Wie der Kölner Stadtanzeiger die Stimmung anheizt

10 Sep

Wenn eine religiöse Gruppierung beschließt, sich ein Gotteshaus zu bauen, interessiert das in der Regel keinen Menschen (außer die Mitglieder dieser Gruppierung vielleicht). Nicht so in Köln. Da ist der Bau einer Moschee im Stadtteil Ehrenfeld Dauerthema. Nun hat der Stadtrat nach langen Diskussionen dem Bau zugestimmt, und man könnte meinen, dass es nun endlich ruhig werden könnte. Aber da hat man die Rechnung ohne die Rechnungsstelle des M. Dumont Schauberg-Verlags und seines Zentralorgans, des Kölner Stadtanzeigers, gemacht, der mit der künstlichen Beatmung des überbeanspruchten Themas weiter Kasse machen möchte:

„Moscheebau – die Debatte geht weiter“

Schon der Anfang der Debatte war von diesem Lokalblatt initiiert: Im hauseigenen Internet-TV-Channel ließ man den offenbar von Altersverwirrtheit gekennzeichneten Ralf Giordano sich öffentlich bloßstellen und über den Moscheebau herziehen. Seither hyperventilieren die verantwortlichen Redakteure des Blattes mit Blick auf die Auflage, die sich offenkundig steigern lässt, wenn man die Kirche nicht im Dorf lässt und dafür dem ausländerfeindlichen Pöbel ein Podium bietet. In der verlegerischen Verwertungskette darf die Buchauskopplung natürlich nicht fehlen, und so lässt man im Kölner Kiepenheuer & Witsch-Verlag „Der Moscheestreit – Eine exemplarische Debatte über Einwanderung und Integration“ erscheinen, herausgegeben vom Chefredakteur des Kölner Stadtanzeigers, einem Ex-Kommunisten. Und am 16. September will man im hauseigenen „studio dumont“ eine Podiumsdiskussion veranstalten, zu der man der erwartbaren gelehrten Betroffenheits-Quadriga auch noch einen „Barino B., Ex-Islamist“ hinzugesellt, um den Gruselfaktor zu erhöhen. Exemplarisch ist an der Debatte allerdings vor allem eins, nämlich das Verhalten einer Lokalpresse, die dabei ist, den letzten Rest eines guten Rufes, den sie nicht besitzt, auch noch zu verspielen.

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter