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Die Vorteile des Buches


12 Okt

imageDas Onlinemagazin für Netzkultur Telepolis hat sich mit den Unterschieden von eBooks und dem befasst, was sie aBooks nennen. “aBooks”, das können “analoge Bücher” sein oder schlicht auch “alte Bücher”, dieses alte Medium, dessen Ende allenthalben vorausgesagt wurde. Zu folgendem Ergebnis kam man:

Punkt eins: Das eBook ist weitgehend nicht in der Lage, wie noch das simpelste aBook, Blumenblätter zwischen den Seiten trocken zu pressen. Schlägt man mit dem eBook mehrmals auf die Blätter des Delphinium grandiflorum ein (vulgo: Rittersporn), so bleibt nur ein wenig ansehnlicher Brei zurück.

Punkt zwei: Sie sind zwischen Nuuk und Kangerlussak auf Grönland mit dem Flugzeug abgestützt und haben ein aBook und Streichhölzer dabei. So retten Sie durch ein kleines Feuerchen ihr Leben. Ihr Nachbar mit dem eBook ist schon längst erfroren, es brennt nicht.

Punkt drei: Sie stellen ihr eBook in das ansonsten leere Bücheregal. Es sieht Scheiße aus.

Punkt vier: Sie werfen statt wie üblich mit dem Reclamheftchen "Heidegger Martin: Der Ursprung des Kunstwerkes" mit Ihrem eBook in einer Auseinandersetzung nach dem Partner. Folge: Trennung und langjährige Schadensersatzzahlungen.

Punkt fünf: Edgar Wibeau in Ulrich Plenzdorfs Roman "Die neuen Leiden des jungen W." kommt auf dem Klo nur deshalb in Kontakt mit Goethe, weil das aBook auch auf dem Örtchen zu gebrauchen ist. Kollege Harald verweigerte in dieser Hinsicht übrigens jeden Test.

Punkt sechs: Sie können zwar auch auf dem Bildschirm des eBooks mit einem Filzstift ganze Sätze unterstreichen, es bringt aber nicht wirklich was.

Punkt sieben: Im eBook sind zwar Dostojewski und Schiller drin, wichtige Werke der Weltliteratur wie die gesammelten Reden von Nicolae Ceausescu fehlen jedoch.

Kauft alte Bücher! | Telepolis

Das Buch ist dem „E-Book“ haushoch überlegen


24 Mai

Lesen bildet: Aber in welchem Medium?

Es ist mehr als ein Jahrzehnt her, da war ich auf der Computermesse CeBit bei einem Vortrag des damals angesagtesten aller Computer-Gurus, Kai Krause. Dieser sprach ein Loblied auf ein phantastisches Medium, das Terabyte an Informationen bereithalte, gestochen scharfe Grafiken und Bilder darstellen könne und noch dazu ungeheuer flexibel zu handhaben sei. Und dann hielt der Programmierer von „Kai’s Powertools“ oder „SuperGoo“ — ein Buch in die Höhe, ein stinknormales altmodisches Buch.

Visionär war der Guru vielleicht auch mit dieser Performance. Dies scheinen nun Bildungsforscher, laut einem Bericht im Kulturteil der heutigen Süddeutschen Zeitung, empirisch bestätigen zu können. Eine aktuelle Studie des „Computer Supported Collaboration Lab“, einer Einrichtung der Universität von Washington in Seattle lasse Zweifel aufkommen, wie reif das eBook als Lehr- und Lernmittel schon ist. Über ein ganzes Studienjahr hinweg hätten die Forscher 39 Studenten, die von der Universität mit Amazons Kindle DX ausgestattet worden waren, über ihre Lese- und Arbeitsgewohnheiten befragt und zum Führen von Tagebüchern angehalten. Das Ergebnis sei ernüchternd gewesen: Bei Ablauf des Untersuchungszeitraums hätten zwei Drittel der Studenten den Gebrauch des Lesegeräts in ihrem Studienalltag entweder ganz eingestellt, oder auf wenige Situationen, wie zum Beispiel Busfahrten beschränkt. Die besonderen Anforderungen, die das kognitiv anspruchsvolle Lesen im akademischen Umfeld mit sich brächte, könnten die eBook-Reader dagegen kaum erfüllen.

Während das rezeptive Lesen, also die reine, sequenzielle Aufnahme von Text, auf den Lesegeräten recht problemlos funktionierte, stießen die Testpersonen bei ihren individuellen Methoden des sogenannten „reagierenden Lesens“ auf große Hindernisse. Als „reagierendes Lesen“ bezeichnet man die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Text während des Lesevorgangs. Jeder einzelne Leser kombiniert dafür ganz idiosynkratisch Unterstreichungen, Anmerkungen, Exzerpte, Visualisierungen und Lesezeichen. In der Praxis wechseln die Studenten zudem unablässig zwischen Lesetechniken wie Überfliegen, Querlesen oder Anblättern hin und her. Nur ein Informationsträger, der der Gesamtheit dieser Methoden und dem flexiblen Wechsel zwischen ihnen möglichst optimal gerecht wird, kann den Erfordernissen wissenschaftlicher Arbeit entsprechen.

Ein E-Book erfülle nun offenbar genau diese Voraussetzungen sehr schlecht. Das wirklich substanziellste Problem, das die Untersuchung offenbart habe, läge aber

in der Unfähigkeit der meisten Probanden, ein elektronisches Buch auch nur annähernd ähnlich effektiv im Geiste zu kartographieren, wie es ihnen mit klassischen Büchern gelingt. Informationen in einem Buch findet man intuitiv wieder; man hat sich ihr Auftauchen im Text geografisch eingeprägt: oben rechts oder unten links auf einer Doppelseite, kurz nach einer Illustration oder eine Seite vor dem Kapitelende. Beim Kindle gelang den Probanden all dies nicht.

Der Medienwissenschaftler Marshall McLuhan prophezeite schon in den 60er Jahren das Ende der Gutenberg-Galaxis. Vielleicht hat er ja schlicht geirrt.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter