„Wenn die Menschheit keine Phrasen hätte, brauchte sie keine Waffen“, hat einst der Wiener Sprach- und Journalismus-Kritiker Karl Kraus geschrieben. Gerade die journalistische Sprache ist voll von Floskeln und stehenden Wendungen. Das hat häufig mit dem Zeit- und Aktualitätsdruck zu tun, unter dem journalistisch produziert wird: Ein Gemeinplatz ist da schneller aufgeschrieben als die originelle Formulierung.
Die beiden Nachrichtenjournalisten Udo Stiehl und Sebastian Pertsch haben nun im Internet die „Floskelwolke“ aufgehen lassen. Sie beschreiben ihr Projekt so:
Wer fast täglich mit Nachrichten zu tun hat, dem sind die altbekannten Formulierungen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport geläufig. Sie tauchen immer wieder auf, obwohl sie abgedroschen sind oder journalistischen Maßstäben nicht genügen. Wir Redakteure wissen das. Unser Publikum bemerkt es nur selten. Und die PR weiß das auszunutzen. (…) Wir greifen bei der Auswahl der Begriffe auf unsere Erfahrungen im Nachrichtengeschäft zurück. Anprangern wollen wir nicht. Wir möchten nur ein wenig nachdenklich machen.
Der Aufwand, den die beiden journalistischen Sprachkritiker betreiben, ist enorm. Es handelt sich um ein Beispiel für Datenjournalismus reinsten Wassers:
Wir werten die Websites nahezu aller deutschsprachigen Zeitungen, Radiosender, Fernsehsender und Magazine in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus. Die bald startenden SocialMedia-Charts der Medien von Sebastian Pertsch sind Grundlage für diese Erhebung. Für die Floskelwolke analysieren wir rund 1.600 Domains, die etwa 2.400 Medien (inklusive Ressorts) repräsentieren.
Tags: Floskel, Floskelwolke, Gemeinplatz, Karl Kraus
[…] Prof. Dr. Micha Hektor Haarkötter: “Neues aus der Floskelwolke” […]