Wie soll man auch Weltpolitik beurteilen, wenn man selbst aus einem Landstrich stammt, der sich als okkupiert und unterdrückt ansehen darf? Die Franken sind ja ihrem Selbstverständnis nach die Palästinenser Bayerns. Also interpretiert man auch die Ereignisse in rund um die Arabellion auf eine unorthodoxe Weise, gerade wenn es um die Orthodoxie hierzulande und anderswo geht. So schreibt eine Redakteurin mit dem bezeichnenden Namen Natalie Schalk im Leitorgan oberfränkischer Unabhängigkeit, dem Fränkischen Tag:
Die Tunesier haben zum Missfallen vieler westlicher Demokraten islamische Kräfte gewählt. Aber so ist’s halt in der Demokratie: Die Stimme des Volkes zählt, und schließlich missfällt’s auch vielen Atheisten, dass die Mehrheit der Bayern immer christlich-sozial wählt.
Der Vergleich hinkt so sehr, dass selbst eine doppelseitige Amputation das Bild nicht mehr geraderücken kann. Aber von allen rätselhaften Aspekten dieses Kommentars abgesehen — zum Beispiel der Frage, warum es nur Atheisten missfallen soll, wenn die CSU Mehrheiten erringt, oder der Frage, warum die CSU als Ausdruck katholischer oder gar allgemein christlicher Meinungsbildung missverstanden wird — ist auch der sachliche Gehalt zweifelhaft: Denn bei den letzten Landtagswahlen in Bayern hat die CSU nur noch 43,4% der Stimmen errungen und hat auch im bayerischen Landtag keine eigene Mehrheit mehr. Aber vielleicht sind diese Feinheiten der Wahlstatistik nicht mehr von München bis in den äußersten Norden des Freistaats, nach Bamberg, gelangt. Natalie Schalk jedenfalls ist wie keine Zweite prädestiniert für Meinungsbildungsfragen im agrikulturell geprägten Bundesland: Sie schreibt sonst Fachbücher zur Gartenpflege …