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Trau, schau, Ernst-Schneider-Preis


06 Okt
In der Mitte Intendantin Wille (MDR), links neben ihr Peter Frey (ZDF)(Foto: IHK)

In der Mitte Intendantin Wille (MDR), links neben ihr Peter Frey (ZDF)(Foto: IHK)

Was für ein unfassbarer journalistischer Zufall: Heute Abend wurden die Ernst-Schneider-Preise vergeben. Der Ernst-Schneider-Preis bezeichnet sich laut Selbstbekundung als „größten deutschen Wettbewerb für Wirtschaftspublizistik“ und wird von den deutschen Industrie- und Handelskammern vergeben. Preise, die mit einigen tausend Euro Preisgeld ausgestattet sind, werden in den Kategorien Print, Internet, Hörfunk und Fernsehen vergeben.

Der Jury in der Kategorie Fernsehen gehörten unter anderem Dr. Peter Frey, Chefredakteur des ZDF, sowie die Intendantin des MDR, Prof. Dr. Karola Wille, an. Im Bereich Fernsehen vergibt der Ernst-Schneider-Preis zwei Auszeichnungen, nämlich für den „Kurzbeitrag“ und die „große Wirtschaftssendung“.

Und nun stelle man sich vor, wer die Preise eingeheimst hat? Den Preis für den Kurzbeitrag hat doch tatsächlich zufällig ein Beitrag des MDR erhalten. Und wer war bei der großen Wirtschaftssendung erfolgreich? Man kann sich diesen Zufall kaum vorstellen, aber es war tatsächlich das ZDF!

Man kann sich natürlich grundsätzlich dem alten Journalistenwort anschließen,  „je preiser gekrönt, desto durcher gefallen“. Aber es grenzt doch an ein kaum machbares Wunder, mit einer einzigen Preisverleihung den Nimbus der Unabhängigkeit von gleich drei Institutionen nachhaltig zu diskreditieren. Wenn schon das Mieder der journalistischen Unschuld gelockert ist, so werden es sich die beteiligten öffentlich-rechtlichen Doktores und Professoressen gedacht haben, dann können wir doch auch gleich ganz die Hosen runterlassen und uns das Preisgeld selbst in die nun tiefsitzenden Taschen derselbigen gleiten lassen. Was uns noch etwas anderes lehrt, nämlich dass man die Hosen des Qualitätsjournalismus nur dann baggy tragen sollte, wenn man auch einen Arsch in der Hose hat. Der Arsch ist übrigens die Verlängerung des Rückrats, und das ist den öffentlich-rechtlichen Anstalten ja schon vor geraumer Weile abhanden gekommen. Anders lässt sich dieses schnöde Beispiel moralischer Korumpiertheit kaum erklären. Motto der diesjährigen Preisverleihung war übrigens: „Nicht lange reden, sondern machen!“ Man kann dem Chefredakteur des ZDF und der Intendantin des MDR nicht nachsagen, dass sie sich nicht daran gehalten hätten.

P.S.: Ich erlaube mir noch eine letzte Prophezeiung in Sachen öffentlich-rechtlicher Abgeschmacktheit — nämlich dass die Sender die Kaltblütigkeit besitzen werden und morgigen Tages Pressemitteilungen ins Lande schicken, in denen sie sich der Preise rühmen, die sie sich selbst zugeschustert haben. Die alten Römer riefen einst: Wehe den Besiegten! Hier wäre zu rufen: Wehe den Siegern!

 

 

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter