Medienpreise
Ein fernsehnotorischer Literaturkritiker möchte nichts mit Fernsehmenschen zu tun haben — Ein Late Night Talker bekommt einen Preis geschenkt, der nach einem Reh benannt ist, und bedankt sich dafür bei der Schauspielerin Uschi Glas — auf einmal sind Medienpreise ins Gerede geraten. Nun gut, warum ausgerechnet die ARD die „Bambi-Verleihung“ genannte Selbstbelobhudelung des Burdaverlags im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausstrahlen muss, würden die Programmverantwortllichen selbst wohl nur mit einem Stottern beantworten können. Aber immerhin wartete die diesjährige Bambi-Verleihung, wie die Netzeitung vermeldet, mit einem veritablen Rekord auf:
Auf dem 360 Meter langen roten Teppich – laut Cheforganisatorin Patricia Riekel der «längste in der Bambi-Geschichte» – schmissen sich auch RTL-Moderatorin Frauke Ludowig und Ex-Profiboxerin Regina Halmich in Pose. Die bevorzugte Gewandfarbe bei den Frauen war schwarz.
Lieber in Pose schmeissen als lang machen auf dem Teppich, der für Leute wie Patricia Riekel die Welt bedeutet. Was Medienpreise bedeuten, darüber hat freilich einer schon vor mehr als einem Jahr eine treffliche Analyse verfasst, nämlich der Verfasser auch dieser Zeilen in seinem „Anti-Medien-Buch“:
Das Journalistenwort „Je preiser gekrönt, desto durcher gefallen“, es gilt natürlich nicht für Journalisten selbst. Über 200 Journalistenpreise gibt es auf dem Markt des Journalistenlobs. In den Jurys der zum Teil hoch dotierten Ehrungen sitzen, natürlich, Journalisten. Das ist noch nicht das schlimme, denn Eigenlob und Selbstverliebtheit kennt jede Branche und auf die Selbstbezüglichkeit gerade der Medien wurde ja schon hingewiesen. Doch die die Preise ausloben und die Preisgelder zur Verfügung stellen, es sind viele Institutionen, Unternehmen und Verbände, die selbst Objekte journalistischer Berichterstattung sind. Die Konrad Adenauer-Stiftung vergibt einen Preis für Lokaljournalismus, die Industrie- und Handelskammern einen für Wirtschaftsberichterstattung, die Deutsche Direktbank schreibt den „Helmut Schmidt-Preis für Verbraucherjournalismus“ aus und das Informationszentrum Weißblech e.V. mit Sitz in Düsseldorf vergibt einen Preis „packende Wirtschaft“. Letzteren gewann übrigens kürzlich eine Journalistin des SWR mit ihrer Reportage „Hopfen und Malz verloren – Deutsches Bier und die Globalisierung“. Bei der Preisverleihung wird man sich ordentlich zugeprostet haben. Den Grad der Bestechlichkeit überschritten haben Journalisten, die solche Preise einheimsen, die von vornherein andere als positive Berichterstattung gar nicht zulassen. Etwa wenn ein „Preis für Lebensfreude“ ausgelobt wird von einem Champagnerhersteller. Gängige Praxis ist auch, Preise auszuschreiben, lange bevor mögliche Bewerberbeiträge geschrieben und gedruckt werden konnten. Das lässt nicht nur Annette Milz, Chefredakteurin des Branchenblatts MediumMagazin vermuten, „man habe sich gezielt einen Nebenverdienst erschreiben wollen“. Steht zu hoffen, dass die Preisträger des „MedienPreis Friseur BoB – Business of Beauty“ für die 15.000 Euro Preisgeld ihren „Friseurbezug“ sprachlich besser einkleiden, als die Figaros ihren Ausschreibungstext frisiert haben:
Bewerben kann sich jede/r freie und fest angestellte Journalist/in, die/der im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember des jeweiligen Jahres einen Beitrag mit direktem Friseurbezug in Print-Medien (Zeitungen, Zeitschriften), die in Deutschland, Österreich oder der Schweiz und in deutscher Sprache erscheinen, veröffentlicht hat. Für die Bewerbung für den Online-Preis können Beiträge eingereicht werden, die im oben genannten Zeitraum online publiziert worden sind. Ausgeschlossen sind auch Beiträge, die in einer Fachzeitschrift für Friseure veröffentlicht wurden.
Der Ausschluss von Artikeln mit „Friseurbezug“ in Fachzeitschriften könnte sinnvoll sein, schließlich besteht die Gefahr, dass hier Leute wirklich etwas vom Fach verstehen. Und dafür will man seinen schönen Journalistenpreis (Preisgeld: 15.000,- Euro) nicht hergeben.
Das Wort Journalistenpreis drückt eine Wahrheit aus, die in Zeitungen selten zu lesen ist, dass nämlich Journalisten ihren Preis haben und ihn sich auch gerne auszahlen lassen. Allein im deutschsprachigen Internet gibt es gleich mehrere Dienste, die nichts anderes als Listen mit Firmen und Herstellern veröffentlichen, die ihre Produkte und Leistungen zu „Journalistenkonditionen“ anbieten. Die Unternehmen tun das nicht aus Selbstlosigkeit. Das Netzwerk Recherche, ein Zusammenschluss kritischer Journalisten, hat einen eigenen Medienkodex veröffentlicht, der unter anderem fordert: „Journalisten verzichten auf jegliche Vorteilsnahme und Vergünstigung“. Das mahnende Wort wäre nicht ergangen, wenn dahinter nicht ein Problemfall stecken würde. In Wirklichkeit ist nämlich das Gegenteil der Fall und gilt in der Branche der Journalist als nicht zurechnungsfähig, der nicht das Handy umsonst, das Auto vergünstigt und das Hotelzimmer spendiert bekommen hat. Der Faz-Redakteur Udo Ulfkotte berichtet, dass es nicht unüblich sei, „Wirtschaftskorrespondenten eines Mediums, die zu einer Bilanzpressekonferenz mit Übernachtung in einem Hotel eingeladen werden, einen Blankoscheck aufs Kopfkissen zu legen“. Das ist Scheckbuchjournalismus der etwas anderen Art, denn dass andererseits Journalisten für ihre Geschichten bereit sind, auch höchste Geldsummen zu zahlen, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Information ist eine Ware. Na gut. Aber Information stellt den im Wirtschaftsleben einzigartigen Fall dar, dass ihr Käufer gleichzeitig dafür zahlt und bezahlt wird. Das Wort Journalistenpreis ist ein schillerndes.
[…] preiser gekrönt, desto durcher gefallen: Dieses unter Journalisten verbreitete Motto kann nun auch der Spiegel-Redakteur René Pfister nachempfinden. Ihm ist der renommierte […]