Posts Tagged ‘Statistik’

Google News erreicht die Weltbevölkerung


27 Mrz

Google ist die erfolgreichste Suchmaschine des Internets. Aber was die Google-Entwickler im hauseigenen Produktblog an Erfolgszahlen nennen, geht dann vielleicht doch etwas zu weit:

Wir sind uns sicher, dass diese Verbesserungen Google News noch attraktiver machen und noch mehr Besucher auf Nachrichtenseiten locken werden (sechs Milliarden pro Monat, Tendenz steigend).

Sechs Milliarden Besucher? Das entspräche fast der Gesamtsumme der Weltbevölkerung, die wenigstens einmal im Monat auf die Google News-Website gehen müsste. Und dazu müsste natürlich jedes Mitglied der Weltbevölkerung auch einen Zugang zum Internet, sprich: einen Computer haben. Doch dies ist bei weitem nicht der Fall. Oder sind vielleicht doch nicht einzelne Besucher, sondern z.B. Klickzahlen gemeint? Dann könnte ich auf die Statistik erheblichen Einfluss nehmen, wenn ich schon für mich alleine monatlich eine Milliarde mal Beiträge auf Google News anklicke. Vielleicht soll es aber auch nur ein verfrühtes Osterei, engl. easteregg, sein, dass Google uns hier beschert. „Easter eggs“ heißen unter Programmierern sonst die kleinen Späßchen, die sie sinnwidrig in den Programmcode einbauen. Ein besonders hübsches hat das Googleteam uns auch zu Ostern geschenkt. Dazu muss man nur diesem Link folgen bzw. diese Rechnung ins Google-Suchfeld eingeben:

1.2+(sqrt(1-(sqrt(x^2+y^2))^2) + 1 – x^2-y^2) * (sin (10 * (x*3+y/5+7))+1/4) from -1.6 to 1.6

Bild.de: Piraten-Malen nach Zahlen


14 Nov

Wer Zahlen miteinander vergleicht, der sollte rechnen können. Bei Bild.de ist das offenbar nicht durchgehend der Fall. Dort ist zu lesen:

Noch im April glaubte rund jeder dritte Deutsche, dass die Piratenpartei eine „gute Alternative zu den etablierten Parteien“ wäre. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet.

Im aktuellen „Deutschlandtrend“ (Infratest Dimap) gaben zwei Drittel der Bürger an, die Piraten seien „keine ernst zu nehmende Partei“.

Welches Blatt hat sich den da gewendet? Wenn im April ein Drittel der Deutschen die Piratenpartei prima fanden und aktuell zwei Drittel sie nicht so toll finden, sind das doch gar keine inkommensurablen Zahlen: Nach wie vor können nämlich auch nach dem neuesten „Deutschlandtrend“ ein Drittel der Deutschen die Piraten für eine „gute Alternative zu den etablierten Parteien“ handeln. Was bei bild.de als Gegensatz konstruiert wird, ergänzt sich in Wahrheit bestens.

Wer sich in Mathematik begibt, wird bekanntlich darin umkommen. Eins muss man den „Piraten“ lassen: Sie können bestimmt besser rechnen. Oder jedenfalls besser den Taschenrechner benutzen.

Rechenfehler bei Meedia: GEZ kleingerechnet


11 Jul
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Foto: Sigrid Rossmann/Pixelio

Schwer zu verstehen ist diese Meldung zum Thema Rundfunkgebühren, die im Branchendienst Meedia zu lesen ist:

Gebühreneinbruch bei der GEZ: Wie der Focus in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, wurden 2011 lediglich noch 25,8 Millionen Euro an Zwangsbeiträgen für die öffentlich-rechtlichen Programme eingetrieben – ein Minus von 5,5 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Das Magazin beruft sich auf eine interne Statistik des Südwestrundfunks.

Diese Angaben, egal ob sie nun vom Focus stammen oder ob bei Meedia jemand etwas nicht richtig verstanden hat, halten auch der oberflächlichsten Plausibilitätskontrolle nicht stand. Die GEZ hat allein im vergangenen Jahr 2011, wie bei Statista.de und vielen anderen Quellen aufs leichteste zu recherchieren ist, mehr als 7 Milliarden Euro eingenommen. die von Meedia/Focus genannten Zahlen sind so grenzenlos weit davon entfernt, dass die Fehlerquelle kaum zu identifizieren ist. Oder handelt es sich hier schon um ein Stück automatisierten Journalismus, der nicht mehr von Redakteuren, sondern von Computerprogrammen selbsttätig fabriziert wurde? Gerade mit Plausibiliät haben Computerprogramme ja so ihre Probleme.

Aber auch die vielzitierten Vorteile des Onlinejournalismus zur Qualitätskontrolle werden vom Onlinemagazin Meedia nicht wahrgenommen: Mehrere Kommentare weisen auf die offensichtliche FAlschheit der Zahlenangaben hin, ohne dass das offenbar jemanden in der Meedia-Redaktion interessiert. Schade.

Meedia: GEZ treibt weniger Gebühren ein

Wahlprognosen: Auch Serbien muss Sterbien


22 Mai

Nicht nur hierzulande haben Wahlprognosen sowie die Journalisten, die regelmäßig über sie berichten, große Probleme. Auch im Ausland sind die Prognosen nicht wert, was die Prozente versprechen. Anders ist nicht zu verstehen, was die Süddeutsche Zeitung über die jüngsten Wahlen in Serbien zu berichten weiß:

Entgegen allen Umfragen und Prognosen hat Serbiens Oppositionsführer Tomislav Nikolic am Sonntag die Stichwahl um die Präsidentschaft gewonnen. Der 60-Jährige liege klar zwei Prozentpunkte vor dem langjährigen Amtsinhaber Boris Tadic, teilte das Zentrum für freie Wahlen, Cesid, am Abend nach Hochrechnung von 70 Prozent der abgegebenen Stimmen mit. "Die Chancen sind gering, dass sich dieser Trend noch umkehrt", analysierten die Wahlforscher.

Stichwahl – Nikolic neuer Präsident in Serbien – Politik – sueddeutsche.de

Wahlprognosen: Die Wirklichkeit ist immer besser als die Presse


11 Mai

Wahlkampfzeiten sind die Zeiten von Wahlprognosen, und die sind bei Journalisten besonders beliebt. Das Problem ist nur: Meistens stimmen sie nicht. Hier ist die Wahlprognose, die “Yougov” im Auftrag des Kölner Stadtanzeigers für die Landtagswahlen NRW am kommenden Sonntag, den 13.05., erstellt hat:

Wahlprognose NRW

Am interessantesten an diesem Umfrageergebnis sind nicht etwa die Zahlen- und Prozentwerte, sondern die Einschränkungen, die Yougov zwar auf seiner Website macht, die der Kölner Stadtanzeiger aber unlautererweise nicht mitveröffentlicht. Dort heißt es:

Für die Studie wurden von YouGov insgesamt 1.038 wahlberechtigten Bürger in NRW in dem Zeitraum vom 20.04.2012 bis zum 29.04.2012 befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen 1,4 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 5%) und 3,1 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50%). Die Daten wurden mittels Online-Befragung erhoben. Die Ergebnisse sind politisch gewichtet und repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in NRW ab 18 Jahren.

Vergessen hat Yougov noch anzufügen, dass solche Umfrageergebnis nur eine Wahrscheinlichkeit von ca. 90% haben. Denn die 1.038 Befragten werden nach dem Zufalls- oder Lotterieprinzip ausgesucht. Das bedeutet, es könnte zufällig sein, dass man ausgerechnet 1.038 CDU-Anhänger (oder andere Minderheiten) erwischt. Und eine Fehlertoleranz von 3,1 Prozentpunkten besagt nichts anderes, als dass die SPD genauso gut nur 33,9% und die CDU ebenso gut 33,1 % haben könnte. Mit diesen Werten sähe das Umfrageergebnis aber dem Wahlergebnis der letzten NRW-Wahlen verflixt ähnlich:

Quelle: Wikipedia

Wie kommt’s? Wahlen folgen, wie auch andere prognostizierbare Ereignisse (z.B. das Wetter) der Regel der Persistenz: Die Wahrscheinlichkeit, dass es dieses Mal genauso ausgeht wie das letzte Mal, ist ziemlich hoch. Beim Wetter liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es heute so wird, wie es gestern war, in Mitteleuropa bei 70%. Die großräumige 3-Tages-Prognose des Deutschen Wetterdienstes kommt auch nur auf unwesentlich bessere 74% (kleinräumig erreichen Wettervorhersagen für den nächsten Tag allerdings bis zu gute 90%).

Auch in der Politik und bei Wahlentscheidungen ist das Beharrungsvermögen enorm. Man könnte das “politische Persistenz” nennen.  Deswegen war es für alle Leute, die sich gerne mit Statistik beschäftigen, nicht so überraschend, dass die FDP bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein wieder den Einzug in den Landtag schaffte. Viel überraschender war, dass wochenlang die Umfrageinstitute etwas Anderes behaupteten. Überraschend war auch nicht, dass Renate Künast von den Grünen bei den letzten Bürgerschaftswahlen in Berlin nicht Regierende Bürgermeisterin geworden ist, sondern vielmehr, dass die Wahlforscher das wochen- und monatelang vorher behaupteten. So war bei news.de zu lesen:

Eine Grüne kann Geschichte schreiben: Renate Künast könnte die erste Regierende Bürgermeisterin der Ökopartei werden. Die Berliner trauen ihr das Kunststück im Umfragehoch zu.

Für Presse und Fernsehen ist das schön, denn sie haben gleich zweimal etwas, mit dem sie Spalten und Sendezeiten füllen können. Zuerst das scheinbar so überraschende Umfrageergebnis und anschließend die völlig unerwartete Kehrtwende das Wahlvolks, wenn dann wirklich der Wahlsonntag gekommen ist. Nur dass daran weder etwas überraschend noch unerwartet ist …

Wie gehen die Prognosefirmen wie Infas, Forschungsgruppe Wahlen u.a. damit um? Sie tun das, was auch “Yougov” frank und frei zugibt: “Die Ergebnisse sind politisch gewichtet”. Veröffentlicht werden also gar nicht die Zahlen der echten Umfragen, die mit Menschen am Telefon, in Fußgängerzonen oder im Internet gemacht wurden. Die Institute rechnen sich die Ergebnisse nach selbstgewählten Kriterien zurecht. Und wenn sie schlau sind, orientieren sie sich dabei an den Wahlergebnissen der letzten Wahlen. Auf die sog. Sonntagsfrage antworten die Leute auf der Straße nämlich offenbar regelmäßig anders, als sie dann tatsächlich in der Wahlkabine entscheiden.

Wenn doch einmal etwas wirklich Ungewöhnliches passiert, wie z.B. dass ausgerechnet in Baden-Württemberg der erste grüne Ministerpräsident gewählt wird, sehen die Wahlforscher meist alt aus. Interessanterweise ist der unvorhersehbaren BaWü-Wahl ein ebenso unvorhergesehenes Wetterereignis vorangegangen, nämlich ein Tsunami in Japan, der das Kernkraftwerk Fukushima zerstört hat. Wahlen und Wetter haben offenbar wirklich  so einige Gemeinsamkeiten.

Röttgen abgeschlagen hinter Kraft – Kölner Stadt-Anzeiger

In 80 Fehlern um die “Welt”


20 Apr

Wenn JournalistInnen Zahlen verwenden, ist stets größte Vorsicht angebracht: In den allermeisten Fällen, in denen in Zeitungen und Fernsehnachrichten mit Zahlen jongliert wird, sind die Angaben falsch, missverständlich oder unvollständig. Das gilt im übrigen auch für sogenannte Qualitätsmedien. Überraschend war aber doch die Anzahl an Fehlern, die mir begegneten, als mir eine nette Bahn-Bedienstete im ICE eine Ausgabe von “Die Welt aktuell” in die Hand drückte. Da fand ich beispielsweise folgendes:

Welt-Statistik02

Nichts lieben Zeitungsjournalisten mehr als Zahlen. Wahlergebnisse, Statistiken, Meinungsumfragen, der Prozentsatz der Ostdeutschen mit krummen Füßen, Gewichte und Maße insbesondere von Frauenleibern, die Länge männlicher Geschlechtsteile, die jährlichen Durchschnittszahlen von Geschlechtsverkehren, Mordtaten oder dem Verzehr von Sacherschnittchen außerhalb Wiens und die kommagenaue Bezifferung des Elends der Welt, all das entnehmen wir täglich der Zeitung.

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Recherchieren Journalisten in Social Media?


28 Feb

„Social Media“ sind ein Riesenthema im Journalismus. Aber: Nutzen Journalisten selbst Social Media wie „Facebook“ zum Recherchieren? Eine Statistik, die bei statista.de abrufbar ist, legt das nahe:

22,7 % der befragten Journalisten sollen demnach täglich (!) in Social Media recherchieren. Ein solches Ergebnis kann man natürlich leicht erzielen, wenn man die Onlineumfrage beispielsweise direkt über Facebook veranstaltet. Ansonsten zweifle ich den Wert dieser Umfrage ausdrücklich an. Seinen Wert als Rechercheplattform hat Facebook bislang — entgegen aller Lobhudeleien im Zusammenhang mit Arabellion etc. — noch nicht beweisen können.

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/218863/umfrage/nutzung-von-social-media-durch-journalisten-bei-der-recherche/

Onliner oder Nonliner?


08 Jul

Die Initiative D21 erhebt jährlich in Zusammenarbeit mit TNS Infratest die Zahl der Onliner bzw. (N)Onliner in der Bundesrepublik Deutschland. Nun wurden die aktuellen Zahlen für das zurückliegende Jahr vorgelegt. Ergebnis: Rund 22 Prozent der Deutschen sind überzeugte Offliner und besitzen bzw. benutzen keinen Internetanschluss. Die Kluft zwischen Internetnutzern und „Nonlinern“ verläuft, wie t3n.de berichtet, anhand der Grenzen Herkunft, Einkommen, Alter und Geschlecht:

Auch wenn sich im Vergleich zum Vorjahr ein wenig etwas bewegt hat, zeigt der (N)onliner-Atlas 2011, dass der digitale Graben zwischen Alters-, Einkommens- und Geschlechtergruppen immer noch sehr real ist. So sind beispielsweise lediglich knapp über die Hälfte der Haushalte mit einem Nettoeinkommen von unter 1.000 Euro online – Haushalte mit einem Nettoeinkommen von über 3.000 Euro sind mit über 92 Prozent fast vollständig online.

Zudem gehen nur ein Viertel der Über-70-Jährigen online und Frauen (69%) signifikant seltener als Männer (80%). Vor allem aber bildet sich auch die deutsche Teilung nach wie vor in der Internetnutzung ab, wie stern.de analysiert:

Auch regional gibt es deutliche Unterschiede bei der Internetnutzung. Im Vergleich der Bundesländer liegt Bremen mit einer Quote von 80,2 Prozent an der Spitze. Danach folgen Berlin (79,3 Prozent), Baden-Württemberg (78 Prozent), Hessen (77,1 Prozent) und Hamburg (76,5 Prozent). In den ostdeutschen Ländern liegt die Nutzungsquote niedriger. Schlusslicht ist Sachsen-Anhalt mit einer Quote von 64,2 Prozent.

Die Initiative D 21 ist ein Netzwerk aus Politik und Wirtschaft, an dem sich mehr als 200 Unternehmen und Institutionen sowie politische Partner aus Bund, Ländern und Kommunen beteiligen.

Wie sensationell ist EHEC wirklich?


07 Jun

Und noch mal EHEC: Die bakterielle Erkrankung scheint so sensationell, dass Tageszeitungen sogar Live-Ticker einrichten zu müssen glauben. Doch ist sie das wirklich? Wie neu ist denn dieses coli-Bakterium und die damit verbundene Krankheit? Der Internetdienst Statista.de (der mit dem Wirtschaftsmagazin brand.eins verbändelt ist) hat dazu die Statistik des Robert Koch Instituts veröffentlicht. Die Statistik erfasst EHEC-Fälle seit dem Jahr 2002. Offensichtlich ist, dass die Erkrankung nicht neu ist und auch die Zahl der Fälle im laufenden Jahr nicht das Niveau der Vorjahre überdeutlich überstiege. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass das laufende Jahr eben noch nicht beendet ist und bei einer epidemischen Ausbreitung der Krankheit die Fallzahlen doch noch signifikant über denen der Vorjahre liegen könnten. Außerdem ist zu erwähnen, dass die Zahl der Todesopfer durch die Krankheit (bislang 10) über denen der Vorjahre liegt, wo die Krankheit offenbar abgeschwächt auftrat. Doch von solcherart Differenzierungen ist in der Berichterstattung der deutschen Tagespresse auffällig wenig zu lesen. Dafür beglückt uns das österreichische Magazin Profil mit folgender Schlagzeile:

EHEC-Erreger ist tödlicher als seine Vorgänger

Tödlicher als tödlich: Das bringt nur die Presse fertig.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter