Hätte man bis zirka letzte Woche jemanden gefragt, welches im deutschen Blätterwald die schamhafteste Zeitung wäre, die Antwort hätte an Eindeutigkeit nicht zu wünschen übrig gelassen: Spröder und g’schamiger als Die Zeit, das war eigentlich unvorstellbar. Ihre Moralität Marion Gräfin Dönhoff oder die stets so verbissen dreinschauende wie schreibende Iris Radisch vom Feuilleton waren der mageres Fleisch-gewordene Appell für Biederkeit und gegen lose journalistische Sitten. Nu ist aus der Schamhaftigkeit eine Schamhaarigkeit geworden. Das Wissens-Ressort (warum eigentlich „Wissen“?) macht mit einer doppelseitigen Geschichte über Intimrasur auf, garniert mit dem halbseitigen Foto einer intimrasierten Vulva. Nota bene: In der Internet-Ausgabe desselben Artikel hat man sich dieses Foto gespart. Man wollte wohl der unreifen Internetklientel jene Vorlage vorenthalten, der der reife Zeit-Leser offenbar so dringend bedarf.
„Schönheit unter der Gürtellinie“ ist der Artikel überschrieben: Aber schön ist das nicht …