Wickert mäkelt am Fernsehen herum

19 Nov

Ulrich Wickert, selbst einst Paradefigur des Deutschen Fernsehens und als ARD-Korrespondent in Paris sowie als langjähriger Moderator der Tagesthemen eine der Personen mit höchster Mattscheibenpräsenz, findet das Fernsehen, wie es sich ohne ihn darstellt, nicht gut:

Wenn es um die Sprache geht, bedauere ich, dass nur noch wenige Autoren von Stücken für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ oder für „heute“ und „heute-journal“ den Satzbau beherrschen. Häufig streuen sie Substantive wie grobes Meersalz zwischen kurze Sätze. Auch wenn die Suche nach einer treffenden Schlussbemerkung zu viel Nachdenken fordert, dann „bleibt es abzuwarten“, „ist die Ursache unklar“, oder „es wird sich zeigen“.

Wickert hält sich aber nicht bei der Sprachkritik auf. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen (und nur das nimmt er überhaupt wahr) verfehle komplett den eigenen Programmauftrag:

Den Machern scheint das Bewusstsein für ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag, für eine Grundversorgung politischer Information zu sorgen, abhandengekommen zu sein. Ganz bewusst spreche ich von Information, denn dieser Begriff umfasst mehr als die Nachrichten.

Wenn Wickert zwischen den Zeilen durchschimmern lassen will, dass es zu seiner Zeit als Nachrichtenmensch mit dem Programmauftrag irgendwie besser gestellt gewesen wäre, irrt er allerdings nicht nur, er schummelt auch. Denn die Fernsehmenschen haben nicht in den letzten zehn Jahren Sprache und Stil verlernt, sondern beide standen nie auf der Agenda. Was übrig bleibt, ist das Gefühl, dass da einer sich von den eigenen Nachfolgern gehörig auf den Schlips getreten fühlt. Und siehe da, tatsächlich geht es ihm um Krawatten:

Beim Kanzlerduell trat Frank Plasberg wohl bewusst ohne Schlips auf. Damit beweist Plasberg zwar mangelnden Respekt gegenüber der Bundeskanzlerin und dem Außenminister, aber er bleibt seinem Erscheinungsbild treu. Kürzlich sah ich ihn doch mit Schlips moderieren, aber das war ja auch eine sehr wichtige Unterhaltungssendung.

Dass Frank Plasberg ein ungehobelter Kerl ist, der die meisten Wickert’schen Kritikpunkte exemplarisch erfüllt, sei zugegeben. Aber selber hobeln und sich über die Späne der anderen beschweren, dass ist nicht minder ungehobelt.

Wickert bemängelt Nachrichten: Warum sind die Kritiker so milde? – Fernsehen – Feuilleton – FAZ.NET

Weiterflüstern ...Share on Facebook0Tweet about this on TwitterShare on Google+0Share on Tumblr0Email this to someonePrint this page

Leave a Reply

Loading Facebook Comments ...

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter