Heute im Deutschlandradio Kultur in der Sendung „Ortszeit“ gab es ein interessantes Interview zum ARD Markencheck, dessen vorerst letzte Folge sich heute Abend (20:15 Uhr) mit der Fa. Apple beschäftigen wird:
Wetten, dass …: Crossmarketing zwischen Spiegel und New York Times
Nun nimmt sich also sogar die ehrwürdige New York Times der ZDF-Fernsehshow „Wetten, dass …“ an. Nicholas Kulish, der Berlin-Korrespondent der bedeutendsten Tageszeitung der Welt, fragt in einem längeren Artikel im Onlineangebot der NYT, was die Show über das deutsche Fernsehen im speziellen und über die Kultur in Deutschland im allgemeinen aussagt. Die altmodische Anmutung, alberne Spiele und ein Moderator, der eher wie ein guterzogener Schuljunge daher kommt: Altbekannte Kritiken, die letztlich nur konstatieren lassen, dass es auch im Westen nichts Neues über das in die Jahre gekommene Schlachtschiff deutscher Fernsehunterhaltung zu sagen gibt.
Interessanter ist da schon, wie Spiegel Online über diesen Artikel berichtet. Der Spiegel und die New York Times betreiben hier nämlich eine eigenartige Spielform des Cross Marketing. Im Spiegel ist zu lesen:
Kulish sieht die Diskussion über die Show als Teil einer größeren Problemlage: Warum hat Deutschland, trotz großer literarischer und filmischer Traditionen, den Anschluß an anspruchsvolle, komplexe Fernsehformate nicht geschafft?
Sieht man sich die entsprechende Textstelle im englischen Original an, ist man doch perplex. Denn die etwas grobschlächtige Analyse deutscher Fernsehkultur stammt gar nicht von Nicholas Kulish, sondern ist wiederum nur ein Spiegel-Zitat:
Der Spiegel asked in its latest issue, “Why are Germans the only ones sleeping through the future of TV?” The magazine called German programs “fainthearted, harmless, placebo television.”
Eine merkwürdige Art des Zirkel-Zitats: Der Spiegel zitiert eine Phrase der New York Times als originär amerikanische Sicht aufs deutsche Fernsehen, die in Wahrheit vom Spiegel selbst stammt. Was bleibt unterm Strich als Fazit: Die New York Times findet das deutsche Fernsehen offenbar nicht wichtig, den Spiegel hingegen schon.
Jetzt wird mir’s aber zu bunt: Sprachakrobatik in der „Bunten“
Dass es in der Klatschpostille „Bunte“ (pardon, man sagt ja jetzt „People-Magazin“ …) bunt zugehen darf, legt der Name ja irgendwie nahe. Aber es kann natürlich auch zu bunt sein. Oder handelt es sich bei dem Artikel über die Jacobs-Kaffee-Erbin Louise Jacobs, der auch online zu finden ist, um einen genialen Kunstgriff? Immerhin gesteht die Erbin darin unter anderem ihre Legasthenie. Soll womöglich diese schwerwiegende Rechtschreibschwäche im Sinne eines orthographischen Parallelismus im vollends verrutschten Deutsch der „Bunten“ feinsinnig nachgebildet werden? Schau mer mal!
Wenn man Bilder von Louise Jacobs (30) in der Presse sieht, dann blickt man in das Gesicht einen hübschen, jungen Frau mit strahlenden Augen und kurzen, braunen Haaren.
Nun ja, „das Gesicht einen (sic!) hübschen, jungen Frau“ kommt natürlich vorderhand ziemlich grobschlächtig daher. Subtiler ist da schon das überflüssige Komma zwischen „hübschen“ und „jungen“. Hier deutet sich ein durchgängiges Gestaltungsprinzip der „Bunte“-Autoren an, die den Kommaregeln der deutschen Sprache mit grundsätzlicher Verachtung begegnen. Der klotzige Grammatikfehler überdeckt auf markante Art und Weise eine in sublimer Manier verrutschte Ausdrucksweise. Denn erst mal blickt man bei der Betrachtung von Bildern ja nicht in Gesichter, sondern auf Fotos.
Doch hinter der Fassade kämpft die 30-Jährige Enkeltochter …
Sie kämpft hinter der Fassade, will sagen: nicht auf der Vorderbühne, im Park oder vor dem Dienstboteneingang. Dass „30-Jährig“ selbstverständlich nicht groß geschrieben wird, ist ein kleiner globalisierungskritischer Seitenhieb auf die imperialistischen Groß- und Kleinschreibungs-Regeln Marke Duden.
… von Kaffee-Unternehmer Walter J. Jacobs nach wie vor mit den schweren Erinnerungen an ihre Kindheit.
Oder: Mit den Erinnerungen an ihre schwere Kindheit? Schon hier deutet sich dem aufmerksamen Leser an, dass mit feinstem Skalpell Hand an die deutsche Sprache gelegt werden soll. Wahre Stilkunst!
In einem Interview mit der „BILD am Sonntag“ erzählt die Mutter von einem Sohn …
Wovon soll die Mutter auch sonst erzählen, wenn nicht von einem Sohn?
… offen über die fehlende Akzeptanz in ihrer Familie.
Ach so. Aber nicht nur von Söhnen erzählt die Mutter der Akzeptanz, sondern auch von ihrer Legasthenie und damit verbundenen Therapiesitzungen.
„In der Gesellschaft, in der ich steckte gab es nur Aufstieg.“ Sie selbst war mit neun Jahren jedoch noch in der zweiten Klasse.
Sehr subtil wird hier mit dem fehlenden Komma hinter „steckte“ gerade die Rechtschreibschwäche nachgezeichnet, von der ja auch die Rede ist. Mit einem brillanten Kunstgriff deutet die „Bunte“ dann aber noch eine aufkommende Arithmasthenie an. Das ist Rechenschwäche, die sich hier in der eigenartigen Berechnung der Grundschulzeit der Kaffee-Erbin ausdrückt. Mit neun Jahren in der zweiten Klasse — klingt das wirklich so katastrophal? Wenn man mit sieben Jahren eingeschult wird, schafft man das unter Umständen sogar völlig regulär, ganz ohne Sitzenbleiben.
So verletzlich habe sie sich aufgrund der fehlenden Akzeptanz gefühlt, dass Sie nach eigenen Angaben hoffte, ihren Ausweg darin zu finden, sich wie ein Junge zu benehmen.
Ein wunderbar legasthenischer Schachtelsatz. Jedem Schüler der Burda-Journalistenschule würde der spätestens in der zweiten Klasse ausgetrieben. Aber als Stilmittel: wunderbar. Anders kann man auch die präpositional eingeleitete Nominalkonstruktion mit der „fehlenden Akzeptanz“ nicht klassifizieren. Bei so viel sprachlichem Feingefühl geht es dem ein oder anderen Leser womöglich durch, dass die Kaffeebohnenerbin sich vermutlich eher „verletzt“ als „verletzlich“ gefühlt haben wird. Und dann noch dieses völlig deplatzierte „nach eigenen Angaben“: Nach wessen Angaben denn sonst? Herrlich! Schließlich noch das großgeschriebene „Sie“ — stilsicherer lässt sich die Sprache nicht verhunzen.
Die Haare wurden abgeschnitten, die Skaterhosen avancierten zu ihrem Lieblingsteil und sie fuhr Skateboard und raufte sich.
Wie machen die bei der „Bunten“ das bloß? Passivisch statt aktivisch formulieren, aus einer „Hose“ ein „Teil“ machen und dann noch mit einer asyndetischen Reihung (durch Kommata getrennte Satzglieder) beginnen und mit einer syndetischen Reihung (angedeutet durch die herrlich deplatzierten doppelten „und“) enden: Das unterläuft spielend jeden Schwellenwert mangelhafter Sprachbeherrschung. Das muss man wirklich erstmal schaffen. Aber das wahre Husarenstück kommt erst noch:
Erst die Flucht über den Ozean brachte Erleichterung. (…) So schwer belastet sie die Situation, dass sie sich in die Magersucht flieht.
Um die Bravour der „Bunte“-Schreiber anzudeuten, habe ich mir erlaubt, den größeren Teil dieses langen Abschnitts auszulassen. Man beachte: Einen Absatz mit „brachte Erleichterung“ zu beginnen, um ihn mit „Magersucht“ zu beenden — das macht der „Bunten“ vermutlich keiner nach. Das schlägt dem Fass so sehr die Krone ins Gesicht, dass darüber andere sprachliche Finessen des Abschnitts fast unterzugehen drohen. Zum Beispiel diese:
„Für den Menschen den ich liebte wollte ich Gedichte schreiben.“
Die Legasthenikerin sehnt sich nach dem Gedichteschreiben. Das hat in all seiner Tragik fürwahr Shakespeare’sches Format. Der dramaturgische Hammer verdeckt aber fast wieder die feine Feder der People-Journalisten. Haben Sie es gemerkt? Zwei Kommata wären hier nötig, kein einziges ist da. Und das Ganze in Anführungszeichen als wörtliches Zitat der ohnehin legasthenischen Bohnenerbin unterzujuxen, das macht … äh … sprachlos.
Als Sie Mitte 2000 wieder nach Hause zurück in die Schweiz kommt, wiegt Louise gerade noch 39 Kilo, wie sie erzählt.
Von dem Gewicht wird vermutlich eher die Waage künden als die Erbin.
Da Sie noch nicht volljährig ist, hätten ihre Eltern durchgegriffen und sie in die psychiatrische Klinik „Littenheid“ in St. Gallen eingewiesen.
Noch so eine sprachliche Feinheit, die bei flüchtigem Lesen fast untergeht: Mit Indikativ beginnen („ist“) und dann mit Konjunktiv fortfahren („hätten“). Wie wussten schon die alten Griechen: Wenn du schweigen getan hättest, dann hättest du Philosoph geblieben haben tun.
Erst als sie die 50 Kilo Grenze erreicht ist darf Sie die „Klapse“, wie sie das Klinikum nennt, verlassen.
Ich schwöre es: Ich habe nichts hinzuerfunden und nichts weggelassen. Hier waltet ausschließlich das sprachliche Schicksal in Gestalt von „Bunte“-Journalisten. Mal davon abgesehen, dass der Türkentrunk-Erbin das Passieren der Schweizer Grenze eher angeraten gewesen wäre als das Erreichen der „50 Kilo Grenze“, und auch mal abgesehen von dem neuerlich fehlenden Komma und dem wiederum großgeschriebenen „Sie“: Eine Formulierung wie „Erst als sie die 50 Kilo Grenze erreicht ist“ sucht auch in der an sprachlichen Fehltritten nicht armen deutschen Presselandschaft ihresgleichen. Hier sind so viele Grenzen auf einmal überschritten worden, dass der Fall der Mauer gegenüber den grammatischen Grenzüberschreitungen der „Bunten“ wie der Schulbubenstreich eines neunjährigen Zweitklässlers aussieht. Meisterhaft!
Wer nun denke, dies sei unüberbietbar, hat die Rechnung ohne Burdas „Bunte“-Schreiber gemacht. Die haben sich nämlich für das Finale einen echten Paukenschlag übriggelassen. Und der klingt so:
Louise macht ihr Abitur (…). Aber dann erkennt Sie (sic!) ihre wahre Passion. Sie fängt an zu schreiben.
Mir schwirrt der Kopf. Die legasthenische Kaffeedynastin baut dann doch irgendwie ihr Abitur, und das offenbar ohne jede Schreibkenntnis. Denn dieses ihr Schreiben fängt ja erst an, NACHDEM sie Deutschlands höchsten Schulabschluss absolviert hat. Die „Bunte“ macht mich fassungslos.
Mittlerweile hat Sie (sic!) mit 335 Seiten ihr drittes und persönlichstes Buch fertiggestellt.
Wahre Artistik zeigt sich ja stets darin, immer noch einen oben draufzusetzen. Andere, berühmte Schriftsteller vor Frau Jacobs haben es ja anders getan: Günter Grass hat mit der „Blechtrommel“ sein „persönlichstes Buch“ geschrieben. Fernsehkoch Jamie Oliver hat vielleicht mit „Meine hundert besten Rezepte“ sein „persönlichstes Buch“ geschrieben. Aber Louise Jacobs hat, jedenfalls nach Ansicht der „Bunte“-Redaktion, mit „335 Seiten“ ihr persönlichstes Buch geschrieben. Und das als Legasthenikerin. Alle Achtung!
Programmierer: Outsourcing mal anders
Wer überhaupt keine Lust mehr auf Computer hat, kann es so machen wie ein Programmierer aus Kalifornien. Das US-amerikanische Telekommunikationsunternehmen Verizon hat jetzt einen besonders kuriosen Fall von Outsourcing geschildert. Ein „Bob“ genannter Programmierer hat offenbar seine eigene Arbeit komplett von chinesischen Kollegen machen lassen. Bob erschien zwar jeden Tag pünktlich bei der Arbeit, erstattete auch jeden Tag Report über seine aktuellen Programmierleistungen, in Wahrheit aber verbrachte er seine Zeit am PC mit Ebay-Auktionen, in sozialen Netzwerken und mit Katzen-Videos. Die Arbeit machte stattdessen ein chinesischer Programmierer, dem Bob dafür einen Bruchteil seines Lohns abgab. Und diese Arbeit erledigte der Chinese offenbar sehr gut: Bob erhielt viel Lob für seinen Job, wurde gar als „bester Entwickler im Haus“ gefeiert. Ein typischer Arbeitstag von Bob sah so aus:
9:00 a.m. – Arrive and surf Reddit for a couple of hours. Watch cat videos
11:30 a.m. – Take lunch
1:00 p.m. – Ebay time.
2:00 – ish p.m Facebook updates – LinkedIn
4:30 p.m. – End of day update e-mail to management.
5:00 p.m. – Go home
Den Outsourcing-Trick wendete Bob offenbar nicht nur bei einem Arbeitgeber an, sondern gleich bei einer ganzen Reihe von Firmen. Er soll damit mehrere hunderttausend Dollar pro Jahr verdient haben, wovon er bestenfalls 50.000 Dollar nach China überwies.
Aufgeflogen ist der Programmierer nur, weil dem IT-Service seiner Firma überraschend viele Zugriffe aufs Firmennetz aus China aufgefallen waren. Der Arbeitgeber benutzte sogar eine Hardware-Verschlüsselung, die Bob auf fast altmodische Art umging: Er schickte den Sicherheitsschlüssel, den sog. token, per FedEx nach China.
ZDF: Ostpreußen in der Ostsee versenkt
Ostpreußen — ein Zankapfel der europäischen Geschichte. Der „Korridor“, der nach dem 1. Weltkrieg Ostpreußen vom Rest des Deutschen Reichs abtrennte, war einer der Anlässe für das Ausbrechen des 2. Weltkriegs. Nach dem Krieg wurde Ostpreußen darum auch von den Siegermächten zur einen Hälfte Polen und zur anderen Rußland zugeschlagen. Letztgenannte ist heute wiederum eine Exklave, ist von Polen, Litauen und der Ostsee umringt, vom heimischen Kremlreich aber getrennt. Und genau dieser russische Teil des ehemaligen Ostpreußen ist von der Landkarte verschwunden — jedenfalls im neu gestalteten Studio der ZDF-Nachrichtensendung „heute“. Dort wo eigentlich die Oblast Kaliningrad mit ihren rund 946.000 Bewohnern sein sollte, ist nur die tiefe Bläue des Meers zu sehen. Aufgefallen ist dies offenbar erst Anfang Januar einem polnischen Radiosender. Und das, obwohl das Redesign des ZDF-„heute“-Studios schon seit dem 29.September 2012 zu sehen ist. Ein Vergleich mit der Ostseekarte von Wikipedia macht den Schnitzer besonders deutlich:
Es handle sich „um eine nach grafischen Gesichtspunkten gestaltete Karte, die an verschiedenen Punkten verallgemeinert ist und dabei politische Einteilungen (bewusst) außer Acht lässt“, teilt das ZDF auf Anfrage mit. Allerdings geht es hier gar nicht um „politische Einteilungen“, sondern schlicht um Geographie. Und die sollte jeder Kartograph beherzigen. Schon fragen Stimmen in Polen,
haben wir es mit einem neuen Kapitel politisch korrekter Bewusstseinsausblendung der einstigen deutschen Ostprovinzen zu tun?
Andererseits sollen viele Menschen in Polen sich schon über den neu hinzugewonnen Sandstrand an der Ostsee freuen. Die Neugestaltung des ZDF-Nachrichtenstudios hat übrigens 30 Mio. Euro gekostet.
Da brat einem doch einer ein Huhn!
Zu was für Blüten kann doch Schrift im öffentlichen Raum führen. Das hier ist wirklich nichts für Hühnerdiebe, sondern eher für Recyclingfans und Freunde einer wirklich nachhaltigen Landwirtschaft und Viehzucht. Nach Ansicht dieses Imbissbudenbetreibers können nicht nur Hühner, sondern auch ganze Grillhähnchen in Bodenhaltung erzeugt werden:
(Gesehen auf dem Parkplatz eines Baumarkts in Köln-Zollstock)
Fortschrittliches Banking in Mitteleuropa
Neue Medien verdrängen nicht die alten. Das wird in der Medienwissenschaft als Riepl’sches Gesetz bezeichnet. Ein kleines Beispiel dafür ist dieser Kontoauszugsdrucker der Santander Bank AG-Filiale am Kölner Chlodwigplatz. Innendrin Hightech, aber wenn außen mal irgend etwas nicht funktioniert, tun es immer noch Tinte und Papier:
Wer braucht eigentlich den „Tatort“ getwittert?
Folgendes sah ich gerade bei Spiegel Online:
Wenn ich den ARD-„Tatort“ live verfolgen möchte, dann kann ich ihn doch einfach schauen, oder? Wozu brauche ich jemanden, der eine Fernsehsendung „live twittert“? Das verstehe ich einfach nicht.
Bild: Bettler böse – Aufruf zum Klassenhass?
Aufruf zum Rassenhass ist in Deutschland strafbewehrt. Wie aber steht es eigentlich mit Aufwiegelung zum Klassenhass? Darunter versteht der „Duden“ den „Hass verschiedener sozialer Klassen gegeneinander“. Und irgendwie so etwas scheint die Münchener Redaktion der Bildzeitung im Sinne zu haben. Anders ist kaum zu erklären, wie prominent auf Seite 3 der gestrigen Ausgabe der Artikel unter der Uberschrift „Die miesen Maschen der Bettler in München“ mit nichtbelegten Behauptungen, haltlosen Verdächtigungen und unverhohlenem Ressentiment auf die Ärmsten der Armen eindrischt. Da heißt es zum Beispiel:
„So unverschämt versuchen organisierte Banden, den Münchnern das Geld aus der Tasche zu ziehen!“
Zu sehen ist auf den großformatigen Fotos der Bildzeitung aber nur das altbekannte Bild von einsam daknieenden und -sitzenden Leuten mit Pappbechern in Händen — ein mehr als schwacher Beleg für die gewagte Formulierung „aus der Tasche zu ziehen“, die einen sehr viel aktiveren Vorgang beschreibt und einen unwillkürlich an so etwas wie „Taschendiebstahl“ denken lässt. Ähnlich tendenziös geht der Beitrag weiter:
„Vorsicht vor den kriminellen Hausierern“: Was an den Bettlern „kriminell“ sein soll, dafür bleibt die Bildzeitung ebenfalls jeden Beleg schuldig. Zumal noch zu klären, ob die im Bild-Text erwähnten „Hausierer“ die gleichen Personen sein sollen wie die Bettler, denn Hausierer und Bettler sind schon zwei sehr unterschiedliche Dinge. Andere Menschen um Geld zu bitten verwehrt sich zwar einer kapitalistischen Verwertungslogik,derzufolge es nur Geld nur gegen Arbeit oder eine andere Gegenleistung gibt, es ist deswegen aber noch nicht verboten oder gar strafbar. Auch die Formulierung, die Bettler trieben „ihr Unwesen“, ist is wohl in der Wortwahl deutlich daneben gegriffen, denn unter einem „Unwesen“ stellt man sich doch explizitere kriminelle Aktivitäten vor als das ärmliche Dahinkauern der Almosenempfänger. Wer nun als Leser meint, nach dem Satz „Das sind die Maschen der Profi-Schnorrer“ würden Belege für die dick aufgetragenen Anschuldigungen kommen, sieht sich überrascht. Denn woraus bestehen die offenbar „kriminellen“ „Maschen“ der Bettler?
„Sie sprechen selten deutsch“.
Mangelnde Deutschkenntnisse sind zwar unter dem Bildungsaspekt ganz klar ein Malus, aber eben kein Verbrechen. Wären sie ein Verbrechen, könnte der Vorwurf im übrigen schnell auf den Autor dieses Beitrags zurückfallen. Welche „Masche“ wird als nächstes angeführt?
„Sie weisen Behinderungen oder Verstümmelungen auf oder täuschen diese vor“.
Auch Behinderungen sind in Deutschland bis dato noch nicht strafbar. Eine Behinderung vorzutäuschen, unter der man in Wahrheit gar nicht leidet, ist vielleicht eine gute schauspielerische Leistung, bringt einen so alleine für sich gesehen auch noch nicht mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt. Und die Abbildungen in „Bild“ sprechen erneut eine andere Sprache: Denn der abgebildete Mann mit Beinprothese wird diesen Zustand wohl kaum spielen. Gezeigt werden noch einige andere Personen, jeweils vollständig identifizierbar Schließlich wird als „Beleg“ für die vermuteten kriminellen Machenschaften der Bettler erwähnt:
„Sie sind sehr aggressiv und aufdringlich, bedrängen ihre Opfer“.
Hier könnte das Strafgesetzbuch tatsächlich mal einschlägig sein, wenn nämlich die Aufdringlichkeit so weit ginge, dass der Tatbestand einer Nötigung vorläge. Aber das ist natürlich erstmal nur eine Behauptung, für die der Bildzeitungs-Autor wiederum jeden Beweis vermissen lässt. Die Wortwahl „Opfer“ für gutsituierte Münchner, die beim Shopping in der Fußgängerzone um 50 Cent oder einen Euro angehauen werden, deutet wiederum darauf hin, dass hier eine Personengruppe pauschal kriminalisiert werden soll.
Die Bildzeitung reiht also in dem Artikel über Bettler eine große Zahl äußerst pejorativer Begriffe aneinander, ohne irgend einen Beleg für die sehr weitgehenden Behauptungen zu liefern. Ein Armutszeugnis!
Apples Karten-App ist lebensbedrohlich
Einen kleinen Umweg nimmt man als stolzer Besitzer des allerneuesten IPhone 5 ja in kauf. Wer sich allerdings mit Apples missglückter neuer Navigationssoftware auf den Weg ins australische Mildura macht, der wird womöglich seines Lebens nicht mehr froh. Die App führt nämlich nicht ins wirkliche Mildura, sondern stattdessen in die Irre: Mitten hinein in den Murray-Sunset National Park, den zweitgrößten Australiens. Dort herrschen aktuell, da in Australien Sommer ist, 46 Grad Celsius. Die Polizei von Mildura hat mittlerweile einen Warnhinweis auf ihre Website gestellt, wie der britische Guardian zu berichten weiß:
Mildura police issued a warning on its website, pointing out the difference between the point then offered by Apple and the actual location. It confirmed drivers had been led astray and said the problem was „potentially a life-threatening issue“ due to the intense heat and lack of available water in the area.
Apple hatte erst im September beim Relaunch des Iphone-Betriebssystems die Google-Karten-Applikation zugunsten eines eigenen Dienstes von seinen Smartphones vertrieben. Die neue Karten-App steht seitdem heftig in der Kritik.