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Wie pressemäßig ist die Tagesschau-App?


05 Mai

In der vergangenen Woche hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein einschneidendes Urteil gesprochen. Geklagt hatten die deutschen Zeitungsverleger schon durch drei Instanzen gegen sie Smartphone-App der ARD-Tagesschau. Das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen und damit Gebührenfinanzierten sei zu „pressemäßig“ und würde damit die Wettbewerbschancen der privaten Zeitungsanbieter im schwierigen Onlinemarkt mindern, die nicht nur ihre eigenen Onlineangebote privat, z.B. über Werbung, finanzieren müssten, sondern auch darauf angewiesen seien, damit Geld zu verdienen.

Wie die „pressemäßige“ Ausschlachtung eines Themas durch die Redaktion ARD-Aktuell funktioniert, dafür ist der gegenwärtige Streik der Lokomotivführer ein gutes Beispiel. Neben der umfangreichen Berichterstattung in der 20 Uhr-Ausgabe der Tagesschau verweist Jens Riewa auf das umfangreiche Zusatzmaterial, das die Onlineredaktion tagesschau.de bereithält und das auch über die Smartphone-App verfügbar ist.

tagesschau_de_bahnstreik

Aber wer, der mit dieser kräftigen Portion Eigenwerbung auf die öffentlich-rechtliche Website geht oder die Tagesschau-App benutzt, wird noch die ebenso umfangreichen Hintergrundinformationen auf sueddeutsche.de nutzen oder sich den Bahnstreik-Ticker auf welt.de zu Gemüte führen? Im Falle Google sind hochgradig strafbewehrte Verfahren bei der EU-Kommission anhängig, wie auch Tagesschau.de zu berichten weiß, weil der amerikanische Suchmaschinenbetreiber unter Umständen seine Marktmacht ausnutzt, um eigene Internetangebote durchzusetzen. Aber was macht die Tagesschau-Redaktion mit diesem offensichtlichen Stück Crosspromotion anderes, als die eigene Marktmacht im Fernsehen auszunutzen, um das hauseigene Internetangebot zu promoten? Da kann kein privater Zeitungs- und Onlineanbieter mithalten.

Wieviel Internet es laut deutschem Journalismus gibt


17 Sep
Foto: Pascal Ballottin/Pixelio

Foto: Pascal Ballottin/Pixelio

Journalisten und große Zahlen: Sie lassen sie sich einfach nicht verbieten. Dabei würde mancher journalistischer Unsinn verhindert, wenn Journalisten nicht immer wieder auf große Zahlen reinfallen würden. Denn die Wahrheit ist oft eine andere: Zum Beispiel könnten die Zahlen in Wahrheit noch viel, viel größer sein …

Das Internet ist zwanzig Jahre alt. Aber wie groß ist es eigentlich? Eine obskure amerikanische Quelle gibt an, dass das Internet heutigen Tags exakt 1 Milliarde Seiten aufweise. Eine solche Gotteszahl können sich deutsche Redaktionen nicht entgehen lassen:

„Das Internet hat mehr als eine Milliarde Webseiten“ (Stern)
„Internet-Statistiken: 1 Milliarde Websites online“ (Giga)
„Internet knackt die Zahl von einer Milliarden Seiten“ (sic!)(Handelszeitung)
„Über eine Milliarde Websites online – Internet so groß wie nie zuvor“ (ntv)

Nachgerechnet oder gar recherchiert hat allerdings aus diesen und vielen anderen Redaktionen, die diese Zahl kolportierten, niemand. Dabei macht nicht nur die (sehr geringe) Zahl skeptisch, sondern auch die Frage, wonach hier eigentlich gefragt wird: Einzelne aufrufbare Seiten im World Wide Web? Einzelne Domains? Domains mit ihren Subdomains? Je nach dem, wonach exakt gefragt wird, kommen extrem unterschiedliche Zahlen heraus.

Der Internet-Suchgigant Google hat bereits im Jahr 2008 im hauseigenen Blog erklärt, mehr als 1 Billionen Websites indiziert zu haben. Fortan gab Google gar nicht mehr erst Auskunft darüber, um wieviele Seiten der Index zugelegt hat. Eine kleine Probe aufs Exempel kann jeder Google-Nutzer machen, indem er einfach das Wort „Google“ googelt:

Googlesuche001Allein Webseiten, auf denen das Wort „Google“ vorkommt, gibt es also laut Google schon deutlich mehr als eine Milliarde. Die Computerschool hat in einer hübschen Visualisierung aufgemalt, für wie groß sie alleine Google hält — auch dabei kommen Zahlen heraus, die die „1-Milliarde-Legende“ ziemlich relativieren. Demnach soll es im Jahr 2010 schon mehr als 40 Milliarden Webseiten gegeben haben.

Kevin Kelly, einer der Gründer des Wired Magazine, geht davon aus, dass es mindestens eine Billion Internetseiten gibt. Bemerkenswert ist das für Kelly deswegen, weil das menschliche Gehirn „nur“ 100 Milliarden Neuronen aufweise, die miteinander vernetzt seien. Allerdings:

Während eine Website im Schnitt mit 60 anderen Sites vernetzt ist, kann das menschliche Gehirn das Hundertfache an Links vorweisen. Aber, so wendet Kelly korrekterweise ein, “ein Gehirn verdoppelt nicht alle paar Jahre seine Größe”.

Die gemeinnützige Stiftung des WWW-Erfinders, Tim Berners-Lees World Wide Web Foundation, soll für Klarheit sorgen: Google gibt eine Million Dollar dazu, damit die Stiftung die Größe des Internets mit einiger Zuverlässigkeit ermittelt. The Web Index heißt dieses Projekt. Es könnte sich aber als Sysiphos-Projekt entpuppen. Denn die zahlenmäßige Größe des exponentiell wachsenden Internets lässt sich womöglich aus systematischen Gründen gar nicht genau angeben. Denn große Teile des Internets sind mit herkömmlichen Methoden, also zum Beispiel mittels Suchmaschinen, gar nicht auffindbar und darum auch nicht zählbar. Dieser Teil des Internet wird auch als „deep web“ oder als „invisible web“ bezeichnet. Dazu zählen nicht nur solche Internetseiten, die sich in Anonymisierungsnetzwerken wie TOR verstecken. Auch dynamische Webseiten, die sich erst nach Nutzereingaben aufbauen (zum Beispiel Datenbanken), können nicht recht mitgezählt werden. Es gibt Stimmen, die behaupten, dass dieses „deep web“ um den Faktor 400 bis 550 größer sei als das „visible web“.

Egal, wieviele Internetseiten es gibt, 1 Milliarde Seiten sind es mit recht großer Sicherheit nicht. Noch stutziger hätte einen eine weitere Angabe in der hauptsächlich von der Nachrichtenagentur AFP verbreiteten Nachricht machen:

Nach Angaben von internetlivestats.com gingen allein am Dienstag 3,1 Milliarden Suchanfragen bei Google ein.

Denkt man beide Zahlen zusammen, bedeutet das, dass nach jeder einzelnen der angeblich 1 Milliarde Internetseiten dreimal täglich gesucht würde. Dass es dreimal mehr Suchanfragen als Internetseiten geben soll, ist auch nicht recht plausibel. Ein bisschen Recherchieren oder einfach ein bisschen Nachdenken hätten gereicht, um eine solche Ente nicht zu verbreiten.

 

 

Google bietet Löschung an


30 Mai

Das Recht auf Vergessen hat der Europäische Gerichtshof den Google-Usern zuerkannt. Die Suchmaschinenfirma Google setzt dieses Urteil jetzt um. Es hat ein Webformular ins Netz gestellt, auf dem man die Entfernung aus den Suchergebnissen gemäß Europäischem Datenschutzrecht beantragen kann. Gründe muss man nicht anführen, wenn man will, dass bestimmte URLs aus den Trefferlisten gelöscht werden. Allerdings muss man ein Abbild seines Personalausweises hochladen, um sich eindeutig zu identifizieren.

Google-Tipps vom amerikanischen Geheimdienst NSA


14 Mrz

National_Security_Agency_svgDer amerikanische Geheimdienst NSA guckt anderen gerne in die Karten, selbst lässt er sich aber äußerst ungern ins Blatt schauen. Im vergangenen Jahr allerdings mussten die NSA-Agenten aufgrund des amerikanischen Informationsfreiheitsgesetzes ein spannendes Dokument der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen: „Untangling the Web – A Guide to Internet Research“ ist ein Handbuch für Internetrecherchen, in dem man nachlesen kann, wie amerikanische Spione googlen sollen. Es finden sich aber auch Hack-Tricks für Yahoo und andere Suchmaschinen.

Die amerikanische Computerzeitschrift Wired hat einen interessanten Artikel zum Thema ins Netz gestellt:
Wired — Use These Secret NSA Google Search Tips to Become Your Own Spy Agency

Im deutschen Sprachraum hat der österreichische Standard das Dokument bekannt gemacht:
Standard.at — Geheimes NSA-Handbuch für Internet-Recherchen veröffentlicht

Was einen bei der Lektüre von „Untangling the Web“ stutzig macht, ist die Tatsache, wie simpel es zum Teil ist. Nun ist das Handbuch sieben Jahre alt und darum nicht mehr ganz up-to-date, aber selbst dann darf es nicht als sensationelle Enthüllung gelten. Die Agenten des NSA machen es eben auch nicht anders als alle anderen: Suchbegriffe eingeben und warten, was passiert. Das korrespondiert durchaus mit anderen Beobachtungen, die man im Zuge der Prism-Enthüllungen machen konnte: Die NSA kann zwar prinzipiell alles herausfinden, konkret aber hat sie offenbar trotzdem nicht allzu viel herausgefunden. Den Nachweis, dass durch den ungeheuerlichen Spionageaufwand irgend ein Verbrechen verhindert oder aufgeklärt worden wäre, ist die amerikanische Agentur schuldig geblieben — ein Umstand, der in der amerikanischen Gesellschaft sehr kontrovers diskutiert wird, schließlich muss sie für diesen Aufwand bezahlen.

Es gibt durchaus einige spitzfindige Recherchetipps in „Untangling the Web“. Aber prinzipiell kann man wirklich besser googlen, als es der amerikanische Geheimdienst macht.

Google betritt die reale Welt


13 Sep
Foto: Google

Foto: Google

Internetgigant Google verlässt die virtuelle Welt und landet in der Realität, oder jedenfalls auf einer realen Bühne. Diese steht in der Hamburger Filiale von Saturn. Dort wurde heute der erste Google Shop-in-Shop eröffnet:

Das Highlight ist die Liquid Galaxy, eine Google Earth Großbildleinwand, mit der Ihr virtuell rund um die Welt und zu vielen überraschenden Orten reisen könnt.

Vor allem wollen Google und Saturn aber natürlich verkaufen. Deswegen sind auf der 100 qm großen Ausstellungsfläche Chromebooks und Nexusgeräte zu sehen, die mit dem Google-Betriebssystem Android ausgestattet sind.

Google News erreicht die Weltbevölkerung


27 Mrz

Google ist die erfolgreichste Suchmaschine des Internets. Aber was die Google-Entwickler im hauseigenen Produktblog an Erfolgszahlen nennen, geht dann vielleicht doch etwas zu weit:

Wir sind uns sicher, dass diese Verbesserungen Google News noch attraktiver machen und noch mehr Besucher auf Nachrichtenseiten locken werden (sechs Milliarden pro Monat, Tendenz steigend).

Sechs Milliarden Besucher? Das entspräche fast der Gesamtsumme der Weltbevölkerung, die wenigstens einmal im Monat auf die Google News-Website gehen müsste. Und dazu müsste natürlich jedes Mitglied der Weltbevölkerung auch einen Zugang zum Internet, sprich: einen Computer haben. Doch dies ist bei weitem nicht der Fall. Oder sind vielleicht doch nicht einzelne Besucher, sondern z.B. Klickzahlen gemeint? Dann könnte ich auf die Statistik erheblichen Einfluss nehmen, wenn ich schon für mich alleine monatlich eine Milliarde mal Beiträge auf Google News anklicke. Vielleicht soll es aber auch nur ein verfrühtes Osterei, engl. easteregg, sein, dass Google uns hier beschert. „Easter eggs“ heißen unter Programmierern sonst die kleinen Späßchen, die sie sinnwidrig in den Programmcode einbauen. Ein besonders hübsches hat das Googleteam uns auch zu Ostern geschenkt. Dazu muss man nur diesem Link folgen bzw. diese Rechnung ins Google-Suchfeld eingeben:

1.2+(sqrt(1-(sqrt(x^2+y^2))^2) + 1 – x^2-y^2) * (sin (10 * (x*3+y/5+7))+1/4) from -1.6 to 1.6

Google: Krokodil im Computer


16 Nov

Foto: Dieter/Pixelio

Man kennt ja Würmer in Büchern, Fliegen in der Suppe, Läuse in Haaren, aber Suchmaschinenprimus Google setzt diesem Bestiarium die Krone auf: Man hat sich ein Krokodil in einem Server eingefangen, wie der Branchendienst Meedia berichtet:

Im US-Bundesstaat South Carolina hat sich ein waschechter Mississippi-Alligator in einem Google-Rechenzentrum häuslich eingerichtet. Genauer gesagt: im Kühlbecken des Serverzentrums. Hintergrund: Google experimentiert in dem besagten Serverzentrum in South Carolina mit der Kühlung durch ein Regenwasserbecken. Um dort den überbordenden Algenwuchs einzudämmen, wurden Fische ausgesetzt. Und die lockten wiederum den Alligator an.

Wie Joe Kava, Senior Director of Data Center Construction and Operations bei Google, der Zeitung The Post and Courier erzählt, ist der Alligator 1,22 Meter groß. Offiziell muss der Alligator aber erst ab einer Größe von 1,80 Meter entfernt werden. Mit dem Exemplar hat Google noch Glück gehabt. Die Alligatoren des Missisippi können nämlich bis zu sechs Meter lang werden. Die Kühlmethode mit Regenwasser gilt übrigens als besonders umweltschonend. Aber wie auch sonst häufiger kann Ökologie eben ganz eigene Nebenwirkungen entwickeln, zum Beispiel das Krokodil im Computer.Das nennt man dann wohl Medienökologie.

In 80 Fehlern um die “Welt”


20 Apr

Wenn JournalistInnen Zahlen verwenden, ist stets größte Vorsicht angebracht: In den allermeisten Fällen, in denen in Zeitungen und Fernsehnachrichten mit Zahlen jongliert wird, sind die Angaben falsch, missverständlich oder unvollständig. Das gilt im übrigen auch für sogenannte Qualitätsmedien. Überraschend war aber doch die Anzahl an Fehlern, die mir begegneten, als mir eine nette Bahn-Bedienstete im ICE eine Ausgabe von “Die Welt aktuell” in die Hand drückte. Da fand ich beispielsweise folgendes:

Welt-Statistik02

Nichts lieben Zeitungsjournalisten mehr als Zahlen. Wahlergebnisse, Statistiken, Meinungsumfragen, der Prozentsatz der Ostdeutschen mit krummen Füßen, Gewichte und Maße insbesondere von Frauenleibern, die Länge männlicher Geschlechtsteile, die jährlichen Durchschnittszahlen von Geschlechtsverkehren, Mordtaten oder dem Verzehr von Sacherschnittchen außerhalb Wiens und die kommagenaue Bezifferung des Elends der Welt, all das entnehmen wir täglich der Zeitung.

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Facebook: PR-Kampagne gegen Google


13 Mai

Was unter Krähen vormals noch galt, nämlich das die eine der anderen kein Auge auspicke, das gilt für die großen Vögel der Internetbranche offensichtlich nicht mehr. Die Social-Media-Firma Facebook soll eine der größten US-PR-Agenturen damit beauftragt haben, negative Artikel über den Internet-Konkurrenten Google in der Presse zu lancieren, wie auf Heise Online zu lesen ist:

Das Internetunternehmen Facebook bezahlte eine PR-Agentur dafür, bei Journalisten und Bloggern auf eine negative Berichterstattung über Google hinzuwirken. Burson Marsteller, eine der fünf größten PR-Agenturen in den USA, versuchte in den vergangenen Wochen Meldungen über vermeintliche Datenschutzprobleme bei Google in US-Medien zu platzieren. Konkret problematisiert wird das Google-Feature „Social Circle„, in dem öffentliche Informationen der eigenen direkten und indirekten Kontakte aggregiert dargestellt werden.

Hintergrund ist, dass Google für den genannten Dienst “Social Circle” die öffentlich einsehbaren Freundschaftsverbindungen der jeweiligen Facebookseiten der User ausliest und sich selbst zunutze macht. Für Facebook ist das eine Verletzung der Privatsphäre der Nutzer. Pikant: Facebook selbst steht immer wieder im Ruf, selbst gegen Privatsphärerichtlinien zu verstoßen.

heise online – Facebook führte PR-Kampagne gegen Google

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter