Posts Tagged ‘Berlusconi’

Sky: Wasser für die Elefanten


01 Mrz

Screenshot: Sky

Regelmäßige Zuschauer des Fernsehbezahlsenders Sky haben sich in letzter Zeit gefragt, warum in den Fußballtalkrunden mit Größen wie Franz Beckenbauer oder Ralf Rangnick neuerdings auffällig knapp bekleidete Damen den Herren Wasser reichen. Die Münchner Boulevardzeitung „tz“ hat nachgefragt. Der Nachweis hartnäckiger journalistischer Fragetechnik klingt in der Sprache der populären Zeitung so:

Wir haben nachgefragt: Warum gibt’s bei Sky so oft frisches Wasser? Dirk Grosse, der Sprecher des Senders, hält sich bedeckt. Seine kurze, aber süffisante Antwort: „Ich vermute Durst.“

Mit diesen dürren Zeilen endet übrigens der tz-Artikel. Was hier journalistisch vorgeführt wird, ist vielleicht die Kunst der Frage, aber mit Sicherheit nicht die Kunst der Nachfrage. Nach-gefragt hat dafür die Wochenzeitung „Freitag“ und dabei herausgefunden, dass es sich um „notdürftig als Wassernachfülloperation getarnte Auftritte junger Damen“ handle, die der Sender als „Hostessen“ bezeichne. Und nachgeschlagen hat der „Freitag“ auch, nämlich im Lexikon:

„Eine Hostess ist eine zur Betreuung von Gästen bei Reise- oder Fluggesellschaften bzw. Großveranstaltungen angestellte Frau, von der adäquate Umgangsformen und in der Regel Fremdsprachenkenntnisse verlangt werden. Gerade bei Automessen sind die Hostessen häufig nur knapp bekleidet, um die Aufmerksamkeit der Besucher auf die jeweiligen Stände zu lenken.“

Die Berliner Wochenzeitung zieht daraus den Schluss, es drehe sich hier eher um „anachronistische Berlusconi-Momente“ im deutschen Fernsehen, und folgert:

Man muss auch keinen Graduiertenkurs in Gender Studies besucht haben oder sonstwie überdurchschnittlich sensibilisiert sein, um zu erkennen, wie die Regie hier mit gaffend-nachschwenkenden Kamerabewegungen jeden Zuschauer in einen Automessebesucher zu verwandeln versucht.

Tag der Pressefreiheit


03 Mai

Der “Welttag der Pressefreiheit”, den die UN-Vollversammlung im Jahr 1993 auf den 3.Mai gelegt hat, erinnert daran, dass journalistische Berichterstattung und das Veröffentlichen der eigenen Meinung weltweit alles andere als “frei” ist:

Im vergangenen Jahr zählte "Reporter ohne Grenzen" 67 getötete und 1.044 verhaftete Journalisten. Bis Ende April 2012 kamen etwa 20 weitere ums Leben.

Diese drastischen Fälle dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht nur in Kriegs- und Krisengebieten die Pressefreiheit bedroht ist. Auch in Westeuropa ist der Journalismus ständigen Bedrohungen ausgesetzt.  So erinnert Stefan Ruß-Mohl, Experte für die Lage der Pressefreiheit in Italien, daran, dass sich die dortige Lage seit dem Abtritt Silvio Berlusconis keinesfalls gebessert habe.

Journalisten seien Drohungen durch mafiöse Gruppen ausgesetzt. Zudem kämpfe man mit dem Phänomen der "New Media Barons", also reicher Geschäftsleute, die Medienunternehmen aufkauften und sie dann einem Spielzeug gleich nach ihrem Willen formten.

Auch in Deutschland soll die Lage alles andere als rosig sein. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" stuft die Bundesrepublik im europäischen Mittelfeld der Pressefreiheit ein.

Medienmagazin pro: Journalismus

Ulrich Meyer: 20 Jahre Wühljournalismus


03 Apr

ulrich meyerDas war kein Aprilscherz und irgendwie doch: Am 1.April 1992 ging Ulrich Meyer auf Sat1 mit der Sendung “Einspruch” erstmals über den Äther. Seit 20 Jahren hält sich Meyer nun auf dem Schirm und ist eines der wenigen journalistischen Aushängeschilder des Privatfernsehens. Doch nicht mit “Einspruch”, einem krawalligen Talkformat, sondern erst drei Jahre später bekam Meyer das Abo auf Dauersendung. Da war von Datenjournalismus noch gar nicht die Rede, und doch gründete der TV-Journalist  1995 ein Fernsehmagazin,, das im Titel das unerotischste Arbeitsutensil der modernen Bürowelt trägt: die “Akte”.

Vorgeblich handelt es sich bei “Akte” um Verbraucherjournalismus. Doch wes Geistes Kind das Format in Wirklichkeit ist, wird deutlich, wenn man den Untertitel der Sendung kennt: “Reporter kämpfen für Sie!” Das klingt nicht zufällig nach “Bild kämpft für Sie!” Wer sich als Zuschauer auf den Kampf einlässt und sich hilfesuchend an die Akte-Redaktion wendet (Meyer: “Die Zuschaueranfragen sind so massiv wie noch nie zuvor”), der steht auf jeden Fall nicht auf der Gewinnerseite, der ist von vornherein ein Verlierer im großen Medienspiel. Hier ist nicht anwaltlicher, sondern staatsanwaltlicher Journalismus am Werke, wenn es sich überhaupt um Journalismus handelt und nicht nur um seine Simulation. Hier wird nicht recherchiert, sondern gewühlt. Denn im Vordergrund stehen auch bei “Akte” nicht Aufklärung und bürgerschaftliche Beteiligung, sondern Unterhaltung der etwas untergürteligen Art und jene Art TV-journalistischer Selbstinszenierung, deren peinliche “suspense”-Attitüde Alfred Hitchcock noch posthum den Magen herumdreht. “Vieles davon ist reiner Trash”, schreibt darum auch die Süddeutsche Zeitung. Ganz speziell wird es, wenn die Redaktion ein “Spezial” ankündigt wie im aktuellen Beispiel:

Hat die 500-Kilofrau ihren Neffen getötet? Die ganze Geschichte exklusiv als AKTE-Spezial.

Kaum verwunderlich, dass größter Anteilseigner der Produktionsfirma Meta Productions heute die Fa. Endemol ist, hinter der wiederum Silvio Berlusconis Mediaset steht und die größter Hersteller von biederer Fernsehunterhaltung und allerlei TV-Trash ist.

Medien: Ulrich Meyer: 20 Jahre Sat.1 – kein Ende in Sicht – Diverses – FOCUS Online – Nachrichten

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter