Auch im EU-Staat Griechenland gab es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender, der mit Gebühren finanziert war. Gab. Denn die griechische Regierung hat beschlossen, diese Rundfunkanstalt abzuschaffen, und sie hat auch sogleich Nägel mit Köpfen gemacht: Um 0:00 Uhr ließ sie Sendebetrieb des ERT (Ellenike Radiophonia Kai Teleorasi) einstellen, Polizei soll vor verschiedenen ERT-Gebäuden in Stellung gegangen sein, um Unruhen zu verhindern.
Ein in der europäischen Rundfunkgeschichte einmaliger Vorgang. Selbst zu Zeiten der griechischen Militärdiktatur Anfang der 1970er Jahre sendete der öffentliche Rundfunk weiter, wenn auch mit zweifelhaftem Programm, wie der Branchendienst DWDL kommentiert.
Regierungssprecher Simos Kedikoglou begründete die Abschaltung mit der „unglaublichen Verschwendung“ des Staatsrundfunks. Dabei hat der Sender einen relativ bescheidenen Etat von 300 Millionen Euro und schätzungsweise 2500 bis 2900 MitarbeiterInnen. Zum Vergleich: Der Westdeutsche Rundfunk Köln hat einen Etat von 1,7 Milliarden Euro sowie ca. 4.900 feste und 20.000 freie Mitarbeiter.
Mogens Blicher-Bjerregård, Präsident der European Federation of Journalist – des größten europäischen Journalistenverbands, sagt zur ERT-Schließung:
„Diese Pläne sind einfach absurd. Es wird ein schwerer Schlag für die Demokratie, den Pluralismus in den Medien und den Journalismus als öffentliches Gut in Griechenland sein, und damit den Bürgern ihres Rechts auf ehrliche, besonnene und unvoreingenommene Informationen berauben. Aber es bedeutet auch den Verlust von vielen Arbeitsplätze für Journalisten im ganzen Land“.
Aus Solidaritätsgründen hat auch der private Rundfunk in Griechenland gestern Abend für einige Stunden das Programm eingestellt. Der spanische Rundfunk hat ebenfalls zu Solidaritätszwecken einen eigenen Kanal zur griechischen Rundfunkkrise im Internet gestartet.
Die griechische Regierung will unter neuen Vorzeichen eine neue Rundfunkanstalt gründen, mit deutlich weniger Mitarbeiterinnen. Hierzu gibt es aber noch keine detaillierten Pläne. Hintergrund der Rundfunkschließung ist die Eurokrise in dem südeuropäischen Land. Die griechische Regierung hat sich vorgenommen, in diesem Jahr 4.000 Staatsbedienstete zu entlassen. Bis Ende 2014 sollen weitere 14.000 gehen.