Posts Tagged ‘Bildzeitung’

„Bild“ schlachtet Whitney Houston


04 Sep

Das hat Whitney Houston nun auch wieder nicht verdient. Die Bildzeitung berichtet in all ihrer Geschmackssicherheit über eine Versteigerung von Elvis-Devotionalien, zu denen offenbar auch eine Unterhose mit Gebrauchsspuren des King of Rock gehört, und bei der Gelegenheit wird auch auf andere Fanartikel-Versteigerungen hingewiesen. Um welche Teile könnte es aber gehen, wenn die Bildzeitung in einer Bilderstrecke ihrer Onlineausgabe dichtet: „Auch Teile von Whitney Hoston wurden versteigert“?

Auschnitt: Bild Online vom 04.09.2012

Steht zu hoffen, dass es sich um die Stimmbänder gehandelt hat. Und dass sie gut konserviert sind. Es heißt ja immer, „Bild“ führt die Stars zur Schlachtbank. Aber hier hat die Boulevardzeitung es wohl doch allzu wörtlich genommen.

Presserabatte: Springer-Verlag als moralische Instanz?


30 Mrz

"Bild" als Sittenwächter

Die Redaktionen des Axel Springer-Verlags haben verkündet, dass ihre Redakteure künftig keine Presserabatte mehr annehmen wollen. In einer Hausmitteilung heißt es:

Nach breiter Diskussion und in Übereinstimmung mit ihren Redaktionen haben die Chefredakteure der Axel Springer AG vereinbart – wie bereits in einigen Redaktionen des Hauses seit mehreren Jahren praktiziert – dass ab sofort keine dem Berufsstand Journalist zu verdankenden Vergünstigungen mehr angenommen werden.

Schon der Mainzer Medienwissenschaftler Hans Mathias Kepplinger hatte die Bild-Zeitung als eine der wichtigsten moralischen Instanzen für die Bevölkerung bezeichnet. Aber die moralische Penibilität der Bildredaktion bezieht sich vor allem auf die Bevorzugung Penis-naher Themen (vgl. „Bild wieder mal auf Penis-Niveau„). Nun mit dem öffentlich inszenierten Verzicht auf die umstrittenen Presserabatte sich als Vorreiter in Sachen Berufsethos und journalistischem Anstand zu gerieren, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Eine Ironie, die den Springer-Redaktionen selbst offenbar nicht entgangen ist, denn man nimmt die eigene Ankündigung selbst nicht ganz so ernst:

Besuche von Kultur- oder Sport- Veranstaltungen und Kino- oder Theaterpremieren im redaktionellen Kontext sind hiervon ausgenommen,  sofern diese das übliche, bzw. notwendige Maß der beruflichen Tätigkeit nicht übersteigen. Nicht von der  Regelung betroffen sind außerdem Unternehmensrabatte, da es sich hierbei in erster Linie um Mengenrabatte handelt.

Der Axel Springer Verlag bringt fraglos auch solche Publikationen hervor, die man als journalistisch bezeichnen kann und die von KollegInnen mit weniger zweifelhaftem Ruf hergestellt werden. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass die Arbeitsmethoden und das Verhalten der Bild-Redaktion auf die anderen Redaktionen des Hauses abfärben und das Ansehen der gesamten Verlagsgruppe besudeln. Und die „Bild“-Zeitung als nicht-käuflich zu bezeichnen, ist ein Aberwitz: Erst lacht man, doch dann denkt man sich: „Aber …“. Weiter heißt es in der Hausmitteilung:

Wer zu Recht hohe ethische Maßstäbe an andere stellt, sollte auch sein eigenes Verhalten überprüfen und eine klare Haltung hinsichtlich der Annahme persönlicher Vorteile haben.

Welche ethischen Maßstäbe herrschen denn zwischen Schlagzeilen wie „Kniete sie vor ihm nieder und befriedigte ihn?“ und Anzeigentexten wie „Bin ich eine Schlampe weil ich immer heiß bin?“ Die Bildzeitung ist die Papier gewordene journalistische Prostitution, und daran ändert der Verzicht auf harmlose Presserabatte überhaupt nichts.

 

Eine Krähe (Bild) hackt der anderen (RTL) doch ein Auge aus


24 Jul

Foto/Montage: RTL/Bild

Sitzen im Glashaus und werfen jetzt doch mit Steinen: Die Bildzeitung liegt im Clinch mit RTL. Und das wegen der Sendung „Mietprellern auf der Spur“ mit der Moderatorin Vera Int-Veen. O-Ton Bildzeitung:

Vor einer Woche zeigte RTL in der Sendung „Mietprellern auf der Spur“ die völlig verdreckte Wohnung von Familie J. aus Kalefeld. Vorwurf der Vermieterin: Die Familie soll die Wohnung beim Auszug in einem völlig verwahrlosten und verdreckten Zustand verlassen haben. Filmaufnahmen zeigen überall Dreck, Müll und Fäkalien. Mittendrin: Vera Int-Veen und Familie J., die von der Produktionsfirma in die alte Wohnung gelockt worden war.

Jetzt behaupten die ehemaligen Mieter: „Wir haben die Wohnung sauber hinterlassen. Die Produktionsfirma hat den Müll und Dreck in unsere alte Wohnung geschafft. Dafür gibt es sogar Zeugen.“ Einem Nachbarn sei sogar Geld geboten worden, damit er den Müll in die Wohnung schafft.

Eine Fernsehproduktion soll sich die Welt so gemacht haben, widde widde wie sie ihr gefällt? Das wäre ja das allerneueste. Sollte hier wirklich das Fernsehen sich die Produktionsmethoden abgeschaut haben, mit denen die Bildzeitung selbst seit Jahrzehnten auf Leser- und Bauernfang geht? Da muss das Boulevardblatt natürlich Paroli bieten, schon aus Urheberschutz-Gründen. Und dann hat Bild auch noch das heraus bekommen:

Nach der Ausstrahlung der Sendung traute sich Frau J. kaum noch auf die Straße: „Als ich die Sendung sah, wollte ich nicht mehr leben. Unser Ruf ist ruiniert.“

Dieserlei Sätze sollten Bildreportern allerdings bekannt vorkommen. Sie haben schließlich schon mehr als ein Menschenleben auf dem Gewissen. Sich darüber nun zu mokieren, hat schon fast etwas Ironisches. Eine Krähe hackt der anderen eben doch manchmal ein Auge aus.

Bild-Studie der Otto-Brenner-Stiftung


19 Mai

Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz haben haben im Auftrag der Ott-Brenner-Stiftung untersucht, wie die Bildzeitung in der Euro- und Griechenland-Krise mit Pressekampagnen versucht hat, Politik zu machen. Die Schlussfolgerungen der beiden Autoren ist über diesen konkreten Anlass hinaus interessant. Ihre Quintessenz: Die Bildzeitung ist gar keine Zeitung!

Wenn „Bild“ inzwischen als „Leitmedium“ gilt, sich selbst in der politischen Mitte verortet, seine Vertreter in der Rolle als Analytiker von politischem und gesellschaftlichem Geschehen wie selbstverständlich neben Vertretern angesehener Qualitätsmedien in Talkshows sitzen, wenn Chefredakteur Kai Diekmann reklamiert, die politische Agenda dieser Republik mitzubestimmen – dann hat sich in den letzten Jahren etwas verschoben. Denn dann hat inzwischen ein Massenmedium auf die politische Öffentlichkeit Einfluss gewonnen, das mehr in der Welt der Werbung, der PR und des Marketings zu Hause ist als im Journalismus.

Die Zusammenfassung der Studie ist hier zu finden.

BILD-Leserbeirat: Keine Meinung ist ja auch keine


13 Mai

Was bei anderen Zeitungen innovativ oder fortschrittlich ist, das ist bei der Bildzeitung aus dem Springerverlag bestenfalls gerissen oder clever. So auch der sog. Bild-Leserbeirat. Unter dem Motto “Wir sagen Bild die Meinung!” hat die Zeitung

aus mehr als 3000 Bewerbern jetzt 32 neue Mitglieder ausgewählt, die mithelfen wollen, damit BILD noch besser wird.

Aus Sicht von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann ist allein das schon ein eigenartiges Diktum, geht jener doch davon aus, dass Bild ohnehin kaum noch zu verbessern ist. Und so hat man denn für den hauseigenen Leserbeirat auch solche Leute zum Meinung-Geigen aquiriert, die garantiert keine haben. Oder wenn, dann die richtige. Zum Beispiel Sandra Raeven-Staud (38), Hausfrau aus Emmerich:

Sandra Raeven-Staud (38), Hausfrau aus Emmerich (NRW):
„Das Seite-1-Girl wird jetzt viel anspruchsvoller fotografiert, das hatten wir uns gewünscht. Der Ratgeber zu einem vermeintlich schwierigen Thema wie ,Männergesundheit‘ war sehr informativ. Mehr davon!“

Das ist vermutlich der neue Bild-Feminismus, für den auch Alice Schwarzer sich auf Werbeplakate und ins Blatt rücken lässt. Steifvorlagen für Männer dürfen schon sein, sie müssen aber “anspruchsvoller fotografiert” werden. Dann wird auch aus einem Gossenblatt eine “anspruchsvolle” Zeitung, findet auch

Regina Klau (66), Rentnerin aus Bremen:
„Ich lese BILD viel intensiver als früher und bin begeistert. BILD hat sich sehr zum Positiven verändert. Mich begeistern vor allem die vielen Kulturstücke. Bei meinen Freunden werbe ich oft für die neue BILD.“

Früher las man die Bildzeitung noch wegen des “guten Sportteils”, heute wegen der “vielen Kulturstücke”. Wenn das nicht mal ein Kunststück ist …

BILD-Leserbeirat – Diese Frauen sagen BILD ihre Meinung – News Inland – Bild.de

Bild: Wenn der Fotograf im Bilde ist


28 Apr

Die Zeitung heißt ja nicht nur Bild, sie hat auch viele Bilder. Eines in der Ausgabe vom 13.April zeigt die Reporterin und ihren Fotografen nebst seiner Fotokamera vor der Ruine von Tschernobyl:

Preisfrage: Wie konnte der Fotograf ein Foto machen, wenn er (mit Kamera!) selbst im Bild steht? Die Antwort weiß wohl nur „Bild“.

Bild wieder mal auf Penis-Niveau


26 Sep

Dass die Bildzeitung ein penibles Blatt sei, lässt sich vor allem mit der Bevorzugung Penis-naher Themen begründen. Und dass nicht erst, seit die alternative (?) tageszeitung (taz) den Penis von Chefredakteur Kai Diekmann zum Thema und damit auch gerichtskundig gemacht hat. Jeder Vorwand, und sei er noch so nichtig oder niedrig, wird genutzt, um Geschlechtsteile jedweder Couleur zum Thema zu machen. Selbst als “Verriss” oder moralinsaure Gardinenpredigt getarnt, schafft es das Blatt, den Penis fröhliche Urständ’ feiern zu lassen. Die Rede ist hier von der heutigen Ausgabe der “Bild am Sonntag” (BamS), deren sonntäglicher Tiefsinn so tief geht, dass er bis in die Unterhosenregion reicht. Man nimmt die samstägliche Ausgabe der RTL-Fernsehsendung “Supertalent” zum Anlass, sich betroffenheitstriefend und schamtrunken über “Penis-Malerei und Busen-Karate” zu echauffieren und fragt so scheinheilig, wie die meisten Heiligen eben einmal sind:

“- wie tief geht’s noch, RTL? (…) Willkommen im tiefen Tal des Trash-Fernsehens!”

Was sich da zum Sittenrichter aufspielt, ist das Trash-Medium par excellence, und gerade die “Bild am Sonntag”, nota bene, jenes Blatt, das seinen Relaunch vor vier Jahren mit dem Slogan “mehr Bums in BamS” garnierte.

Die Bildzeitung als “moralische Instanz”?

Ist die Bildzeitung eine moralische Instanz? Selbstverständlich ist sie das, ebenso wie das pornographische Werk des Marquis de Sade oder der Autor von Mein Kampf moralische Instanzen sind. Sie alle sind in ihrer moralischen Aussage ungeheuerlich, nämlich ungeheuerlich banal. Das meint der französische Soziologe Pierre Bordieu, wenn er vom „Moralingehalt“ schreibt und Journalisten zu „Verkündern einer typisch kleinbürgerlichen Moral“ ernennt. Und der Mainzer Publizistikprofessor Hans Mathias Kepplinger stellt fest: „Die Bildzeitung ist eine der wichtigsten Quellen für moralische Urteile in der Bevölkerung“. Die Moral, die hier vertreten wird, ist die des schlecht informierten hinterwäldlerischen spießbürgerlichen Zeitgenossen, sprich: des ganz gewöhnlichen Deutschen im 21. Jahrhundert. Geschätzte 12 Millionen Menschen lesen täglich in der Bildzeitung. Man kann sie nicht alle exkulpieren und mit dem angeblich guten Sportteil herausreden. Sie haben die Bildzeitung zu dem gemacht, was sie ist, nämlich dem mächtigsten und einflussreichsten Blatt der Republik, das sich unwidersprochen „Meinungsführerschaft“ auf die Brüste schreiben darf. Bundeskanzler des rechten wie des linken Lagers haben ihre Regierungssprecher aus den Reihen der Bild-Redaktion bestellt. Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte, ohne rot zu werden, er benötige zum Regieren nur „Bild, Bams und Glotze“. Hier wird Politik vom eigenen Spitzenpersonal zwischen Schlagzeilen wie „Kniete sie vor ihm nieder und befriedigte ihn?“ und Anzeigentexten wie „Bin ich eine Schlampe weil ich immer heiß bin?“ in die Gosse gezogen. Dankenswert offen gesteht der abgewählte Bundeskanzler ein, dass dieses Land mit Sexualneid, Erpressung, Mordlust und anderen niederen Instinkten regiert wird.

Einer solchen “moralischen Instanz” ist jeder Penis recht, um das große Untenrum der gerühmten Mitte der Gesellschaft anzusprechen. Und was dem Fernsehsender RTL hier moralsüffig angekreidet wird, tut man doch andererseits gerne selbst im eigenen Web TV, nämlich mit dem Schwanz wedeln:

Bild-Video: „Supertalent“-Kandidat Tim Patch kann mit seinem Penis pinseln – Unterhaltung – Bild.de

Es gibt vielleicht kein Blatt auf der Welt, in dem der Penis so sehr der verlängerte Arm der eigenen Chefredaktion ist, wie die Bildzeitungbild_penis. Keine Behauptung ist zu bescheuert, keine Schlagzeile zu hirnverbrannt, um nicht penibel auf seine Penistauglichkeit hin gemustert zu werden. Man muss schon tief im Genitalen beheimatet sein, um etwa auf eine Überschrift zu kommen wie: “Erstes Tor mit Penis geschossen”.

Besserung oder doch wenigstens Linderung ist hier nicht in Sicht: Wer einmal moralisch so verrottet ist wie dieses Leidmedium der vielzitierten “Mitte”, der ist auch mit brachialen Kunstgriffen nicht mehr auf ein Niveau zu heben, dass er einer eventuell moralisch etwas weniger korrumpierten Bevölkerungsminderheit erträglich erschiene. Es bleibt nur jene Aufforderung, die man gerade der Sonntags-Ausgabe dieses Blattes, also der Bums-BamS, zurufen möchte: Schwanz ab zum Gebet!

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter