oder eine andere Gegenleistung gibt, es ist deswegen aber noch nicht verboten oder gar strafbar. Auch die Formulierung, die Bettler trieben „ihr Unwesen“, ist is wohl in der Wortwahl deutlich daneben gegriffen, denn unter einem „Unwesen“ stellt man sich doch explizitere kriminelle Aktivitäten vor als das ärmliche Dahinkauern der Almosenempfänger. Wer nun als Leser meint, nach dem Satz „Das sind die Maschen der Profi-Schnorrer“ würden Belege für die dick aufgetragenen Anschuldigungen kommen, sieht sich überrascht. Denn woraus bestehen die offenbar „kriminellen“ „Maschen“ der Bettler?

„Sie sprechen selten deutsch“.

Mangelnde Deutschkenntnisse sind zwar unter dem Bildungsaspekt ganz klar ein Malus, aber eben kein Verbrechen. Wären sie ein Verbrechen, könnte der Vorwurf im übrigen schnell auf den Autor dieses Beitrags zurückfallen. Welche „Masche“ wird als nächstes angeführt?

„Sie weisen Behinderungen oder Verstümmelungen auf oder täuschen diese vor“.

Auch Behinderungen sind in Deutschland bis dato noch nicht strafbar. Eine Behinderung vorzutäuschen, unter der man in Wahrheit gar nicht leidet, ist vielleicht eine gute schauspielerische Leistung, bringt einen so alleine für sich gesehen auch noch nicht mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt. Und die Abbildungen in „Bild“ sprechen erneut eine andere Sprache: Denn der abgebildete Mann mit Beinprothese wird diesen Zustand  wohl kaum spielen. Gezeigt werden noch einige andere Personen, jeweils vollständig identifizierbar Schließlich wird als „Beleg“ für die vermuteten kriminellen Machenschaften der Bettler erwähnt:

„Sie sind sehr aggressiv und aufdringlich, bedrängen ihre Opfer“.

Hier könnte das Strafgesetzbuch tatsächlich mal einschlägig sein, wenn nämlich die Aufdringlichkeit so weit ginge, dass der Tatbestand einer Nötigung vorläge. Aber das ist natürlich erstmal nur eine Behauptung, für die der Bildzeitungs-Autor wiederum jeden Beweis vermissen lässt. Die Wortwahl „Opfer“ für gutsituierte Münchner, die beim Shopping in der Fußgängerzone um 50 Cent oder einen Euro angehauen werden, deutet wiederum darauf hin, dass hier eine Personengruppe pauschal kriminalisiert werden soll.

Die Bildzeitung reiht also in dem Artikel über Bettler eine große Zahl äußerst pejorativer Begriffe aneinander, ohne irgend einen Beleg für die sehr weitgehenden Behauptungen zu liefern. Ein Armutszeugnis!

Rassismus-Skandal bei österreichischer Gratiszeitung


10 Dez

Immer Ärger mit dem Halbmond (Foto: Wiki Commons)Das Croissant ist übrigens eine Wiener Erfindung. Die Feinbäcker der Stadt feierten damit den Sieg über das türkische Belagerungsheer und formten ein Gebäck in Halbmondform. Mit dem Halbmond kann es bis heute in der österreichischen Hauptstadt Ärger geben. Bei der in Wien erscheinenden Gratis-Zeitung „Heute“ hat es einen Rassismus-Skandal gegeben. In einer Nachricht über einen Kärntner Mordfall wird der Verdächtige als „Sorte Mann“ beschrieben,

„die zum Glück eher hinterm Halbmond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf“.

Daraufhin erwäge das Blatt “alle Möglichkeiten” der Konsequenzen, wie vienna.at zu berichten weiß.  Chefredakteur Christian Nusser gab später bekannt, dass die betreffenden Redakteure nun beurlaubt würden:

“Der furchtbare Artikel ist erst nach 22.00 Uhr geschrieben beziehungsweise geändert worden, die beiden betreffenden Kollegen hatten Abenddienst und haben ihn in ihrer journalistischen Eigenverantwortung verfasst”.

Nur bei größeren Artikeln oder beim Ändern des Covers müsse bei dem Gratisblatt der Chefredakteur unterrichtet werden. Christian Nusser betont, “dass ‘Heute’ keine rassistischen Artikel duldet und unter meiner Verantwortung auch niemals tolerieren wird”. Die österreichische Menschenrechtsorganisation SOS Mensch begrüßt das entschlossene Eintreten der „Heute“-Chefredaktion für Antirassismus.

Kölner Stadtanzeiger rottet deutsche Männer aus


04 Dez

männliche Anatomie (Grafik: Wiki Commons)

Zeitungssterben ist das eine, Sterben in der Zeitung ist das andere: Wenn beides zusammen kommt, dürfte der Untergang des Abendlandes nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Kölner Stadtanzeiger jedenfalls hat eine regelrechte Sterblichkeitsepedemie ausgemacht und schickt sich an, Deutschlands Männer auszurotten. Und das ausgerechnet in der heutigen Ausgabe des „Magazins“, zwischen Themen wie „Kratzen im Hals bei Kerzenschein, „Anleitung zum Mitsingen“ und dem Horoskop. Dort geht es, weil mit der Weihnachtszeit ja auch das Jahr zu Ende geht, um die Sterblichkeit bei Prostatakrebs. Konkret, so der Stadtanzeiger:

„…drei von hundert Männern bundesweit sterben jährlich an Prostata-Krebs, so die Statistik.“

Wirklich? Kurz nachgerechnet: Drei Prozent der männlichen Bundesbürger, das wären bei ca. 40 Mio. Männern in Deutschland gute 1,2 Millionen Sterbefälle nur mit der Diagnose Prostatakrebs. Jährlich! Diese Zahl ist schon dann absurd, wenn man sich ansieht, wieviele Menschen überhaupt jährlich in Deutschland sterben:

Im Jahr 2008 starben 446.788 Frauen und 397.651 Männer das waren rund 1% der Bevölkerung.

Der Kölner Stadtanzeiger will also buchstäblich ein Massaker an der männlichen deutschen Bevölkerung veranstalten. Aber auch wenn man solche statistischen Nickeligkeiten außen vorlässt, und sich nur die Statistiken zu Prostataerkrankungen ansieht, ist die Rechnung im Magazin der Kölner Tageszeitung nicht nachvollziehbar:

Unter den bei Männern zum Tode führenden Krebserkrankungen lag das Prostatakarzinom 2008 mit 10,4% (etwa 11.900 Fälle) nur an dritter Stelle, nach Lungenkrebs (25,4%, ca. 29.000 Fälle) und Dickdarmkrebs (12,5%, ca. 14.200 Fälle). Die Sterberate (Mortalität, standardisiert) betrug etwa 20 je 100.000 Männer.

Wie kann die Journalistin dann nur auf diese sehr unsinnige Prozentangabe gekommen sein? Vielleicht durch statistische Aussagen wie diese:

Das Sterberisiko im Laufe des Lebens beträgt insgesamt nur 3,3%.

Dies ist aber nur die Angabe einer Wahrscheinlichkeit und nicht der tatsächlichen Sterbefälle, und sie bezieht sich auch nur auf diejenigen Männer, die schon an Prostatakrebs erkrankt sind. Andernfalls würde sich die Nachfrage an einen Kölner Chefarzt auch erübrigen, die da lautete:

Steigt die Zahl der Prostata-Krebsfälle?

Legt man die Rechenkünste des Kölner Stadtanzeigers zugrunde, muss logischerweise die Krebsrate sinken: Denn alle potentiellen Patienten würden über kurz oder lang ausgerottet sein. Damit sterben allerdings auch die Leser des Kölner Stadtanzeigers aus: Sterben in der Zeitung = Zeitungssterben. Was zu beweisen war.

Presse: Davon geht die Welt nicht unter. Oder doch?


28 Nov

Foto: Gerd Altmann/Pixelio

Untergänge scheinen die Spezialität von Medienunternehmen zu sein, wenn man die Medienseiten der großen Zeitungen dieser Tage verfolgt. Das Internetportal Yahoo hat aus der Not eine Tugend gemacht und den Weltuntergang geradewegs ins Portfolio genommen. Unter der Rubrik „Yahoo! Services“ ist zu finden:

Weltuntergang als neuer Internetdienst? Sintflut als Netz-Gadget? World Wide Crash? Nichts von alledem: Folgt man der Verzweigung, dann findet man eine Linkliste zum Thema des angeblich vom Volk der Maya für das Jahr 2012 prognostizierten „Weltuntergangs“. Dieser Liste sind noch weitere interessante mediale Krisenphänomene zu entnehmen. Zum Beispiel, dass das ZDF für den 21.Dezember eine „Live-Sendung“ zum Weltuntergang plant:

Mit einem „einen augenzwinkernden Blick in alle Welt“ (es müsste wohl heißen: in alle Welt-Untergänge) will das Zweite Deutsche Fernsehen dem Krisenphänomen journalistisch begegnen.

Wenn von Krise und Journalismus die Rede ist, dann kommt man dieser Tage ja schnell auf die Einstellung der Frankfurter Rundschau und der Financial Times Deutschland. Einen guten Überblick über die aktuelle medienjournalistische Debatte gibt onlinejournalismus.de mit Links auf Beiträge von Gutjahr, Lobo, taz, Vocer und vielen anderen berufenen Stimmen.

 

 

Yahoo: Wer wird Billionär?


28 Nov

Der Umgang von Journalisten mit Zahlen ist ja schon beinahe legendär schlecht. Wolf Schneider, ehemaliger Leiter der Hamburger Henri Nannen-Schule stellt fest, „drei von vier Zahlen (…) sind entweder falsch oder irreführend oder fragwürdig oder unzulässig oder läppisch“. Dabei ließen sich die gröbsten Schnitzer schon durch einfache Plausibilitätsprüfung vermeiden. Zum Beispiel der hanebüchene Blödsinn, den das Internet-Portal Yahoo verbreitet:

Screenshot: Yahoo.de

3,5 Billionen soll die US-Schauspielerin Natalie Portman also „in die Kinokassen gespielt“ haben? Gehen wir mal davon aus –wozu sich Yahoo allerdings ausschweigt –, dass es sich bei dieser Summe um Euro oder Dollar handelt, und nicht etwa um alte italienische Lire oder indische Rupien.  Nun geht es im Kinobusiness häufig um fantastische Summen, hier wurde aber wohl doch fantasiert. 3,5 Billionen US-Dollar, das ist das komplette Haushaltsbudget der Vereinigten Staaten von Amerika für das kommende Jahr, und die USA führen immerhin eine stattliche Anzahl von Kriegen und kriegerischen Konflikten, die finanziert werden wollen. Natalie Portman mag die Geheimwaffe Hollywoods sein, aber weder in puncto Grazilität noch in puncto Kosten muss sie sich mit einem Flugzeugträger oder einer Panzerkolonne vergleichen lassen. Auch in anderer Hinsicht ist die von Yahoo publizierte Zahl nicht plausibel: Der Film „Star Wars Episode I: Die dunkle Bedrohung“, mit dem Portman zum Star wurde, spielte an den Kinokassen gut 1 Milliarde Dollar ein und ist damit der elft-erfolgreichste Film der Kinogeschichte. Um auf die genannte Einspielsumme zu kommen, hätte Portman aber in 3.500 weiteren Star Wars-Episoden mitspielen müssen. Da hätte auch der größte Fan der Star Wars-Saga vermutlich keinen müden Cent mehr für eine Kinokarte ausgeben mögen.

Bleibt zu vermuten, dass hier ein altbekannter und darum umso peinlicherer Rechenfehler vorliegt: die amerikanischen „billions“ sind im Deutschen die „Milliarden“. Auch hierbei handelt es sich um große Summen, aber eben nicht um Fantastillionen. Die verdient nur Dagobert Duck in Entenhausen, aber keine Hollywoodschauspielerin.

Spiegel: Wie aus einer Info-Grafik eine Desinfo-Grafik wird


22 Nov

Nicht immer dient der Verweis auf eine Info-Grafik auch einem Mehr an Information.Das beweist das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner letzten Ausgabe in einem Artikel über gefälschte Druckerpatronen:

 

Ausschnitt: Spiegel 46/2012

Wer bei diesem Verweis damit rechnete, dass die nebenstehende Grafik dem Leser irgendeinen Mehrwert bescheren würde, sah sich getäuscht:

Ausschnitt: Spiegel 46/2012

Die Grafik wiederholt einfach nur den Text aus dem Artikel, angereichert um die Illustration einiger Geldscheine und einer Quellenangabe „GfK, eigene Recherche“. Und auch diese Quellenangabe ist eher verwirrend als erhellend. Denn eine simple Zahlenangabe wie „90% Gewinnmarge“ hat man doch entweder selbst ermittelt oder eben von einem Marktforschungsinstitut übernommen, aber doch wohl kaum beides gleichzeitig.So wird aus der Informationsgrafik schon fast eine Desinformationsgrafik.

 

Süddeutsche: Telefonsex per Email


14 Nov

Medienkonvergenz schön und gut. Aber wie kann man denn eigentlich „Telefonsex“ per Email haben? Das muss mir die sueddeutsche.de doch mal erklären:

Kelley soll Hunderte E-Mails mit General Allen gewechselt haben, deren Inhalt zwischen „Flirt“ und „Telefonsex“ liegt.

Was kommt denn dann als nächstes: Erotikfilme im Radio, Miteinanderschlafen im Wachkoma, anzügliches Nacktkuscheln …? Hierüber hält uns die Süddeutsche Zeitung hoffentlich auch auf dem Laufenden.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter