Jugendgefährdende Schriften waren sonst solche, deren Lektüre die moralische Entwicklung Jugendlicher nachhaltig negativ beeinflussen konnte. Der Kölner Stadtanzeiger indes lässt die jungen Leute nicht lesen, um sie an den Abgrund zu führen, nein, er lässt sie schreiben. „Junge Zeiten“ nennt das Blatt diese Form der Jugendkriminalität, „Jetzt ich!“ ist der kreuzblöde Titel einer Kolumne, mit der Menschen, die gerade mal die Volljährigkeit passiert haben, sich jede Chance auf ein intelligentes Weiterleben auf diesem Planeten nachhaltig ruinieren. „Auslaufmodell Treue“ überschreibt eine Anna Katharina B. (18) (Vorname nicht geändert – die Red.) ihre heutige Einlassung. Darin geht es um Ehescheidungen und die Gerüchte um Ehescheidungen von Leuten, die Sarah Connor und Mark Terenzi, Madonna und Guy Ritchie oder Katie Holmes und Tom Cruise heißen.
Die Stars legen schon lange keinen großen Wert mehr auf stabile Beziehungen, auf Treue, auf Beständigkeit. Auf die Ehe schon gar nicht. Für jugendliche Fans sind das meiner Meinung nach die falschen Signale. Nicht nur in Sachen Frisur und Outfit schaffen die Stars schließlich Trends. Ihrer sozialen Vorbildfunktionen scheinen sie sich aber immer weniger bewusst zu sein.
Den Immermehrismus würde ich Anna-Katharina B. ja noch schenken (wo soll sie es auch lernen?). Dass sie sich Madonna und Sarah Connor in Sachen Outfit und Frisur zum Vorbild nimmt, widerlegt die der Kolumne beigefügte Fotografie. Dass sie aber meint, Leute mit Namen Guy Ritchie hätten irgendwelche „soziale Vorbildfunktionen“ (warrum eigentlich der Plural?), lässt doch sehr an der sozialen Intelligenz des Stadtanzeiger-Nachwuchses zweifeln. Dabei kommt sie der Wahrheit so nahe:
Was die mehr oder weniger Prominenten öffentlich vormachen, kennen die meisten Jugendlichen aus ihrem eigenen Leben.
Eben. Auch wenn es schmerzt, Anna-Katharina: Die conditio humana gilt auch für Promis, Fußballer oder den Sportchef des Kölner Stadtanzeigers. Als Vorbild ist solches Personal in jedem Fall untauglich. Aber Vorbild ist auch nicht das, was sie eigentlich sucht, sondern Abziehbilder einer reaktionären Weltanschauung, die einem bei einer 18-jährigen deswegen Sorgen macht, weil man nicht weiß, wohin das bei der 38-jährigen Anna-Katharina noch führen soll. Als der Kabarettist Walter Mehring einsam und verkannt in einem Schweizer Seniorenheim verstarb, soll er gerufen haben: „Die Spießer werden auch immer jünger“.
es ist wohltuend, wenn eine junge Dame, wie Anna Katharina Bernzen, Treue und Beständigkeit als Grundlagen ins Leben stellen. Wenn junge Menschen das wieder als wichtig ansehen, habe ich Hoffnung, dass in Zukunft die Lebensläufe wieder in richtige Bahnen kommen. Ich beglückwünsche A.K. Bernzen zu ihrem Artikel, der zum Nachdenken zwingt. B.Noack
Diesen Blog empfinde ich als höchst amüsant…
Offensichtlich leidet hier Jemand gewaltig unter der Utopie seines eigenen Vermögens.
Ich lese täglich den Kölner Stadtanzeiger, und auch ich stimme nicht mit allem überein, jedoch denke ich, sollte man nachsichtiger sein, was selten vorkommende grammatikalische Fehler betrifft. Der Autor dieses Blogs sollte nicht vergessen, dass Zeitungen von Menschen geschrieben werden, und Menschen machen Fehler.
Aber na ja, ich denke, der Autor würde sogar Nietzsches Sprach- und Schreibstil
herunterkritisieren, obwohl er, dass wird mit diesem aktuellen Blog deutlich aufgezeigt, Meilenweit von der Genialität eines solchen Mannes entfernt ist.
Ich finde, es ist nicht zu verachten, dass eine überregionale Tageszeitung auch den „Nachwuchs“ berücksichtigt und diesem eine kleine Chance gibt. Es mag zwar sein, dass dieser Nachwuchs nicht immer richtig liegt, aber nun ja, jeder hat mal klein angefangen, auch ein Redakteur mit Doktortitel…
Lieber Antichrist,
bleiben Sie gnädig gegenüber einem, der es selber angelegentlich des Kölner Stadtanzeigers nicht sein kann. Es ist schon wahr, nicht jeder Schreibfehler ist gleich ein Denkfehler. Und auch Sätze wie „Offensichtlich leidet hier Jemand gewaltig unter der Utopie seines eigenen Vermögens“ stehen ja in nichts den Sprachfertigkeiten des Organs des organisierten Kölner Bildungsunwillens nach. Wir jedenfalls, die wir noch an Utopien zu leiden verstehen und jeden Blödsinn direktemang „herunterkritisieren“, wir leiden ebenso an einem Nachwuchs, der, wenn er auch auf das Maß seines großen Vorbilds, des Kölner Stadtanzeigers, heranwächst, über Zwergengröße doch nicht hinauskommt. Aber ebenso wie mancher Antichrist so Anti gar nicht ist, lesen wir immer wieder, was wir zu kritisieren vorgeben. Nennen Sie es habituell, nennen Sie es Hassliebe, wir machen weiter, bis der Doktor kommt …