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Das Lügenpressen-Märchen


19 Apr
luegenpresse

Screenshot: www.lügenpresse.de

Insbesondere aus Pegida- und AFD-Kreisen müssen sich Journalist/innen in der letzten Zeit den Vorwurf der Lügenpresse gefallen lassen. Gegen den pauschalen Vorwurf der Falschberichterstattung wehrt sich jetzt eine Gruppe von Journalisten und hat mit lügenpresse.de einen Anti-Lügenpressen-Blog gegründet.

„Über Monate haben wir Journalisten geschwiegen. Wir ließen uns beschimpfen und wehrten uns kaum. Wir ertrugen den Un-Sinn aller Montagsredner und waren fortan die ‚Lügenpresse‘. Überall! Im Fußball-Stadion, im Stadtgespräch, sogar im Familienkreis. Und viele dachten, das geht von allein wieder weg. Tut es aber nicht! Deshalb wird es Zeit, dass die ‚Lügenpresse‘ das Wort ergreift und wir unsere Version erzählen. Hier spricht also die ‚Lügenpresse‘!“

Hinter dem Blog steckt die DDV-Mediengruppe, die unter anderem die Sächsische Zeitung und die Dresdner Morgenpost herausgibt. Mit Sitz in Dresden kann man also sagen, dass die Macher im Herzen der Bestie stecken und vermutlich ganz persönlich getroffen sind von den unsachlichen Angriffen.

Auch der Deutsche Journalisten Verband (DJV) nimmt sich im Web des Themas an. Der Blog Augenzeugen.info sammelt Berichte von Journalist/innen, die in Ausübung ihrer Tätigkeit angegriffen worden sind.

luegenpresse_transcript_buchWer historische und wissenschaftliche Hintergründe zum Lügenpressen-Vorwurf nachlesen will, dem sei die Studie von John Seidler „Die Verschwörung der Massenmedien“ empfohlen. Seidler, der auch Dozent an der Kölner Sporthochschule ist, skizziert eine Kulturgeschichte angeblicher Medienverschwörungen vom Buchhändler-Komplott bis zum Lügenpresse-Vorwurf. Das Buch ist jüngst im Bielefelder Transcript-Verlag erschienen.

Umfrage: Sind wir alle „Lügenpresse“?


05 Nov
Foto: BirgitH/Pixelio

Foto: BirgitH/Pixelio

20 Prozent der Bundesbürger halten laut Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap  den Vorwurf der „Lügenpresse“ gegenüber den deutschen Medien insgesamt für gerechtfertigt. Das hat eine repräsentative Umfrage ergeben, die das Institut im Auftrag des Radiosenders WDR5 angestellt hat. Die Behauptung,  dass in deutschen Medien gelogen, also absichtlich die Unwahrheit gesagt wird, befürworten sogar 39 Prozent der Befragten. Auf die Frage, welchen Medien genau sie diesen Vorwurf machen, nannten 30 Prozent der Befragten das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Das sind deutliche Zahlen, die recht eindrucksvoll den Glaubwürdigkeitsverlust der Medien und des Journalismus widerspiegeln. Umso verwunderlicher, wie der auftraggebende Sender WDR5 diese Zahlen interpretiert:

Mit dem alten Nazi-Kampfbegriff „Lügenpresse“ bringen die Anhänger der „Pegida„-Bewegung gerne ihre Verachtung für die Medien zum Ausdruck. Der überwiegende Teil der Bundesbürger sieht das anders. Das ergab eine Studie des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap.

So kann man die Umfrageergebnisse eigentlich nicht interpretieren, außer man will genau den Vorwurf belegen, es mit der (statistischen) Wahrheit nicht ganz so genau zu nehmen. Denn tatsächlich sind die Werte und der Glaubwürdigkeitsverlust gerade auch der öffentlich-rechtlichen Programme dramatisch. Das sieht der von dem Sender befragte Konfliktforscher Andreas Zick auch so, und glaubt sogar noch, dass die Zahlen noch steigen könnten:

Diese 20 Prozent stellen für den Konfliktforscher Prof. Andreas Zick „einen relativ hohen Wert“ dar. Der Direktor des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung sagte dazu dem WDR: „Die Bezeichnung ‚Lügenpresse‘ ist ein sehr hartes Urteil aus dem rechtspopulistischen Raum. Diese Menschen sind von den etablierten Medien eindeutig nicht mehr zu erreichen und orientieren sich woanders. Sie befinden sich im Zustand der Orientierungslosigkeit – und in diesem Zustand greift Propaganda. Diese 20 Prozent sind für Populisten durchaus noch ausbaufähig.“

42 Prozent der Befragten gehen auch davon aus, dass es Vorgaben der Politik für die Medien gibt. Dieses Problem kennen öffentlich-rechtliche Sender ja gut. Die ganze Umfrage ist im Netz hier zu finden:

„Glaubwürdigkeit der Medien“ (pdf)

 

 

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter