Knack und Back Tagesschau

24 Mai
Hat die Tagesschau sich überlebt?

Hat die Tagesschau sich überlebt?

In der Wochenzeitung Die Zeit unterhalten sich Ex-Tagesthemen-Moderator Wickert und der aktuelle Heute Journal-Chef Kleber über die „Tagesschau“. Die hat sich nach Ansicht von Kleber überlebt. Schon der Ausdruck „Tagesschau-Sprecher“ sei ein Archaismus:

 “Wir sind keine Sprecher. Wir kommen aus dem Journalismus. (…) In der Tagesschau wird lediglich (sic!) ein Text vorgetragen, den die Redaktion verfasst hat.”

Dass die „Tagesschau“ deswegen am Ende sei, kann Klaus Kleber nur recht sein, ist sie doch die direkte und womöglich einzige Konkurrenz seiner eigenen Nachrichtensendung. Andererseits würde Herr Kleber es sich vermutlich verbitten, wenn ARD-aktuell-Chef Kai Gniffke sich solcherart despektierlich über sein eigenes Produkt, das Heute Journal, äußern würde. Dennoch konnte Gniffke es sich nicht verkneifen, im Tagesschau-Blog das Thema aufzugreifen:

„… so lange ich Verantwortung in diesem Laden trage, bleibt die Tagesschau eine Sprecher-Sendung, weil ich sicher bin, dass die Menschen die knackige Viertelstunde um 20 Uhr schätzen, ohne Emotionalisierung und lange Interviews. Knack und Back sagen, was aus unserer Sicht heute für dieses Land von Bedeutung war. Das ist Tagesschau.“

Was, du gute Güte, meint Herr Gniffke bloß mit „Knack und Back“? Dass die „Tagesschau“ aufgewärmt werden muss? Dass sie eigentlich ein zäher Teigklumpen ist, der nur durch schnelles Erhitzen halbwegs genießbar wird? Dass die Frühstücksgebäck-Industrie die Sendung sponsort? Nicht jede Anbiederung an eine vermeintlich lockere Jugendsprache oder Szenejargon trägt wirklich zur Klärung von Sachverhalten bei. Zumal: Ich kenne weder eine Jugendszene, noch sonst eine Subkultur, in der Knack-und-Back-Brötchen als besonders trendig gelten. Knack-und-Back, das ist doch eher irgendwie von gestern. Also hat die Tagesschau sich doch überlebt?

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Express: Radarkontrolle für JournalistInnen

23 Mai
Ausschnitt: Express Online

Ausschnitt: Express Online

Für Alkoholsünder gibt’s Fahrverbote, für Zu-schnell-Fahrer gibt’s Bußgelder. Was aber ist eigentlich mit JournalistInnen, die statt in die Radar-Falle in die Mathe-Falle tappen? Hier herrscht dringender Handlungsbedarf, wie ein Blick auf die Website der Bonner Ausgabe des Express beweist:

Bonn / Meckenheim – Nur zwei Stunden kontrollierte die Polizei am Pfingstmontag-Nachmittag auf der Strecke zwischen Bonn und Meckenheim Autofahrer. Mit schockierendem Ergebnis: Von 80 gemessenen Fahrzeugen war fast jeder dreizehnte zu schnell …

Jeder Dreizehnte aus einer Gesamtzahl von achtzig kontrollierten Fahrzeugen, das ist einfach zu berechnen. Sechs FahrerInnen hätten demnach verwarnt werden müssen. Aber der Express rechnet irgendwie anders:

Zehn Verwarnungsgelder wurden erhoben, drei Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, ein Fahrer wurde aus dem Verkehr gezogen. 70 Stundenkilometer waren an der Messstelle erlaubt.

Zehn Bußgelder plus drei Ordnungswidrigkeiten macht in ganzen Zahlen zwar 13, aber eben nicht „fast jeder dreizehnte“ — dass an dieser Stelle der „Dreizehnte“ hätte groß geschrieben werden müssen, darüber wollen wir mal geflissentlich hinwegsehen. Aber was heißt hier „fast 100 km/h zu schnell“? Bei erlaubten 70 Stundenkilometern müsste also jemand mit 170 km/h innerorts geblitzt worden sein. Lesen wir im Express:

Deutlich flotter fuhr ein Mann (53): Fast 90 km/h zeigte sein Tacho an, als der Blitz kam. Zudem hatte er auch noch eine Promille Alkohol im Blut. Führerschein futsch. Noch fixer war ein Fahrer (35) unterwegs: Mit knapp 100 km/h raste er die Strecke entlang. Bußgeld von 80 Euro, 3 Punkte.

Jemand ist also mit 100 km/h geblitzt worden. Damit ist er aber nicht „100 km/h zu schnell“, sondern er ist 30 km/h zu schnell gefahren. Aber wie sagt man im Rheinland: Mit solchen Fisimatenten können wir uns nicht aufhalten … Es wird Zeit für eine Radarkontrolle für JournalistInnen, bei denen Verstöße gegen das Mathe-Limit und Übertretungen der Arithmetik schon im Promillebereich erfasst und geahndet werden.

(Dank an Basti Rose für den Hinweis!)

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Journalisten werden nicht reich, Verleger schon

22 Mai

Zeitungsverlage erzielen allen Unkenrufen zum Trotz nach wie vor traumhafte Renditen. Der Medienökonom Frank Lobigs von der TU Dortmund hat die Umsatzzahlen mehrerer Verlagshäuser ausgewertet und kommt zum Ergebnis, dass Medienhäuser nach wie vor Renditen erwirtschaften, von denen andere Unternehmen nur träumen können. Im Deutschlandradio erläutert Lobigs:

Die „Zeit“ hat 2012 ihr Rekordjahr gehabt, so gut haben die noch nie verdient, die Rendite ist gut zweistellig, „sehr kommod“ nennt das der Geschäftsführer. Der „Spiegel“-Verlag bedauerte, dass er nur 15 Prozent statt wie im Vorjahr 20 Prozent Umsatzrendite gemacht hat.

Das sind enorme Zahlen. Da wird eine Krise draus gemacht. „Braunschweiger Zeitung“ liegt bekanntlich bei 20 Prozent Rendite, eine ganz normale Regionalzeitung. Das sind Renditen, da können andere Unternehmen nur von träumen! Wenn Sie normale Großunternehmen nehmen, dann haben die eine Durchschnittsrendite von vier Prozent. Die Verlage liegen beim Dreifachen oder Vierfachen davon.

Für die Zukunft allerdings, so Lobigs, müssten die Verlage die heutige gute Marktposition nutzen, um neue Geschäftsmodelle auch für den Onlinejournalismus zu finden.

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Watchblog zur Regenbogenpresse

21 Mai

Echo-der-Frau-Titel„Regenbogenpresse“, das klingt beinahe verharmlosend. „Klatschpresse“ oder „Revolverblätter“ geht schon eher in die Richtung derjenigen Assoziationen, die man bei kritischer Durchsicht der auf englisch recht neutral „yellow press“ genannten Gazetten haben kann. Nun beschäftigt sich ein neuer Watchblog ausschließlich mit dem Wahrheitsgehalt der Meldungen und Berichte, die in Heften wie „Echo der Frau“, „Das Goldene Blatt“ etc. zu finden sind. Die Macher von „Topf voll Gold“ schreiben dazu:

Rund eine halbe Milliarde Hefte druckt die deutsche Regenbogenpresse jedes Jahr. Woche für Woche kann man sich am Kiosk mit neuen Geschichten über die Adeligen und Prominenten dieser Welt eindecken. Der Markt ist riesig. Millionen Deutsche nutzen das Angebot. Doch bei der Regenbogenpresse gilt das Gleiche wie bei der Volksmusik: Unfassbar viele Leute gucken sie sich an, aber niemand spricht darüber.

Und so läuft das Geschäft unterm Regenbogen, ohne dass sich jemand groß damit auseinandersetzt. Dabei würde sich ein kritischer Blick in die Hefte lohnen. Denn immer wieder stellen die Autoren dort übelste Behauptungen auf, sie basteln Skandale, sie verdrehen Tatsachen. Sie erfinden schlichtweg Geschichten. Wir schauen uns das mal genauer an.

Auch der Blog Klatschkritik setzt sich mit dem Treiben des Boulevardjournalismus auseinander. Der Topf voll Gold ist ein Projekt zweier Dortmunder Journalistikstudierender, die das Thema auch für ihre Bachelorarbeiten nutzen wollen. Das Deutschlandradio Wissen hat einen interessanten Hörfunkbeitrag zum Thema ins Netz gestellt.

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Küppersbusch geht wieder auf Sendung

20 Mai

zak kueppersbAls Harald Schmidt nach seinem Abgang bei Sat1 gefragt wurde, ob er nun zurück zum WDR kehren werde, sagte er, dass sei ja wie zu Mutti nachhause kommen. Friedrich Küppersbusch hatte offenbar Sehnsucht nach Mama. Jedenfalls wird er ab 10. Juni dreimal wöchentlich eine viertelstündige Sendung namens „Tagesschaum“ im WDR Fernsehen moderieren. In der taz erklärt Küppersbusch:

Ein Meinungs- und Kommentarmagazin, mit dem wir die Leute bis zur  Bundestagswahl begleiten. Eine Viertelstunde Haltung, Erbauung und  Trost. Die „Tagesschau“ auf Koks, also.

Es soll sich dabei selbsterklärtermaßen um ein Satireformat handeln, was einen ein kleines bisschen skeptisch macht. Denn wenn extra „Satire“ drauf geschrieben werden muss, steht doch zu befürchten, dass es „lustig“ oder gar „bissig“ doch nur im fürs Öffentlich-Rechtliche erträgliche Maße wird. Vergrößert wird dieser Eindruck dadurch, dass Küppersbusch sich verstärkt mit solchen Mitstreitern, deren Namen (und deren Hauptarbeitgeber) wohl dafür bürgen sollen, dass hier nichts schief gehen kann: Stefan Niggemeier, der bislang beim „Spiegel“ arbeitete und als Fernsehautor bislang nicht auffällig geworden ist,  Stefan Reinecke von der taz sowie einige Namen, die man noch von der alten ZAK-Crew kennt. Das WDR-Format ZAK („der Wochendurchblick“) war die Sendung, mit der Friedrich Küppersbusch in den 90er Jahren bekannt geworden ist. Berüchtigt war vor allem Küppersbuschs Interview-Stil und seine spitzen Formulierungen. Sollte er auch nur ein kleines bisschen davon in die neue Sendung hinüberretten, so dürfte es sich qualitativ vom TV-Mainstream schon fundamental unterscheiden. Manchmal ist es eben doch schön, wenn jemand an den heimischen Herd zurückkehrt. Hoffentlich gibt es nicht nur Aufgewärmtes …

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Wenn Titelblätter Trauer tragen

15 Mai

Das britische Satireportal The Poke hat eine äußerst kuriose Sammlung von Zeitungsseiten zusammengestellt, die demonstrieren, was alles schief gehen kann, wenn man beim Texten und Layouten nicht sehr vorsichtig ist. Eine Schlagzeile „Priester gibt Kindersex zu“ neben eine Werbeanzeige „Junge, ist das heiß“ zu stellen, ist buchstäblich daneben:

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Auch die Anzeige „Traumurlaub zu gewinnen“ über dem Foto des gesunkenen Kreuzfahrtschiffes ist eher der Untergang der Layoutabteilung:

poke03Das Geständnis in der Überschrift auf der linken Blattseite („Ich sagte nein, sagt er, aber sie vergewaltigte mich“) wird doch konterkariert durch die Balkenwerbung „Wir sagen Ja“:

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Und die russische Zeitung Metro hat scheinbar alle Fotos im Layout vergessen, auch wenn sie selbst behauptet, dies sei Absicht gewesen, weil man auf einen Fotowettbewerb habe hinweisen wollen:

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Noch mehr kuriose Zeitungsseiten gibt es hier.

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Angelina Jolies Brüste als statistisches Problem

14 Mai
Angelina Jolie - vor der OP (Foto: Wikimedia)

Angelina Jolie – vor der OP (Foto: Wikimedia)

Die einmal zur „schönsten Frau der Welt“ gekürte US-Schauspielerin Angelina Jolie hat sich aus Angst vor Brustkrebs beide Brüste amputieren lassen. Diese, von der seriösen New York Times in Form einer Tagebuchaufzeichnung verbreitete, Nachricht hat zu den erwartbaren Kapriolen auch in der deutschen Presse geführt. „Angelina in ihrer mutigsten Rolle“, dichtet Die Welt. Die Berner Zeitung weiß in etwas eigenartiger Grammatik: „Jolie fühlt sich nach der Brustamputation ’nicht weniger Frau‘ als vorher“. Und Spiegel Online hat direkt den Servicebeitrag zum Eingriff: „So funktioniert die Brustamputation“.

Angelina hat also keinen Busen mehr. Und deutsche Journalisten haben offenbar keinen Taschenrechner mehr.  Sonst könnten sie nämlich die Brustkrebswahrscheinlichkeiten richtig berechnen. Eigenartig ist nämlich, was die Journalistenkollegen da unisono (hat da wohl jemand vom anderen abgeschrieben) über die statistischen Aussagen in Sachen Brustkrebsrisiko zu sagen haben. Hier in der Version des Mediendienstes Meedia (Überschrift: „Angelina Jolie jenseits der Klatschspalten“):

In der New York Times schreibt sie, dass sie wegen eines Gen-Defekts mit 87 prozentiger Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs erkrankt wäre. Ihre Mutter starb im Alter von 56 Jahren an der Krankheit. Nur bei einer kleinen Minderheit ist dieser spezielle Gen-Defekt die Ursache für Brustkrebs. In diesen Fällen aber besteht eine im Durchschnitt 65-prozentige Wahrscheinlichkeit der Erkrankung …

Journalisten lieben bekanntlich Zahlen. Prozentangaben lieben sie besonders. Nur mit dem Rechnen haben sie es nicht immer so. Wenn Frau Jolie „wegen eines Gen-Defekts mit 87 prozentiger (sic!) Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs erkrankt“, dann bedeutet das eine 87-prozentige Wahrscheinlichkeit der Erkrankung. Und keineswegs eine „65-prozentige Wahrscheinlichkeit der Erkrankung“!

Wie kann es zu diesem Fehler kommen? Sehen wir uns das englischsprachige Original aus der New York Times an. Dort heißt es:

My doctors estimated that I had an 87 percent risk of breast cancer and a 50 percent risk of ovarian cancer, although the risk is different in the case of each woman. Only a fraction of breast cancers result from an inherited gene mutation. Those with a defect in BRCA1 have a 65 percent risk of getting it, on average.

Hier wird anders gerechnet: Es ist von einer 65-prozentigen Wahrscheinlichkeit die Rede, wegen des Genfehlers in BRCA1 an Krebs zu erkranken. Wie alle Frauen (auch die ohne diesen Genfehler) gibt es für Angelina Jolie natürlich noch andere Gründe, an Brustkrebs zu erkranken (etwa weil sie Raucherin ist, wegen ihres Alters etc.). Dies summiert ergibt dann die Endwahrscheinlichkeit von 87 Prozent für eine Brustkrebs-Erkrankung. Ob es deswegen angeraten ist, sich vorauseilend die Brüste entfernen zu lassen und wie sich dadurch das allgemeine Krebsrisiko verändert, wird nicht thematisiert.

Hier liegt also ein nahezu 100-prozentiges Beispiel für Statistik-Schwäche vor, das sich durch Kolportage und eine 80-prozentige Copy-and-paste-Neigung im deutschen Journalismus in Windeseile massenhaft verbreitet hat. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgend jemand das im nachhinein korrigieren wird? Vermutlich null Prozent.

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WDR: Endlich mal Funkstille

14 Mai

So kann aus einem Funkhaus ein Trappistenkloster werden: Wegen eines massiven Stromausfalls sind am heutigen Morgen alle WDR-Rundfunksender für sechs Minuten „offline“ gewesen und waren nicht zu empfangen. Ab 9:45 Uhr konnte für sechs Minuten kein Hörfunkprogramm des Westdeutschen Rundfunk mehr empfangen werden, auch der Internetauftritt lag brach. Eine verzweifelte Moderatorin des „Jugendsenders“ 1live konnte lediglich twittern:

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Auch dem Sender selbst blieb offiziös nichts anderes übrig, als den kommunikativen Weg über die neuen Medien zu gehen, die sonst ja eher Konkurrenz sind:

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Auch wenn die Online-News-Seiten diesen Vorgang direkt für einmalig, historisch und außergewöhnlich halten (z.B. hier und hier), kommen Störungen beim Sendebetrieb gar nicht so selten vor. Nach der mathematischen Kommunikationstheorie definiert sich Kommunikation sogar nach dem Maße an Störung, durch die die Übermittlung beeinträchtigt wird. Vor dem Digitalzeitalter war die „Bildstörungs“-Tafel für Fernsehzuschauer ein durchaus gewohnter Anblick. Lange Zeit hingen die Störungs-Tafeln, die bis in die 70er Jahre noch handgemalt waren, als Deko in den Fluren des WDR-Archivhauses in der Kölner Innenstadt.

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Einen ungewöhnlichen Fall der Sendestörung musste der WDR selbst eingestehen: Einige Haushalte in NRW hatten im Jahr 2011 gestörten Fernsehempfang, weil das digitale Radio DAB auf der gleichen Frequenz funkte wie das analoge Kabelfernsehen.

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Der „Spiegel“ und die ausgewogene Berichterstattung

11 Mai
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Spiegel-„Opfer“ Trittin (Foto: Wikimedia)

Wer Ausgewogenheit für eine besondere Zierde des Journalismus hält, der sollte sich vom Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ eines besseren belehren lassen. Dort ist in der aktuellen Ausgabe über den Grünen-Spitzenkandidaten Jürgen Trittin zu lesen:

Wenn es darum geht, andere zu belehren, lässt sich Jürgen Trittin ungern übertreffen. Der grüne Spitzenkandidat weiß immer die richtigen Antworten, auch wenn die Fragen noch gar nicht gestellt werden. So hat er sich in den vergangenen Jahren konsequent den Ruf des unerschütterlichen Besserwissers erarbeitet.

Diese Charakterisierung hat durchaus auch etwas Belehrendes, oder?

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News is bad for you: Nachrichten machen krank

10 Mai
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Foto: A. Altmann/pixelio.de

Auf Spiegel Online zieht Autor Georg Diez in seiner regelmäßigen Kolumne über die Fernsehnachrichten her, insbesondere “Tagesschau” und ARD.

Drohnen, Merkel, Krise: Die deutschen TV-Nachrichten tun so, als würden sie uns Zuschauer informieren. Tatsächlich stampfen sie uns in die Passivität, sie machen uns dümmer und letztlich uninformierter. (…) Die Sklerose unserer Tage hat ein ideales Medium gefunden, und wir zahlen auch noch dafür. Abend für Abend sitzen wir da, in dieser zeittypischen Mischung aus Selbsthass und Apathie, und lassen uns die Welt glatt bügeln, auf ARD-Art. (…) All das sind Scheinnachrichten, weil so getan wird, als sei das nun der amtliche Ausschnitt der Welt – dabei ist es doch nur staatsnahes Parteien-TV, die üblichen Vertreter der Macht, der Reichstag im Abendlicht plus das eine oder andere Erdbeben: Das eben, was Journalisten für wichtig halten, die selbst nicht wissen, warum das so ist.

Spiegel-Autor Diez kennt aber auch das Gegenmittel. Es ist der „engagierte Journalismus” (wenn er ihn auch nicht beim Namen nennt). Vorbildhaft ist da für ihn die BBC.

BBC macht das immer mal wieder vor, wie intelligenter, diskursiver Fernsehjournalismus geht: mal emotional und nah, wenn etwa ein Reporter in das Zimmer führt, wo sich ein altes italienisches Ehepaar erhängt hat, weil es seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte, und man sich als Zuschauer mehr mit der Euro-Krise beschäftigt als nach hundert Rolf-Dieter-Krause-Kommentaren aus Brüssel (…).

Diez’ Kritik ist zwar naheliegend, aber doch sehr verkürzt. Am speziellen Format von Nachrichten und insbesondere Fernsehnachrichten wurde in der Vergangenheit schon häufiger verheerende Kritik geübt. Diez selbst zitiert in seiner Spiegelkolumne den Schweizer Autor Rolf Dobelli. Der Schweizer hat an verschiedenen Publikationsorten bereits seine Thesen zum Thema “News is bad for you” zum besten gegeben.

Wozu brauchen wir dann überhaupt Nachrichten? Und was sind Nachrichten? Der kluge Schweizer Rolf Dobelli hat vor Kurzem das Konzept von Nachrichten ganz grundsätzlich kritisiert, in seinem Manifest „News is bad for you“ erklärt er unter anderem, warum diese Art von Nachrichten uns früher sterben lassen, warum diese Art von Nachrichten uns zu falschen Entscheidungen verleiten, warum diese Art von Nachrichten uns dümmer und letztlich uninformierter machen – all das hat mit der Frage zu tun, was eine Nachricht ist.

Naja, “vor kurzem” erschien nur die Zusammenfassung im englischen Guardian. Der Essay selbst ist schon seit 2011 auf Dobellis Website zu lesen. Dobellis Kritik ist denn auch drastischer. Er will nicht anderen Nachrichtenjournalismus, sondern keinen:

Leben Sie ohne News. Klinken Sie sich aus. Radikal. Erschweren Sie sich selbst den Zugang zu News, so gut es geht. Löschen Sie die News-Apps auf Ihrem iPhone. Verkaufen Sie Ihren Fernseher. Greifen Sie nicht nach Zeitungen und Zeitschriften, die in Flughäfen und Zügen herumliegen. Lenken Sie Ihren Blick von den Schlagzeilen ab.

Und der sehr geschätzte Walter van Rossum berichtete schon vor einigen Jahren, wie die Tagesschau “in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht”.

News is bad for you – and giving up reading it will make you happier | Media | The Guardian

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Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter